Der Pegel des Flusses Jhelum stieg plötzlich an - anders als behauptet gab es jedoch keine Flut.
Quelle: picture alliance / Anadolu
Ein reißender Fluss mit braunem Wasser tost durch ein enges Tal. "Überschwemmungen in Muzaffarabad", steht als Beschreibung zu dem Clip,
der bei X gepostet wurde. Allein dieses Video wurde 1,6 Millionen Mal in dem Sozialen Netzwerk angezeigt. "Jetzt ertrinkt Pakistan in den Fluten. In ganz Muzaffarabad wurde der Notstand ausgerufen. Überall herrscht Massenpanik", schreibt ein anderer Nutzer. Auch in etlichen weiteren, weit verbreiteten Videos überfluten braune Wassermassen Straßen oder Täler.
Viele der Postings, die pakistanische Einheimische in Sozialen Medien teilten, unterstellen Indien, die Überschwemmung verursacht zu haben: Das Land habe zuerst an einem Damm stromaufwärts Wasser zurückgehalten und dann ohne Vorwarnung flussabwärts geschickt, um Pakistan gezielt zu überfluten. In Postings indischer Nutzer wird die angebliche Flut als Rache an Pakistan für den
Terroranschlag von Pahalgam dargestellt.
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Die Behauptungen haben das Potenzial, die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den beiden nuklear bewaffneten Nachbarstaaten weiter zu verschärfen. Aber was ist dran? ZDFheute hat die Vorwürfe überprüft.
Etliche Videos stammen aus ganz anderem Kontext
Tatsächlich war der Wasserstand des Flusses Jhelum in der pakistanischen Stadt Muzaffarabad am Wochenende plötzlich deutlich angestiegen. Und so manche auf X geposteten Video wurde auch tatsächlich in der Region aufgenommen. Doch gerade die drastischsten Überschwemmungs-Videos stammen aus einem völlig anderen Kontext, wie
indische Faktenchecker belegten.
Fake-Video zur angeblichen Flut in Muzaffarabad
Quelle: Screenshot Facebook
Belege für aktuelle, großflächtige Überschwemmungen am Jhelum finden sich nicht. Pakistanischen
Medienberichten zufolge hatten Behörden zwar die Bevölkerung gewarnt, dem Fluss fernzubleiben und die plötzlich steigenden Pegel sorgten bei manchen Anwohnern offenbar für Angst.
Wasserstand des Flusses war normal hoch
Aber: Die Wassermenge, die zur fraglichen Zeit durch den Fluss Jehlum strömte, entsprach in etwa dem zu dieser Jahreszeit üblichen Durchschnitt. Das erklärte Akhtar Mahmood, der Vizechef des pakistanischen Meteorologischen Dienstes gegenüber der
pakistanischen Tageszeitung "Dawn".
Demnach habe der Pegelstand am Wochenende noch nicht einmal einer niedrigen Hochwassermarke entsprochen.
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Indien kann keine Überschwemmung produzieren
Die pakistanische Wasser- und Energiebehörde Wapda teilte mit, Indien sei nicht einmal in der Lage, den Fluss Jhelum in einem Ausmaß zu kontrollieren, das zu Überschwemmungen in Pakistan führen könnte.
Hintergrund: Gut 60 Kilometer flussauwärts von Muzaffarabad entfernt liegt ein indisches Wasserkraftwerk in der Stadt Uri. Die Speicherkapazität des Stausees ist jedoch verhältnismäßig klein. Denn der sogenannte Indus-Wasservertrag aus dem Jahr 1960 verbietet Indien, Wasser von Flüssen zu speichern, die Pakistan zustehen - der Jhelum ist einer dieser Flüsse.
Als Reaktion auf den Terroranschlag von Pahalgam hatte
Indien zwar den Indus-Wasservertrag aufgekündigt. Aber das Land verfügt dennoch nicht über die Kapazitäten, große Wassermengen zu speichern und für eine Überflutung einzusetzen.
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