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"Best Buddies" Trump und Modi:Wie Indien und die USA den Zoll-Deal suchen
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Trumps Zollkrieg hat einen klaren Hauptfeind: China. Aber auch Amerikas Lieblinge treffen die angekündigten hohen Einfuhrzölle hart. Vor allem Indien klemmt zwischen den Stühlen.
Im Februar 2025 war Modi zu Besuch in Washington. Es sollte ein Zeichen sich verbessernder Beziehungen zwischen Indien und den USA sein. Doch jetzt werden diese Beziehungen strapaziert.
Quelle: AP
"Best Buddies", ziemlich beste Freunde trafen sich im Februar in Washington, wenn man ihren gegenseitigen Versicherungen Glauben schenken darf: "Die Partnerschaft zwischen Amerika und Indien kann eine bessere Welt formen", verkündete Indiens Premierminister Narendra Modi vollmundig an Donald Trumps Seite. Und er lieh sich vom amerikanischen Präsidenten das "Make America Great Again"-Motto, um es umzuformulieren: MIGA, "Make India great again".
Der Nationalstolz von Premier Modi und Präsident Trump
Tatsächlich lernten sich die beiden Regierungschefs schon in Trumps erster Amtszeit schätzen. Vielleicht, weil sie ähnlicher nationaler Stolz und Sendungsbewusstsein antreibt. Auch Premier Modi versucht seit Jahren, die einheimische Produktionsbasis zu stärken und Unternehmen in Indien zu halten oder zu dorthin zu holen, statt Talent und Kapital abwandern zu lassen. Und auch Indien hat seit Modis Amtsantritt 2014 die Zölle auf importierte Waren immer weiter erhöht.
Das Schlüsselwort für Indien: Unabhängigkeit
Donald Trump nannte Indien sogar den "König der Zolltarife". Vermutlich hat es sich den Titel im Wettbewerb der Zollfürsten über die letzten Jahrzehnte tatsächlich verdient: Das blockfreie Land hat vor allem nach der Unabhängigkeit vom britischen Imperium viel Wert auf dieses entscheidende Wort gelegt: Unabhängigkeit.
Der erste indische Premierminister Jawaharlal Nehru sah im Außenhandel ein Instrument von Kolonisatoren und setzte auf eigenständige Produktion und Selbstversorgung. Die einheimische Industrie und vor allem die Landwirtschaft wurden durch hohe Zölle geschützt und sollten so wachsen können. Erst 1991 wechselte Indien zu Marktliberalisierung und einem Kurs wirtschaftlicher Öffnung.
Indien und der Vergleich mit China
Dass Neu-Delhi allerdings in der Perfomance seiner Wirtschaft nicht so erfolg- und temporeich agierte wie der asiatische Wachstumsrivale Peking, begründet Indiens Politikerkaste heute noch gern damit, dass die größte Demokratie der Welt zwangsläufig nur schwerfälliger agieren könne als eine autokratische gesteuerte Planwirtschaft. Ein modernes, agiles, stolzes Indien als "Global Player" und Investitionsziel, das war Narendra Modis Vision von Beginn seiner Amtszeit.
Zölle schützen seit Jahren Indiens Wirtschaft
Aber die Schutzbedürftigkeit der heimischen Industrie hängt ihm trotzdem wie ein Klotz am Bein. Zölle gegen zuviel ausländische Konkurrenz erlauben der indischen Landwirtschaft weiterhin, mit einem ineffizienten Zwischenhändlersystemen zu operieren und geben den indischen Tycoons die Möglichkeit, den einheimischen Markt von 1,4 Milliarden Menschen zu beherrschen, ohne zuviel ausländischen Wettbewerb befürchten zu müssen. Rücksichtnahme auf Bauern und Indiens Großindustrielle trug vermutlich dazu bei, dass Indien Gespräche abbrach und dem größten Handelsblock der Welt nicht beitrat, in dem sich China, Japan, Korea und zehn ASEAN-Staaten zusammengefunden haben.
Indien sucht den Zoll-Kompromiss mit den USA
Mit Donald Trump allerdings will die indische Regierung nun offenbar so schnell wie möglich einen "Deal" über bilaterale Handelsfreiheit abschließen. Schon im März, vor Trumps Generalangriff auf das internationale Handelssystem, reiste Indiens Handelsminister nach Washington und bot an, indische Einführzölle weiter abzubauen. Die Kosten des Imports von Bourbon-Whiskey und amerikanischen Motorrädern waren schon vor Modis Washington-Besuch reduziert worden, als Goodwill-Geste.
Indien, dass von Donald Trump mit einem vergleichsweise moderaten Zolltarif von 26 Prozent belegt werden soll, könnte jetzt davon profitieren, dass der Export pharmazeutischer Produkte in die USA zulegt. Denn andere asiatische Produzenten müssen mit höheren Zollschranken leben, und viele indische Pharmazeutika sind von den neuen Zöllen offenbar von vornherein ausgenommen. Amerika hat seinerseits bereits erreicht, dass Indien einen Zolltarif auf digitale Werbung zurückgenommen hat. Zwei der großen Telekom-Monopolisten in Indien schlossen einen Deal mit Elon Musk, um sein Starlink-Satellitensystem in Indien zu etablieren. Bis August soll der erste Teil eines Handelsabkommens zwischen beiden Ländern stehen.
Der Vorteil, zwischen den Stühlen zu sitzen
Mit Modi und Trump treffen sich zwei, die sich gegenseitig Respekt zollen, was den Einsatz und die Möglichkeiten von Zollschranken als Waffe angeht. Entsprechend geübt scheinen beide auch in deren Abrüstung, sofern vorher genug Deals rausspringen, im besten Fall "win-win". Modi möchte Trumps "Best Buddy" bleiben. Aber er lebt auch Indiens Tradition der Blockfreien. Diejenigen, die zwischen den Stühlen sitzen und es dort gar nicht nur unbequem finden, als "Everybody's Darling". Denn bis Ende des Jahres hätte Indien als lachender Dritter gerne auch ein Freihandelsabkommen mit der EU. Europa ist für den Subkontinent schon jetzt ein größerer und spannenderer Exportmarkt als Amerika.
Quelle: dpa
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