Sanktionen gegen deutsche Organisation:HateAid-Chefin: US-Regierung will Kritiker "mundtot" machen
HateAid-Leiterin Josephine Ballon verurteilt das gegen sie verhängte Einreiseverbot in die USA. Die US-Regierung nutze einen Zensur-Vorwurf, "um Kritiker mundtot zu machen".
Wegen ihres Engagements gegen Hass im Netz dürfen ein früherer EU-Kommissar und zwei deutsche HateAid-Leiterinnen nicht in die USA einreisen. Europas Reaktionen sind scharf.
24.12.2025 | 1:52 minDie Organisation HateAid ist wegen ihres Engagements gegen Hass im Netz ins Visier der US-Regierung geraten. Das von den USA verhängte Einreiseverbot wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen betrifft unter anderem die HateAid-Leiterinnen Josephine Ballon und Anna-Lena von Hodenberg.
HateAid-Geschäftsführerin Ballon fordert die EU und die Bundesregierung auf, geltendes europäisches Recht auch gegenüber großen US-Konzernen konsequent durchzusetzen. "Wir müssen ganz klar die europäische Plattformregulierung durchsetzen, auch gegen US-Konzerne, und zeigen, dass digitale Souveränität in Europa noch etwas bedeutet", sagt Ballon.
Im ZDF-Interview spricht die Aktivistin über die US-Sanktionen gegen HateAid, die Folgen für sie und ihre Organisation und erklärt, welche Reaktionen sie von der EU und Bundesregierung erwartet.
HateAid ist wegen angeblicher Zensur amerikanischer Plattformen von einem US-Einreiseverbot betroffen. Josephine Ballon, Leiterin von HateAid, erklärt im Interview, was dahinterstecken könnte.
24.12.2025 | 3:24 minSehen Sie oben das Gespräch in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Ballon zu …
... dem US-Einreiseverbot für die HateAid-Geschäftsführerinnen
Es gehe der US-Regierung mit dem Einreiseverbot darum, kritische Stimmen aus dem Weg zu räumen, so die HateAid-Chefin. "Wir bewerten diesen Schritt der US-Regierung ganz klar als Akt der Repression, der natürlich auch sehr, sehr persönlich ist."
Und dabei geht es am Ende des Tages aber weniger um uns beide als Person, sondern es geht vor allem darum, dass hier große Tech-Konzerne, wie X und Meta, sich nicht an europäische Gesetze halten wollen.
Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid
HateAid setze sich dafür ein, dass Menschen, die bedroht werden im Internet, Hilfe bekommen. Das sei eigentlich die Aufgabe der Plattformen, "in diesem Fall übernehmen wir es", erklärt Ballon.
Wir sind der Meinung: Wer hier in Europa Geschäft machen will, der muss sich auch an die geltenden Gesetze halten.
Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid
Die US-Regierung hat mehrere Europäer mit Einreiseverboten belegt - darunter auch zwei deutsche Aktivistinnen. Die Leiterinnen von "HateAid“ setzen sich gegen digitale Gewalt ein.
24.12.2025 | 0:23 min"Es geht hier nicht um Meinungsfreiheit", sagt die HateAid-Geschäftsführerin mit Blick auf den Zensur-Vorwurf der US-Regierung. Die wirtschaftlichen Interessen der Big-Tech-Konzerne stünden für die US-Regierung in dieser Frage ganz klar im Vordergrund.
Der Deckmantel der Zensur wird hier benutzt, um Kritiker mundtot zu machen.
Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid
Gut jeder dritte deutsche Internetnutzer hat Hate Speech wahrgenommen - 34 Prozent im ersten Quartal 2025. Das sind sechs Prozent mehr als im Jahr 2023, so das Statistische Bundesamt.
27.11.2025 | 0:30 min... den Folgen für die Geschäftsführerinnen und ihre Organisation
"Neben der Tatsache, dass wir und womöglich auch unsere Familien nicht mehr einreisen dürfen, müssen wir jetzt natürlich auch prüfen, inwiefern die Bankkonten unserer Organisation sicher sind und auch unsere IT-Infrastrukturen einen Betrieb weiterhin gewährleisten können", erklärt Ballon. Inwiefern HateAid künftig noch US-Dienste nutzen kann und ob die Organisation auch in Zukunft Zahlungen ins Ausland tätigen kann, müsse geprüft werden.
Das Schlimmste sei aber der Einschüchterungseffekt, der sich auf alle beteiligten Akteure auswirken könnte. "Auf Forschende, auf Mitglieder der Zivilgesellschaft, auch auf die Politik, auf alle Menschen, die eben Tech-Plattformen zur Verantwortung ziehen wollen für die Schäden, die sie anrichten und die sich das jetzt womöglich nicht mehr trauen, weil sie persönliche Konsequenzen befürchten," betont die Aktivistin.
... ihren Erwartungen an die EU und die Bundesregierung
Die EU und die Bundesregierung ruft die HateAid-Chefin zu konsequentem Handeln gegenüber den US-Konzernen auf. Viele Vertreter der Regierung und der EU-Kommission hätten sich zwar bereits geäußert und Stellung bezogen, so Ballon.
Allerdings reicht das nicht. Es reicht nicht, es bei Worten zu belassen, sondern es müssen Taten folgen.
Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid
Die vor über einem Jahr in Kraft getretene europäische Plattformregulierung werde nicht konsequent durchgesetzt, kritisiert die Aktivistin.
Es wurden zahlreiche Verstöße von verschiedensten Tech-Plattformen festgestellt. Allerdings folgten kaum Sanktionen. Lediglich ein einziges Bußgeld wurde verhängt.
Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid
Die EU solle zum Schutz der europäischen Demokratien tätig werden und klar zeigen, "dass unsere Regeln hier zu gelten haben", fordert Ballon. "Wir erwarten, dass da noch mehr kommt und dass wir uns nicht von irgendwelchen Verhandlungen über Zölle, die mit der Sache ja nichts zu tun haben, einschüchtern lassen."
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