5 Jahre nach George Floyd: Was von Black Lives Matter übrig ist

FAQ

Fünf Jahre nach seinem Tod:George Floyd: Was von "Black Lives Matter" übrig ist

Katharina Schuster
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Die Bewegung "Black Lives Matter" schrieb Geschichte. Was ist in den USA geblieben vom Aufschrei gegen Rassismus und Polizeigewalt? Und welchen Einfluss hat die Rückkehr Trumps?

Ein Gemälde von George Floyd, auf dem Blumen und Botschaften abgelegt wurden
Vor fünf Jahren starb der schwarze US-Amerikaner George Floyd durch Polizeigewalt. Sein Tod machte die "Black Lives Matter"-Proteste weltweit bekannt.25.05.2025 | 0:22 min
Als Jeanelle Austin das Video sah, buchte sie ein One-Way-Ticket nach Minneapolis. George Floyd war ermordet worden, nur wenige Blocks von der Straße entfernt, in der sie als Kind spielte. Das Video, aufgenommen von einer Passantin, zeigte ihn auf dem Asphalt, das Knie eines Polizisten auf seinem Hals.
"Ich kann nicht atmen." Floyds letzte Worte, erstickt unter dem Gewicht polizeilicher Gewalt, wurden zum Aufschrei einer Bewegung: "Black Lives Matter" (Schwarze Leben zählen). Austin lebte damals in Texas. Doch als die Bilder auf ihrem Handy auftauchten, wusste sie: Sie muss zurück. Zurück an den Ort, an dem ein letzter Atemzug zur Stimme eines kollektiven Erwachens wurde.
Jeanelle Austin, Direktorin des George Floyd Global Memorial, spricht über "Twin Flames: Der George Floyd-Aufstand von Minneapolis bis Phoenix" im Arizona State University Art Museum, Freitag, 12. Januar 2024, in Tempe, Arizona.
Aktivisten wie Jeanelle Austin halten die Erinnerung an Floyd wach.
Quelle: AP

Seitdem ist sie geblieben und wurde selbst Teil des kollektiven Gedächtnisses. Am George-Floyd-Platz bewahrt sie die Erinnerung, sammelt Protestplakate, konserviert Botschaften, organisiert Ausstellungen - auch über Minneapolis hinaus.
Ausstellung "Twin Flames: The George Floyd Uprising from Minneapolis to Phoenix".
Aktivismus ohne Rampenlicht: In Minneapolis kämpfen Menschen wie Jeanelle Austin weiter für Gerechtigkeit. Still, hartnäckig, unermüdlich.26.05.2024 | 2:37 min

Was hat sich seit dem 25. Mai 2020 geändert?

Doch fünf Jahre später stellt sich die Frage: Was hat sich seit dem 25. Mai 2020 wirklich verändert? Das gemeinnützige Projekt "Mapping Police Violence" dokumentiert jährlich die tödliche Polizeigewalt in den USA.
Die Bilanz ist ernüchternd: Allein 2024 wurden mindestens 1.396 Menschen von Polizisten getötet. Schwarze Menschen sind weiterhin überproportional betroffen. 2025 gab es bisher nur einen einzigen Tag, an dem niemand durch Polizeigewalt ums Leben kam.
Durch Polizei Getötete in den US-Bundesstaaten

ZDFheute Infografik

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Zwar starben bei tödlichen Polizeieinsätzen absolut gesehen mehrheitlich Weiße, betrachtet man aber den Anteil an der amerikanischen Bevölkerung, so starben in den letzten zwölf Jahren Amerikaner mit Schwarzer Hautfarbe fast drei Mal so häufig.
Schwarze werden 2,8-mal häufiger von der Polizei getötet als Weiße in den USA.
Quelle: Mapping Police Violence

Was denken US-Amerikaner?

Die nüchternen Zahlen spiegeln sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung wider: Fünf Jahre nach George Floyds Tod sehen viele US-Amerikaner kaum Fortschritte. Laut einer aktuellen Umfrage des "Pew Research Centers" halten 54 Prozent die Lage für unverändert, ein Drittel sieht sogar Rückschritte. Nur 11 Prozent erkennen Verbesserungen - und das über alle Bevölkerungsgruppen hinweg.
  • Mehr Republikaner (39 Prozent) als Demokraten (28 Prozent) schätzen die Lage als verschlechtert ein.
  • Gleichzeitig halten 59 Prozent der Demokraten und 49 Prozent der Republikaner die Situation für unverändert.
  • Die Einschätzungen zeigen sich dabei weitgehend unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit.
Trump im Oval Office
In einem auslandsjournal spezial blicken wir auf die Frage, wie Trump die Welt verändert.26.02.2025 | 30:10 min

Historiker: Trump befeuert "weiße Opferrolle"

Nach Floyds Tod entstand ein neues gesellschaftliches Bewusstsein für Rassismus und Diskriminierung. Programme für Gleichstellung, Vielfalt und Inklusion wurden geschaffen. Doch, so sagt der US-Historiker Donald Nieman im Gespräch mit ZDFheute: "In der Politik gilt wie in der Physik - jede Aktion ruft eine gleich starke Gegenreaktion hervor."
Anteil Schwarzer an den durch Polizei Getöteten in den USA

ZDFheute Infografik

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US-Präsident Donald Trump habe diese Programme als "Krieg gegen weiße Menschen" stilisiert - und gezielt ein Gefühl der Bedrohung geschürt. Die Folge: Ein gesellschaftlicher Rückschritt. Der Aktivismus sei jedoch nicht verschwunden, so Nieman, nur die mediale Aufmerksamkeit, weil die großen Demonstrationen verstummt sind.

Ohne große Proteste gibt es keine Geschichte für die Medien – und damit keine Wirkung.

Donald Nieman, US-Historiker

Was ändert sich mit Trump?

Seit seiner Rückkehr auf die politische Bühne verschärft Trump den innenpolitischen Ton. Im April unterzeichnete er ein Dekret, das die Polizei "stärken und entfesseln" soll. Am Donnerstag kündigte er an, bundesweite Untersuchungen zu Fällen von Polizeigewalt einstellen zu wollen - ein deutlicher Bruch mit der Linie seiner Vorgänger.
Der Historiker Nieman warnt: Einer der größten Erfolge von "Black Lives Matter" war es, Polizeigewalt sichtbar zu machen - und dadurch Reformen anzustoßen. Trumps Kurs gefährde diesen Fortschritt massiv. Bleibe das Justizministerium untätig, bleibe Betroffenen nur der Weg über Einzelklagen , "schwer durchzusetzen und selten erfolgreich", so Nieman.
Ein auf den Bürgersteig gemaltes Porträt von George Floyd steht im Mittelpunkt einer Gedenkstätte, umgeben von Blumen, Kunstwerken und Ehrungen vor einem Ladengeschäft am George Floyd Square in Minneapolis, Minnesota, am 22. Mai 2025.
Nach George Floyds Tod entstand ein stärkeres Bewusstsein für Rassismus in den USA. Doch das hat nachgelassen und sich verändert, erklärt US-Historiker Donald Nieman.25.05.2025 | 0:48 min
Auch Phillip Solomon, Professor für afroamerikanische Studien an der Yale-Universität, sieht in der aktuellen Entwicklung einen Rückschritt. Doch auch Bidens Forderungen von 2020 hätten sich nicht in dauerhaftem politischen Willen niedergeschlagen. Ein nach George Floyd benannter Gesetzesentwurf zur Polizeireform scheiterte im Kongress.
Nun sei die Protestbewegung starkem Gegenwind ausgesetzt. Doch die Bewegung gibt nicht auf. "Black Lives Matter" sei heute ein dezentrales Netzwerk lokaler Gruppen, sagt Nieman - und genau das sei ihre Stärke: "Sie wirken dort, wo Veränderung am dringendsten gebraucht wird - auf kommunaler Ebene."

Wie geht es weiter?

In der US-Hauptstadt fräste die Stadt zu Beginn von Trumps zweiter Amtsperiode vorauseilend den berühmten Schriftzug "Black Lives Matter" vom Asphalt. Nicht ein Buchstabe blieb.
Black Lives Matter Trump
Knapp fünf Jahre erinnerte eine riesige Installation nahe dem Weißen Haus an den gewaltsamen Tod von George Floyd bei einem Polizeieinsatz. Nun haben die Abrissarbeiten begonnen.11.03.2025 | 0:37 min
Zweieinhalb Flugstunden entfernt, in Minneapolis, arbeiten Aktivist*innen wie Jeanelle Austin daran, Mahnung und Gedenken lebendig zu halten. Doch wie erinnert man an einen Mann, dessen Tod die Welt bewegte - wenn sie selbst unbeweglich bleibt?
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.
Grafiken: Marie Ries, Redaktion: Moritz Zajonz

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