Jugendschutz im Netz: EU startet Pilotprojekt zur Altersprüfung

EU testet Altersprüfung:Sicheres Internet für Kinder per App?

von Jan Neflin, Brüssel
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Mithilfe einer App will die EU-Kommission das Internet für Kinder und Jugendliche sicherer machen. Glücksspiel- und Pornoseiten sollen das Alter ihrer Nutzer prüfen können.

 Ein Junge guckt auf sein Smartphone, während er in einer Hängeschaukel in einem Garten sitzt.

Die EU testet eine App zur Alterskontrolle, die Kinder und Jugendliche vor riskanten Inhalten im Internet schützen soll.

Quelle: dpa

Kaum elterliche Aufsicht, leicht zu umgehende Alterskontrollen und unpassende sowie potenziell süchtig machende Inhalte: Kinder und Jugendliche sind im Internet erheblichen Risiken ausgesetzt. Um dagegen vorzugehen, stellte die EU-Kommission im Juli eine eigene App zur Altersverifikation vor. In einer Pilotphase wird die App von fünf EU-Staaten - Frankreich, Dänemark, Griechenland, Italien und Spanien - getestet.

App soll nationalem Jugendschutz entsprechen

Die Idee: Die Europäische Union stellt diesen Mitgliedstaaten eine sogenannte "White-Label-App" zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein technisch entwickeltes Grundgerüst, das von den einzelnen Ländern angepasst werden kann. So kann jedes Land seine eigene Version der App gestalten, die den nationalen Anforderungen im Jugendschutz entspricht.

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Nutzer sollen Volljährigkeit nachweisen

Um belegen zu können, dass sie über 18 Jahre alt sind, laden Nutzer die App herunter und bestätigen dort einmalig, etwa durch persönliche Dokumente, ihr Alter. Anschließend können sie mithilfe der App gegenüber Online-Plattformen ihre Volljährigkeit nachweisen - beispielsweise per gescanntem QR-Code.

Mittels dieser Vorgehensweise sollen sogenannte Hochrisiko-Plattformen wie Glücksspiel- oder Pornoseiten die Volljährigkeit ihrer Nutzer überprüfen können - und damit den EU-Vorschriften entsprechen.

App befindet sich in der Pilotphase

Das Konzept der EU-Kommission verfolgt dabei den Ansatz, den Nutzern zu ermöglichen, ihre Volljährigkeit nachzuweisen, ohne gegenüber den Plattformen weitere Informationen preiszugeben.

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In der Pilotphase sollen die technische Anpassung der App an die nationalen Gegebenheiten, die Einbettung der Altersverifikation auf entsprechenden Plattformen sowie die Nutzbarkeit der App überprüft werden. Hierfür sind auch Nutzertests vorgesehen. Erste Ergebnisse werden laut EU-Kommission im Herbst 2025 erwartet.

Expertin fordert: Datenschutz und Privatsphäre sicherstellen

Svea Windwehr von der Organisation für digitale Grundrechte EFF (Electronic Frontier Foundation) sieht die EU-Kommission technisch grundsätzlich auf einem guten Weg, auch wenn es sicherlich noch offene Fragen gebe, vor allem mit Blick auf Datenschutz und Privatsphäre.

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Eine Sorge sei etwa, dass durch die Webseitenbetreiber im Zuge der Altersüberprüfung mehr Daten erhoben würden, die eine Profilbildung ermöglichen könnten - über die per App übermittelten Daten hinaus. Kritisch zu betrachten ist laut Windwehr vor allem auch der Aspekt, dass ein Alters-Check per App auch auf offiziellen Dokumenten basiere:

Da gibt es das Risiko, dass sehr viele Menschen davon ausgeschlossen sind, die zu solchen Dokumenten keinen Zugang haben.

Svea Windwehr, Electronic Frontier Foundation (EFF)

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Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche?

Und dann wäre da noch das Thema eines Social-Media-Verbots: Die derzeitige dänische Ratspräsidentschaft der EU treibt eine solche Idee weiter voran. So sprach sich die dänische Digitalministerin Caroline Stage Olsen bei der Pressekonferenz zu den App-Plänen für eine EU-weite feste Altersgrenze zur Nutzung Sozialer Medien aus - überprüfbar mithilfe der App.

Auch die deutsche Kommission für Jugendmedienschutz hält klare Altersgrenzen in Sozialen Medien für sinnvoll und notwendig. Diese müssten aber auch verlässlich überprüfbar sein:

Eine AGB-Altersgrenze, die null überprüft und damit nicht eingehalten wird, kann auch nicht wirken.

Kommission für Jugendmedienschutz

Einem generellen Social-Media-Verbot für Jugendliche kann Svea Windwehr dagegen wenig abgewinnen, denn auch junge Menschen hätten das Recht, an einem sozialen Leben teilzunehmen, das sich mehr und mehr auf diesen Plattformen abspiele, sich dort frei zu äußern und Informationen zu beziehen.

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Sie sieht vor allem die Betreiber von Plattformen in der Pflicht, ihre Webseiten und Angebote sicher und altersgerecht zu gestalten. Hierauf sollte die EU-Kommission ihren Fokus legen, denn: "Diese Nuancen gehen verloren, wenn sich die Debatte vor allem auf Altersverifizierung fokussiert."

Kindern und Jugendlichen werde es immer noch möglich sein, derartige Verifikationstools zu umgehen, so Windwehr. Sie würden dann potenziell komplett schutzlos dastehen.

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