EVP stimmt mit Rechtsextremen:Lieferkettengesetz: Streit um Brandmauer im EU-Parlament
Die EVP beschließt im EU-Parlament mit rechten Parteien ein weniger strenges Lieferkettengesetz. Die AfD spricht vom "Fall der Brandmauer", SPD und Grüne wittern einen Tabubruch.
Im EU-Parlament hat die EVP mit rechten Fraktionen eine Änderung des Lieferkettengesetzes zur Entlastung von Unternehmen durchgebracht. Andere Parteien kritisieren das scharf.
13.11.2025 | 2:33 minDie Europaparlamentsfraktion um CDU und CSU hat mit der Unterstützung rechter und rechtsextremer Parteien wie der AfD den Weg für eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes freigemacht. Unter anderem sollen die Vorgaben künftig nur noch für wenige sehr große Unternehmen gelten und es soll keine Pflicht bestehen, Handlungspläne für Klimaziele auszuarbeiten. Nun kann das Parlament finale Verhandlungen mit den EU-Staaten über das Vorhaben aufnehmen.
Konkret kam die Mehrheit unter anderem durch Abgeordnete der EVP-Fraktion, zu der CDU und CSU gehören, und der rechtskonservativen EKR, zu der etwa die Partei von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gehört, zustande. Auch die Abgeordneten des Rechtsaußen-Bündnis PfE um Ungarns Regierungschef Viktor Orban und der Partei Rassemblement National (RN) von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen sowie der ESN-Fraktion, der unter anderem die AfD angehört, sprachen sich dafür aus.
Die Stimmen der AfD seien beim Votum über das EU-Lieferkettengesetz "irrelevant" gewesen, so der Fraktionsvorsitzende der EVP, Manfred Weber. Er übt Kritik an den Sozialdemokraten.
14.11.2025 | 4:15 minLiberale, Sozialdemokraten und Grüne kritisieren Kooperation mit Rechten
Das Abstimmungsergebnis sorgt für Wirbel: Es sei ein starkes Signal an die Wirtschaft, ein Entbürokratisierungstag der EU - "und das ist ein gutes Signal", erklärte der Fraktionsvorsitzende der EVP, Manfred Weber (CSU), im Interview mit dem ZDF.
Liberale, Sozialdemokraten und Grüne hingegen kritisieren die EVP scharf. Denn: Im EU-Parlament gibt es eine informelle Übereinkunft der EVP, S&D, Liberalen und der Grünen, nicht mit Rechtsaußen zusammenzuarbeiten und beispielsweise keine Anträge der PfE und ESN zu unterstützen. "Wer Änderungsanträge einbringt, die nur mit Extremisten durchsetzbar sind, kooperiert mit ihnen", teilte der zuständige SPD-Europaabgeordnete René Repasi mit. Die AfD jubelt - deren Abgeordnete Mary Khan spricht vom "Fall der Brandmauer".
Die Fronten zwischen den Mitte-Fraktionen im Europaparlament seien bereits "verhärtet", so Isabel Schaefers. Dass die EVP mit rechten Parteien gestimmt habe, vertiefe die Gräben.
13.11.2025 | 1:48 minWeber widerspricht im ZDF: "Brandmauer steht"
Weber widerspricht: "Die Brandmauer steht. Wir haben als Europäische Volkspartei im Europäischen Parlament keinem Rechtspopulisten jemals die Hand gereicht, ins Amt verholfen, in eine Funktion verholfen." Deshalb brauche man da auch "von Linken keine Nachhilfe".
Weber schiebt die Schuld auf die Sozialdemokraten: Der bereits ausgehandelte Kompromiss sei von großen Teilen der Fraktion nicht mitgetragen worden.
Wer weiß, was draußen los, ist, dass die Hütte brennt, dass in der Wirtschaft wirklich viele Zukunftsfragen da sind, der muss sich bewusst machen, dass wir als Parlament jetzt liefern.
EVP-Fraktionschef Manfred Weber
Eigentlich hatten sich Liberale, Sozialdemokraten und EVP auf Ausschussebene auf einen Kompromiss geeinigt. In einer geheimen Abstimmung fand dieser aber vor drei Wochen keine Mehrheit, was für teils heftige Kritik sorgte.
Die damalige Entwicklungsministerin Schulze informierte sich in Pakistan 2024, wie das deutsche Lieferkettengesetz bei der Herstellung von Textilien eingehalten wird.
22.08.2024 | 1:41 minStimmen der AfD wurden nicht gebraucht
Auf die Frage, ob der Zweck also die Mittel heilige und die heutige Abstimmung ein Zukunftsmodell sein könne, antwortete Weber, dass es heute auf die Stimmen der AfD nicht angekommen sei. "Da gibt's auch keine Abhängigkeiten von diesen rechtsradikalen Kräften", so Weber. Innerhalb des EU-Parlaments sei die AfD isoliert, "weil sie zu den Radikalsten unter den Radikalen gehören". Daher gebe es keine Koalition und auch keine Zusammenarbeit mit ihr.
SPD-Mann Repasi räumt ein, dass die Stimmen der AfD für die Beschlüsse tatsächlich nicht notwendig waren - aber es seien Stimmen aus den Lagern etwa von Le Pen und Orban nötig gewesen.
Im EU-Viertel in Brüssel hat sich ein Begriff etabliert: "German Vote". Er beschreibt die Unberechenbarkeit der deutschen Bundesregierung bei den Abstimmungen.
09.02.2024 | 2:44 minWenige Stimmen fehlten
Der gescheiterte Kompromiss sah vor, dass die Vorgaben nur noch für Großunternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten. Ursprünglich waren als Grenze 1.000 Mitarbeitende und eine Umsatzgrenze von 450 Millionen Euro vorgesehen. Am Ende fehlten nur wenige Stimmen für eine Mehrheit.
Nun wurden hunderte Änderungsanträge der Fraktionen eingereicht, über die der Reihe nach abgestimmt wurde. Die angenommenen Anträge gehen leicht über den Kompromiss des Rechtsausschusses hinaus. So will das Parlament etwa mildere Strafen ermöglichen, sollten sich Unternehmen nicht an die Vorgaben halten. Die Vorgabe zur Mitarbeiterzahl bleibt bei 5.000, ebenso die Umsatzgrenze von 1,5 Milliarden Euro.
Das europäische Lieferkettengesetz wurde eigentlich bereits vergangenes Jahr beschlossen. Ziel ist, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
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