Eisenbahn-Tunnel: Mega-Bauprojekt zwischen Italien und Frankreich

Tunnel der Superlative:Mont-Cenis-Basistunnel: Mega-Bauprojekt in den Alpen

von Julika Herzog, Paris

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In den Alpen entsteht einer der längsten Eisenbahntunnel der Welt, ein französisch-italienisches Projekt. Befürworter sehen den ökologischen Nutzen, Gegner sprechen von "Ökozid".

Tunnel durch die Alpen

avalanche tunnel in the western alps of austria. Road to the village of Kuhtai. Connecting tunnel between Kuhtai and Innsbruck. Desolate and wild Austrian nature on a sunny day.

Quelle: Shutterstock Creative

Hunderte Meter unter den Alpen wird fleißig gegraben: die riesige Tunnelbohrmaschine "Viviana" frisst sich in den Fels, auf Höchstbetrieb wird sie bald 15 Meter am Tag schaffen. Der Geruch von Ammoniak liegt in der Luft - benötigt für Sprengungen, wenn die Maschine nicht durch das Gestein kommt.

Die Mega-Baustelle liegt mitten im wunderschönen Alpenpanorama des französischen Maurienne-Tals. Zwischen den kleinen Alpengemeinden Saint-Jean-de Maurienne in Frankreich und Susa auf italienischer Seite entsteht gerade einer der längsten Eisenbahntunnel der Welt: 57,5 Kilometer soll er lang werden und 2033 in Betrieb gehen.

Reisen in Frankreich (Archiv)

Zwischen Frankreich und Italien entsteht der Mont Cenis Basistunnel - mit 57,5 Kilometern dann der längste Bahntunnel der Welt. Ab 2030 sollen täglich gut 340 Züge zwischen Lyon und Turin rollen.

04.12.2025 | 2:11 min

Weniger Lastwagen in den Alpen

Der Mont-Cenis-Basistunnel, Herzstück der neuen Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung Lyon-Turin, soll die alte Bergstrecke entlasten, mehr Güterverkehr auf die Schienen bringen und die Reisezeit deutlich verkürzen.

Die Passagiere sollen nach der Fertigstellung des doppelröhrigen Tunnels mit 220 km/h unter den Alpen hindurchrauschen - in nur noch vier Stunden von Paris nach Mailand reisen, statt in bisher sieben Stunden. Und all das umweltfreundlich im Zug statt mit dem Flugzeug.

Auf dem Bild ist der vordere Teil eines Flugzeugs zu sehen.

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Der Umweltaspekt ist auch das Hauptargument der Befürworter des französisch-italienischen Mammutprojekts, denn insbesondere für den Güterverkehr wird der Eisenbahntunnel gegraben. Laut Emmanuel Humbert vom Bauträger TELT sollen so in Zukunft jährlich eine Million Lastwagen weniger über die Alpen durch den Mont-Blanc- oder den Fréjus-Tunnel fahren, rund eine Million Tonnen CO₂ würden damit eingespart werden.

Umweltschützer sprechen von "Ökozid"

Doch Umweltschützer laufen gegen das Projekt Sturm. Denn Bergtunnel ziehen Grundwasser an sich, erklärt der Erdkundelehrer Philippe Delhomme, der sich im Verein "Vivre et Agir en Maurienne" gegen das Projekt vor seiner Haustür engagiert:

Solch einen Tunnel graben, das ist, als würde man dem Berg eine Infusion legen. Doch dieser entnimmt dem Berg kein Blut, sondern Wasser.

Philippe Delhomme, "Vivre et Agir en Maurienne"

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"Und da dieser Basistunnel ganz unten durch den Berg gegraben wird, wird er zu seinem tiefsten Punkt, der dem Berg all sein Wasser entzieht und ihn austrocknet", sagt Delhomme.

Der Lärm, das viele Licht in der Nacht und die Millionen Tonnen Gestein, die aus der Tiefe geholt die idyllische Landschaft verschandeln - dies sei nur die sichtbare Seite, so Delhomme mit Blick auf das Tal, wo Bagger gerade Berge von Gestein wegräumen:

Aber die unsichtbare Seite ist, dass alleine durch den Bau eines vier Kilometer langen Erkundungstunnels tatsächlich Quellwasser abgefangen wurde, das unser Dorf Villarodin-Bourget und seine Brunnen versorgte. Diese Quelle ist versiegt und das ist unumkehrbar, das kann man nicht rückgängig machen.

Philippe Delhomme, "Vivre et Agir en Maurienne"

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Alter Tunnel nicht effizient und sicher

Für ihn und seine Mitstreiter liegt die Lösung auf der Hand: warum nicht den alten Tunnel, durch den die Züge bereits seit 145 Jahren fahren, modernisieren?

Für den parteilosen Bürgermeister des 8.000 Einwohner-Städtchens Saint-Jean-de-Maurienne Philippe Rollet ist das keine Alternative: "Er hat einen großen Nachteil: die Steigung. Güterzüge müssen durch die steilen Abschnitte von Lokomotiven geschoben werden - und das kann man nicht ändern oder modernisieren, er entspricht auch nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards mit nur einer Röhre."

Noch dazu ist das Bergmassiv instabil, die Strecke musste gerade für 18 Monate gesperrt werden, wegen Steinschlägen.

Philippe Rollet, Bürgermeister Saint-Jean-de-Maurienne

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Hohe Kosten für verschuldetes Frankreich

Für den Bürgermeister bringt der neue Tunnel noch weitere Vorteile: ein moderner TGV-Bahnhof soll gebaut werden, die bis zu 4.000 Angestellten dynamisieren seine Gemeinde, neue Geschäfte eröffnen und dank Subventionen wird viel renoviert.

Doch der Tunnel bringt nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern kostet zunächst einmal viel Geld: Stand jetzt sind über 11 Milliarden Euro für den Bau veranschlagt und das nur für den grenzüberschreitenden Tunnel. Für die französische Zugangsstrecke von Lyon bis Saint-Jean-de-Maurienne, die bisher erst in der Planungsphase ist und frühestens 2043 fertig sein könnte, werden weitere Milliarden benötigt. Und ob diese der hochverschuldete französische Staat auftreiben kann und will, ist noch unklar.

Über das Thema berichtete heute in Europa am 04.12.2025 um 16:00 Uhr.

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