Trumps Rede vor den UN:Experte: Die USA verlieren an Glaubwürdigkeit
Politikwissenschaftler Overhaus sieht in Trumps Rede vor den UN eine "doppelzüngige" Haltung. Um internationale Glaubwürdigkeit sei es dem US-Präsidenten dabei nicht gegangen.
In seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen seit 2019 attackierte Donald Trump die Organisation heftig. Für seine eigene Politik hingegen fand der US-Präsident lobende Worte.
23.09.2025 | 2:39 minKritik an den Vereinten Nationen, viel Eigenlob und eine angeblich exzellente Wirtschaftsentwicklung der USA: Am Dienstag hat US-Präsident Donald Trump vor der Hauptversammlung fast eine Stunde zur Welt gesprochen.
Bei ZDFheute live analysiert Politikwissenschaftler Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik, welche Passagen er als "doppelzüngig" bewertet - und ZDF-Reporter David Sauer erklärt, an welchen Stellen Trump auf seinen "üblichen Sprechzettel" zurückgriff.
Overhaus: UN-Kritik "doppelzüngig"
Die Vereinten Nationen hätten "eigentlich nichts wirklich auf die Kante bekommen" - diesen zentralen Vorwurf identifiziert Politikwissenschaftler Marco Overhaus in der Rede Trumps. Und widerspricht: Beispielsweise hätte es beim Zwölftagekrieg zwischen Israel und Iran insbesondere von israelischer Seite kein Interesse gegeben, die UN einzuschalten.
In der Demokratischen Republik Kongo hätten "die Vereinten Nationen in den vergangenen Jahren durchaus sehr intensiv mitvermittelt und auch eine große Friedensmission" gehabt, unterstreicht Overhaus. Es treffe "nicht zu, dass die Vereinten Nationen da überhaupt nichts gemacht hätten".
Dass die UNO nichts auf die Kante bekäme, sei falsch, so Politikwissenschaftler Marco Overhaus. Die UNO habe bereits in vielen Kriegen vermittelt.
23.09.2025 | 19:11 min"Die Vereinten Nationen leben halt davon, dass die größten Länder sich an die UN-Charta halten und ihre Konflikte und Kriege friedlich beilegen", betont der Politikwissenschaftler. Wenn beim Bruch des Weltfriedens nicht mehr der UN-Sicherheitsrat zu einer konstruktiven Befassung angerufen werde, "funktioniert das ganze System natürlich nicht mehr".
Die Vereinten Nationen - das ist eine wichtige Erkenntnis - sind einfach nur so stark, wie die Mitgliedstaaten sie machen - vor allem die großen Mitgliedstaaten, die als permanente Mitglieder im Sicherheitsrat sind.
Marco Overhaus, Stiftung Wissenschaft und Politik
Overhaus kritisiert: Wenn man nicht konstruktiv im UN-Sicherheitsrat, in dem die USA ständiges Mitglied sind, in die Konfliktlösung hineingehe und dann den Vereinten Nationen vorwerfe, die Probleme nicht zu lösen, sei das "natürlich auch doppelzüngig".
Trump und der Anspruch an die Glaubwürdigkeit
Der heutige Auftritt von Trump habe insgesamt "nicht unbedingt dazu beigetragen, die USA als glaubwürdigen internationalen Akteur zu etablieren", konstatiert der Politikwissenschaftler. Das sei aber auch nicht sein Anspruch gewesen, die Hälfte der Rede habe sich um amerikanische Innenpolitik und nicht um internationale Fragen gedreht.
Trump hat auch nicht den Anspruch, dass die USA in dem Sinne wieder an ausländischer Glaubwürdigkeit gewinnen.
Marco Overhaus, Stiftung Wissenschaft und Politik
Doch ZDF-Reporter Sauer mahnt auch bei dem vom Trump gezeichneten Bild der positiven amerikanischen Wirtschaftslage zur Vorsicht: Die Gesamtentwicklung der US-Wirtschaft sehe aktuell nicht rosig aus, die Regierung behaupte aber das Gegenteil.
Er habe sich selbst und die USA gelobt und die Vorgängerregierung kritisiert, so ZDF-Reporter David Sauer in Washington. Das seien Trumps übliche Punkte bei solchen Gelegenheiten.
23.09.2025 | 6:37 min"Es ist inzwischen durchaus Vorsicht geboten beim Umgang mit den offiziellen Zahlen", sagt Sauer mit Blick auf die Daten zu Inflationsrate, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum. Andere Wirtschaftsindikatoren wiesen aber darauf hin, "dass die Lebenshaltungskosten im Land deutlich gestiegen sind, seitdem Donald Trump Präsident ist". Insgesamt habe die Rede dem üblichen Sprechzettel Trumps geähnelt - mit der Betonung eigener Erfolge.
Overhaus: Trump könnte stärkeren Druck auf Israel ausüben
In seiner Rede äußerte sich Trump auch zu den Kriegen in Gaza und in der Ukraine. In beiden Konflikten sieht Overhaus die Rolle der USA unter Trump kritisch. Unter anderem kritisierte er die Anerkennung Palästinas durch weitere Staaten als "Belohnung" für die Hamas. Dabei fehlt Overhaus der Blick auf die Rolle Israels, auf die Trump in seiner Rede nicht einging.
Donald Trump nutzte seine Rede vor der UN-Vollversammlung für heftige Kritik an der UNO. Diese habe nicht nur als Friedenswächter versagt, sondern finanziere illegale Migration.
23.09.2025 | 2:11 minEs brauche in dem Konflikt "zwei Seiten, die bereit sind, in die Gespräche zu gehen". Es sei richtig, gegenüber der Terrororganisation Hamas eine Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln zu fordern. Overhaus hat aber derzeit den Eindruck, dass Israels Regierung die "Palästinenser-Fragen mit rein militärischen Mitteln lösen will". Trump könne stärker Druck auf Netanjahu ausüben, sagt der Politikwissenschaftler - einen mäßigenden Einfluss der USA sehe er aber bislang nicht.
Die Gespräche für ZDFheute live führte Alica Jung, zusammengefasst hat sie Julian Vulturius.
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