Zwischenwahlen in Argentinien:Rückenwind für Mileis Kettensägen-Kurs
von Christoph Röckerath
Die Argentinier haben bei den Zwischenwahlen Präsident Javier Milei den Rücken gestärkt. Gestützt auf eine stärkere Machtbasis kann er mit seinem radikalen Reformkurs weitermachen.
Bei der gestrigen Parlamentswahl in Argentinien gewann die Partei von Präsident Milei mit knapp 40 Prozent der Wählerstimmen überraschend deutlich.
27.10.2025 | 1:37 min"Ich bin der König, ich werde euch zerfetzen", singt Argentiniens Präsident Milei in der Nacht, "mein Appetit wird vor der Kaste (dem politischen Establishment - ) nicht halt machen." Der leicht umgetextete Song "Panic Show" der argentinischen Hardrock-Band ist seit Jahren die Wahlkampfhymne Mileis.
Maximale Disruption des bestehenden Krisensystems Argentiniens war sein Versprechen, unterstrichen mit der Kettensäge. Nun steht fest: Eine Mehrheit der Wähler will Milei weiter die Chance geben, dieses Versprechen in die Tat umzusetzen.
Durch das Wahlergebnis hat Milei mehr Möglichkeiten seine Agenda durchzusetzen, muss aber auch umso mehr liefern, sagt ZDF-Korrespondent Christoph Röckerath.
27.10.2026 | 10:53 minMit gut 40 Prozent der Stimmen geht Milei als klarer Gewinner der Zwischenwahlen zu beiden Kammern des Kongresses hervor. Die Abstimmung, bei der die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel der Sitze des Senats neu besetzt wurden, galt als wichtiger Stimmungstest für den Reformkurs des Präsidenten.
Die ersten Erfolge von Mileis Reformen sind verblasst. Skandale pflastern seinen Weg - zuletzt hatte er in Umfragen eingebüßt.
22.10.2025 | 13:26 minMileis Partei bekommt stärkere Machtbasis
Zwar hat Mileis Partei "La Libertad Avanza" auch künftig keine eigene Mehrheit. Die Stimmen reichen aber, um zu verhindern, dass das Parlament seine Vetos überstimmen kann. Bisher konnte Milei nur per Dekret und temporären Bündnissen seine Agenda umsetzen, was sich zusehends als Problem für ihn herausstellte. Nun hat seine Partei eine stärkere Machtbasis. In der Nacht triumphierte Milei vor seinen Anhängern:
Heute ist ein historischer Tag. Das argentinische Volk lässt den Verfall hinter sich und entscheidet sich für den Fortschritt.
Javier Milei, Argentiniens Präsident
Das gute Ergebnis überrascht die Demoskopen. Zuletzt hatte Milei in Umfragen an Zustimmung eingebüßt. Zum einen beschädigten Korruptionsskandale aus seinem engsten Umfeld sein Image. Zum anderen kommt die wirtschaftliche Wende nur schleppend voran.
Ökonom Stefan Kooths sieht Mileis Wirtschaftskurs als "Chemotheraphie" an. Der Präsident könne nun seinen Reformkurs stabiler fortsetzen, sagt er bei ZDFheute live.
27.10.2026 | 23:12 minVolk zahlt Preis für Mileis Programm
Zwar konnte Milei durch einen radikalen Sparkurs die Inflation deutlich bremsen und erstmals seit vielen Jahren einen Haushaltsüberschuss erwirtschaften. Aber der Preis dafür ist hoch und wird von weiten Teilen der Bevölkerung gezahlt.
Schätzungen zufolge haben zwischen 250.000 und 300.000 Menschen ihre Jobs verloren. Die Lebenshaltungskosten sind vor allem für Rentner und Studenten zu hoch. Die Industrieproduktion ist eingebrochen, weil die Märkte offen sind - der Peso ist stark und Importe sind daher günstig.
Die Strategie des Präsidenten führt zu Wirtschaftswachstum, doch die Löhne sinken und die Arbeitslosigkeit steigt. Das führt zu Unmut.
25.10.2025 | 2:57 minTrump greift Milei unter die Arme
Auch ist die Währung nach wie vor auf Stützung durch den US-Dollar angewiesen. Gut möglich, dass diese Schwäche in Mileis Wirtschaftskonzept jetzt zu seinem Erfolg beigetragen hat: US-Präsident Donald Trump, der seinem auch ideologisch nahestehenden Partner Milei gerade erst mit 20 Milliarden US-Dollar unter die Arme gegriffen hatte, machte eine weitere Zahlung von 20 Milliarden vom Wahlsieg Mileis abhängig.
Verfolgt Donald Trump eine autokratische Agenda? Die Liste illiberaler Politiker, mit deren Weltbild er sich gemein macht, legt diesen Verdacht nahe. Sind sie eine Bedrohung für die Demokratie?
31.07.2025 | 19:32 minDies und das anhaltende Misstrauen gegenüber den linken Peronisten - sie haben nach Ansicht vieler Argentinier nach Jahrzehnten der Herrschaft die Hauptschuld an der wirtschaftlichen Dauerkrise - dürften dazu beigetragen haben, dass Milei die Mehrheit der Stimmen gewinnen konnte.
Wie schon bei seiner Wahl zum Präsidenten sind es gerade junge Leute, die sich vom politischen Establishment um ihre Zukunft betrogen fühlen und in Milei einen Neuanfang sehen.
Viele Argentinier gehen nicht zur Wahl
Trotzdem kann es sich Milei nicht leisten, sich auf dem Sieg auszuruhen, denn er hat einen Pferdefuß: Trotz Wahlpflicht lag die Wahlbeteiligung bei gerade einmal 68 Prozent. Das ist die niedrigste Beteiligung bei landesweiten Wahlen seit mehr als 40 Jahren. Viele Argentinier wollen also weder das eine noch das andere.
Weil das Bußgeld fürs Nichtwählen gerade mal bei umgerechnet knapp 50 Cent liegt, war es ihnen das wert, dies bei der Abstimmung durch Abwesenheit zum Ausdruck zu bringen.
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