Der Verfassungsschutz stuft die AfD nun auch bundesweit als „gesichert rechtsextrem“ ein. Während die Partei protestiert, begrüßen andere die Entscheidung als längst überfällig.02.05.2025 | 3:06 min
Die Hochstufung der
AfD zur gesichert rechtsextremistischen Partei ist ein Paukenschlag - aber keine Überraschung. Auch die Partei selbst hatte damit gerechnet. Und reagiert jetzt mit dem üblichen Mix aus Verschwörungserzählung und Opferinszenierung.
Es sei ein "schwerer Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie", behaupteten die beiden Parteichefs
Alice Weidel und
Tino Chrupalla in einer heute Vormittag zügig veröffentlichten Pressemitteilung.
Dahinter steckt nicht weniger als die stetig wiederholte Unterstellung, die Einstufung der AfD sei undemokratisch. Weil das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) angeblich politisch instrumentalisiert wird. Wahlweise vom Bundesinnenministerium, dessen nachgeordnete Behörde der BfV ist, oder aber gleich von mehreren anderen Parteien, die sich in ihrem Ziel zusammengeschlossen hätten, die AfD zu schwächen.
Die Partei versuche nun, den Verfassungsschutz zu delegitimieren und sich auch vor den anderen Parteien als Opfer zu inszenieren, so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Nicole Diekmann.02.05.2025 | 7:01 min
Einstufung könnte bürgerlich-konservative Wähler abschrecken
Mit der Verbreitung dieser Erzählung verfolgt die AfD gleich zwei Ziele: Zum einen nährt sie damit die Opfererzählung, mit der sie seit Jahren für sich wirbt ("Alle gegen uns"), und zum zweiten versucht sie damit die Behörde zu delegitimieren, die sie öffentlich zwar verhöhnt, gleichzeitig aber durchaus äußerst ernst nimmt.
Denn allen öffentlichen Beteuerungen zum Trotz fürchtet die AfD nicht nur die konkrete Beobachtung, sondern auch die nun erfolgte Einstufung als gesichert rechtsextremistisch. Dieses Label, so ein Argument, dürfte nämlich bürgerlich-konservative Wähler abschrecken. Also etwa enttäuschte CDU-Wähler, auf die die AfD zielt. Man wolle stärkste Kraft werden, betonte Tino Chrupalla erst kürzlich im "Interview der Woche" mit dem Deutschlandfunk. Dafür muss man aber weitere Wählergruppen mobilisieren.
Was bedeutet die neue Einstufung der AfD faktisch – und was politisch? ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann ordnet die Bewertung des Verfassungsschutzes und ihre möglichen Folgen ein.02.05.2025 | 1:52 min
Weiter radikalisieren oder lieber doch mäßigen?
Doch die Frage "Weiter radikalisieren oder lieber doch mäßigen?" scheint neben anderen weiterhin eine der ungeklärten in der AfD zu sein. Im selben Interview warb Chrupalla für beides - während Alice Weidel als (aussichtslose, da niemand mit der AfD koalieren will) Kanzlerkandidatin im Wahlkampf mit dem Slogan "Alice für Deutschland" für sich warb. Eine klare Anlehnung an eine verbotene Parole.
Die wiederum der bereits seit Jahren als gesichert rechtsextremistisch eingestufte thüringische AfD-Landeschef Björn Höcke bereits mehrfach öffentlich verwendet hat. Und deshalb bereits mehrfach vor Gericht stand und verurteilt wurde. Und gleichzeitig den bisher erfolgreichsten Wahlkampf für seine Partei bestritten hat. Der womöglich Radikalste von allen ist auch der Erfolgreichste von allen.
Auch Alice Weidel war es, die bewusst provokativ den umstrittenen Begriff "Remigration" in ihrer Rede auf dem Wahlparteitag der AfD Ende 2024 im sächsischen Riesa geradezu herausschrie. Und in ihrem öffentlichen Talk mit Tech-Milliardär
Elon Musk das Gespräch auf Adolf Hitler brachte, den sie als Kommunisten bezeichnete. Mäßigung sieht anders aus.
Ein weiteres Thema: das Verbotsverfahren
Ein weiteres Thema, das mit der Hochstufung zusammenhängt und mit besorgter Miene, aber lieber nicht vor Kameras von AfD-Funktionären geäußert wird: das Thema Verbotsverfahren. Ende letzten Jahres hatte die Diskussion darüber noch einmal an Fahrt aufgenommen; der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz hatte einen fraktionsübergreifenden Antrag vorangetrieben.
Im Bundestag macht ein Antrag auf ein AfD-Verbot die Runde. Wer hinter dem Antrag steckt – und welche Risiken damit verbunden sind.12.10.2024 | 12:07 min
Ein Verbotsverfahren beantragen können Bundesrat, Bundesregierung oder
Bundestag - ein Verbot beschließen kann allerdings ausschließlich das Bundesverfassungsgericht.
Es zeichnete sich schnell ab, dass
Wanderwitz und seine Mitstreiter keine Mehrheit im Bundestag zusammenbekommen würden, und so kam es im Dezember zwar zu einer Bundestagsdebatte, aber zu keiner Abstimmung. Mehrere Abgeordnete aus unterschiedlichen Fraktionen nannten als Grund für ihre zögerliche bis ablehnendere Haltung das noch zu erwartende neue Gutachten des BfV. Nun liegt es vor. Die Diskussion nimmt wieder an Fahrt auf - und zwar erheblich. Der SPD-Co-Chef und designierte Vizekanzler Lars Klingbeil kündigte heute an, ein Verbotsverfahren prüfen zu wollen. Andere schlossen sich ihm an.
Wichtig sei, dass der Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem einstufe, so ZDF-Rechtsexperte Jan Henrich. Er werde sie nun noch intensiver beobachten. 02.05.2025 | 6:02 min
AfD will gegen Einstufung juristisch vorgehen
Und so hat die AfD nun auch angekündigt, juristisch gegen die Hochstufung vorzugehen. Am heutigen Nachmittag schickte eine Kanzlei im Namen der AfD ein Schreiben ans BfV. Es liegt dem ZDF vor und umfasst 48 Seiten. Man war auf diesen Schritt vorbereitet. Und ist trotzdem hochnervös.
Alle Reaktionen zur AfD-Einstufung finden Sie in unserem ZDFheute-Liveblog:
Seit ihrer Gründung ist die AfD nach Ansicht des Verfassungsschutzes zunehmend nach rechts gerückt. Nun wurde sie als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Aktuelles im Ticker.