SOS-Kinderdorf Österreich: Missbrauchverdacht gegen Gründer

Entsetzen auch in Deutschland:SOS-Kinderdorf Österreich: Missbrauchverdacht gegen Gründer

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In Deutschland reagieren die SOS-Kinderdörfer entsetzt auf Missbrauchsvorwürfe gegen ihren österreichischen Gründer Gmeiner. Die Schwesterorganisation wurde deswegen suspendiert.

08.10.2021, Bayern, München: Das Logo von "SOS Kinderdorf" auf einem Schild.

SOS-Kinderdorf-Bewegung suspendiert österrichischen Ableger.

Quelle: dpa

Mehr als hundert Mal ist Hermann Gmeiner für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. Doch Missbrauchsvorwürfe werfen ein völlig neues Licht auf den 1986 gestorbenen Gründer von SOS-Kinderdorf. Die weltweit tätige Hilfsbewegung reagiert mit Entsetzen und Schadensbegrenzung - auch in Deutschland.

Wir müssen sehen, dass auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schockiert sind von dieser völlig überraschenden Nachricht.

Georg Falterbaum, Vorstand von SOS-Kinderdorf e.V. in Deutschland

Am Donnerstag hatte die österreichische Schwesterorganisation enthüllt, dass Gmeiner beschuldigt wird, acht männliche Kinder und Jugendliche in Österreich sexuell und physisch missbraucht zu haben. Die Vorwürfe seien glaubhaft, Betroffene seien entschädigt worden, hieß es.

Ein Teddybär liegt auf dem Boden.

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Vorwürfe jahrelang unter Verschluss

Die Informationen über den österreichischen Pädagogen waren bei SOS-Kinderdorf Österreich nach eigenen Angaben intern bereits seit Jahren bekannt. Sie wurden aber erst jetzt öffentlich gemacht.

Außerdem waren in den vergangenen Wochen einige mutmaßliche Übergriffe von Kinderdorf-Mitarbeitern in Österreich durch Medienberichte publik geworden. Auch sie waren zuvor unter Verschluss gehalten worden.

Der österreichische Pädagoge und Gründer der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner, aufgenommen im September 1983.

Dem 1986 vertorbenen Österreicher Hermann Gmeiner wird Missbrauch zwischen den 1950er und 1980er Jahren vorgeworfen.

Quelle: dpa

Das erste SOS-Kinderdorf wurde von Gmeiner nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich gegründet. Heute arbeitet die Organisation in mehr als 130 Ländern. Sie unterstützt Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich nicht um sie kümmern können.

SOS-Kinderdörfer Österreich vorerst suspendiert

Die weltweite Bewegung reagierte auf die späte Offenlegung zu Gmeiner mit einem drastischen Schritt: Sie schloss die österreichische Teilorganisation bis auf weiteres aus dem internationalen SOS-Kinderdorf-Verband aus. "Kinder verdienen Glück, Würde und Schutz durch diejenigen, denen sie vertrauen", sagte der Vorsitzende des Internationalen Vorstandes, Dominico Parisi.

Wer dieses Vertrauen verrät, verdient nichts als Verurteilung und Scham für sein Handeln.

Dominico Parisi, Vorsitzender des Internationalen Vorstands der SOS-Kinderdörfer

SOS-Kinderdorf Deutschland unterstützt den Schritt. "Nach dem intransparenten Umgang mit den Fällen in den letzten Wochen hat diese Meldung über Hermann Gmeiner das Fass zum Überlaufen gebracht", sagte Vorstand Falterbaum der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Übergriffe in Deutschland

Auch in deutschen Kinderdörfern sei es in der Vergangenheit zu Übergriffen und Unrecht gekommen, doch die Vorfälle seien in den vergangenen Jahren umfassend aufgearbeitet worden, so Falterbaum. Laut dem Bericht einer unabhängigen Kommission gab es zwischen 1976 und Mitte 2023 knapp 190 Meldungen zu Grenzüberschreitungen, davon 47 Prozent sexuelle Übergriffe.

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Fast die Hälfte aller Grenzüberschreitungen ging demnach von Mitarbeitern aus. Teilweise verübten auch andere betreute Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene außerhalb der Organisation Übergriffe.

Auch in Deutschland haben Betroffene bereits sogenannte Anerkennungsleistungen erhalten. Im Schnitt geht es um Summen von etwa 46.500 Euro. Aufarbeitung sei eine Dauer-Aufgabe, betont Falterbaum. Für die Einrichtungen von SOS-Kinderdorf Deutschland sei ein Frühwarnsystem im Aufbau.

Es ist kein Thema, das wir abhaken, sondern es wird weitergehen.

Georg Falterbaum, Vorstand von SOS-Kinderdorf e.V. in Deutschland

Gmeiner-Denkmäler in Österreich entfernt

In Deutschland und Österreich sind mehrere Straßen und Schulen nach Gmeiner benannt. In Imst in Tirol, wo 1951 das erste Kinderdorf eröffnet worden war, wurden bereits zwei Gmeiner-Denkmäler entfernt, wie die Nachrichtenagentur APA berichtete. Auch ein Kindergarten, eine Grundschule und eine Straße im Ort sollen umbenannt werden.

Die Hermann-Gmeiner-Schule in Mönchengladbach äußerte sich auf ihrer Website "sehr schockiert" über die Vorwürfe gegen ihren Namenspatron. Über einen neuen Namen der Grundschule in Nordrhein-Westfalen werde demnächst entschieden, hieß es.

Quelle: dpa

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