Häusliche Gewalt: Für Frauen auf dem Land wird die Beratung mobil

"Land-Grazien" in Schleswig-Holstein:Flucht aus dem Dorf: Wenn die Beratung mobil sein muss

von Elisabeth Fink

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Opfer häuslicher Gewalt auf dem Land sind oft isoliert und in ihrem Dorf gefangen. Die "Land-Grazien" sind daher eine mobile Beratungsstelle und bieten Frauen Hilfe und Schutz.

Miriam Peters steht neben ihrem Beratungsbus und reicht einer Frau die Hand.

Alle vier Minuten erleidet eine Frau Gewalt durch den Partner oder Ex-Partner. Miriam Peters bietet im ländlichen Raum Hilfe, wo sie oft fehlt und bietet Betroffenen einen Ausweg.

25.11.2025 | 28:36 min

Alle vier Minuten erfährt in Deutschland eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. 132 Frauen und Mädchen wurden laut Bundeslagebericht Häusliche Gewalt 2024 Opfer vollendeter Tötungsdelikte durch den Partner oder Ex-Partner.

Fehlende Infrastruktur auf dem Land macht Flucht schwierig

Auf dem Land ist es für betroffene Frauen besonders schwer, ihren gewalttätigen Partnern zu entkommen. Zu schlecht ist die Infrastruktur, zu selten der Bus, zu teuer das Taxi.

Frau sitzt in einem Raum auf einem Stuhl, im Hintergrund sieht man ein Whiteboard

Ähnlich wie in Schleswig-Holstein gibt es auch in Ludwigshafen Angebote für Betroffene von häuslicher Gewalt und deren Angehörige: Diana König gründete eine Selbsthilfegruppe, aus ganz persönlichen Motiven.

04.12.2024 | 4:04 min

Miriam Peters ist Sozialarbeiterin. Sie leitet die mobile Beratungsstelle "Land-Grazien" in Schleswig-Holstein, die mit fünf Mitarbeiterinnen und einigen Ehrenamtlichen rund um die Uhr erreichbar ist - auch für Anrufe aus ganz Deutschland. Etwa 40 Gespräche werden pro Woche geführt.

Beispielsweise mit einer Frau mit zwei Kindern, die bei der Nachbarin Schutz vor dem neuen Freund gesucht hat. Miriam Peters klärt auf über die Möglichkeiten eines Näherungs- und Kontaktverbots. Fraglich sei allerdings, ob der Mann sich daran halte. Die letzte Option wäre ein Platz im Frauenhaus.

Luiza Kleene im Gespräch

Der 25. November ist internationaler Tag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Welche Hilfe gibt es für Betroffene? Luzia Kleene von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf im Gespräch.

25.11.2025 | 7:26 min

Lange bleibt die Hoffnung, dass Gewalt aufhört

Marie (Name geändert) arbeitet ehrenamtlich bei den "Land-Grazien". Sie weiß, was die Frauen durchmachen. Ihr Partner, Liebe ihres Lebens, begann nach dem Umzug aufs Land, sie von ihrer Familie, den Freunden zu isolieren, ihr Konto zu kontrollieren: finanzielle Abhängigkeit, verbale Attacken, Gewaltausbrüche.

Sogar als Marie schwanger war, wurde sie geschlagen, gewürgt und an den Haaren durch die Wohnung gezogen.

Ich habe immer gehofft, dass es besser wird. Wir waren doch glücklich.

Marie, wurde von ihrem Partner geschlagen und gewürgt

Doch das Schlimmste für Marie: "In erster Linie hat er mir mein Herz gebrochen." Vor fünf Jahren hat Marie es geschafft, sich zu trennen. Heute hilft sie anderen Frauen.

Sarah Tacke steht vor der Kulisse eines Rotlichtviertels. Hinter ihr sind schemenhaft die Umrisse einer jungen Frau in knapper Kleidung zu erkennen.

Sie spielen Liebe vor und zerstören Leben. Sarah Tacke zeigt, wie Täter Vertrauen missbrauchen und Frauen in Abhängigkeit und Gewalt drängen.

22.11.2025 | 44:46 min

Große Frage für viele Frauen: Wo sollen sie hingehen?

Was viele Frauen lange davon abhält, den Partner zu verlassen, sind die Kinder. Und die große Frage: "Wenn ich gehe, wo soll ich denn hin?" Miriam Peters respektiert die Selbstbestimmtheit der Frauen bei ihren Entscheidungen.

Es gibt kaum einen mutigeren Akt, als eine Flucht auf sich zu nehmen und ein neues Leben zu beginnen.

Miriam Peters, leitet die mobile Beratungsstelle "Land-Grazien" in Schleswig-Holstein

Schnappschuss von Amelie Grünewald (rechts im Bild) mit ihrer Freundin Mary Serena Brown

"Ich musste einfach weg", sagt die 20-jährige Mary Serena Brown über die Zeit, als sie in ein Schutzhaus floh. Unterstützt von ihrer besten Freundin gelang ihr der Neuanfang.

25.04.2025 | 1:14 min

Flucht ein großes Risiko für Frauen

Schon oft war Peters unterwegs, um Frauen zur Flucht zu verhelfen. Die Frauen gingen dabei ein großes Risiko ein: "Wenn er sie erwischt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er sie töten wird." Immer wieder fragt sich Miriam Peters, ob sie zu spät kommt - so wie damals, als erst im letzten Moment die Polizei einen Mann daran hindern konnte, seine Frau zu erwürgen.

Am 25. November 2025 ist der internationale Orange Day - der Tag, der auf Gewalt an Frauen aufmerksam macht und ein Zeichen dagegensetzt. Das ZDF begleitet diesen Tag unter dem Slogan "Alle Augen auf! Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" mit einem umfangreichen Programmangebot im November.


Drohungen auch gegen die Sozialarbeiterin

Auch der Einsatz von Miriam Peters ist nicht ungefährlich. Sie wurde bedroht, brauchte zu Hause Polizeischutz. Ihr Mann unterstützt sie. Auch bei ihrem neuen Projekt, einer Schutzwohnung für zwei Mütter mit Kindern. 12.000 Frauenhausplätze fehlen in Deutschland, und das neue Gewalthilfegesetz verspricht erst langfristig Hilfe.

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Weltweit steigt die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt. Die Bundesregierung will nun Frauen mit dem "Gewalthilfegesetz" in Deutschland besser schützen.

27.11.2024 | 1:33 min

Seit einer Stunde wartete Peters an dem Tag, als plötzlich eine Frau mit einem kleinen Koffer zum Wagen gerannt kam, sich außer Atem auf den Rücksitz fallen ließ. Miriam Peters startete sofort den Motor. Denn dann heiße es nur noch Gas geben und fortfahren. Und sicherstellen, dass die Ortungsdienste auf dem Handy ausgeschaltet sind.

Erst nach einer Viertelstunde Fahrt löste sich die Anspannung. Die Frau auf dem Rücksitz erzählte stockend, wie sich zuletzt alles nur darum gedreht habe, den nächsten Tag zu überstehen. Und sie erzählt von ihrer Hoffnung, endlich frei zu sein, morgens ohne Angst aufzustehen. Die Sozialarbeiterin setzte die Frau am Bahnhof ab. Am Abend war sie bereits weit weg, in einem anderen Bundesland, in einem Frauenhaus. In Sicherheit.

Mara steht in der Natur vor einem Baum und schaut in die Kamera. Eine Hand hat sie leicht in ihre Hosentasche gesteckt.

Mara wurde als 18-jährige Zeitsoldatin zweimal vergewaltigt. Die Täter wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Doch die Folgen der Tat spürt Mara bis heute.

17.11.2025 | 21:49 min

  • Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen": 116 016, Online-Beratung via Chat oder E-Mail
  • Bundesweite Frauenhaussuche
  • KI-Hilfe-Chat Maya: ein KI-Chat, der rund um die Uhr auf vielen Sprachen anonym und sicher verfügbar ist und hilft, passende Unterstützungsangebote zu finden.
  • Juristische Unterstützung: Die Feminist Law Clinic gibt kostenlose Rechtsberatung für Betroffene von Gewalt oder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung, auch zum Gewaltschutzgesetz. Die Beratung ist bundesweit online sowie in Köln, München, Hamburg, Tübingen und Göttingen in Person möglich. Weitere Infos via Mail an beratung@feministlawclinic.de erhältlich.
  • Weitere Unterstützung: Bundesweit gibt es unterschiedliche Anlaufstellen beispielsweise für Selbsthilfegruppen oder die anonyme Spurensicherung.


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