Lehrschreiben von Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen

Erstes großes Lehrschreiben:Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen

Porträt Jürgen Erbacher
von Jürgen Erbacher
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In seinem ersten großen Lehrschreiben hält Leo XIV. an der Kapitalismuskritik seines Vorgängers fest. Der Papst prangert vor allem die Gleichgültigkeit gegenüber den Armen an.

Archiv:  Papst Leo XIV. kommt zur Heiligsprechungsmesse von Carlo Acutis und Pier Giorgio Frassati auf dem Petersplatz.

In seinem ersten Lehrschreiben seit Amtsantritt hat Papst Leo den Fokus auf den Kampf gegen Armut gelegt. (Archivbild)

Quelle: dpa

Leo XIV. stellt sich in die Tradition seines Vorgängers, wenn es um die zentrale Bedeutung des Engagements der Kirche für die Armen geht. Das macht er mit seinem ersten großen Lehrschreiben deutlich, das an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde.

Er übernimmt die scharfe Kritik am Kapitalismus von Franziskus und weist die Idee zurück, eine völlig freie Marktwirtschaft könne das Problem von Armut und Ungerechtigkeit lösen. Mit Verweis auf eine Formulierung seines Vorgängers stellt Leo fest, "es ist daher notwendig, weiterhin die 'Diktatur einer Wirtschaft, die tötet', anzuprangern".

Pope Leo XIV arrives at the St. Thomas of Villanova Church to celebrate a mass, in Castel Gandolfo, on the outskirts of Rome.

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Es gebe eine immer größere Ungleichheit zwischen Arm und Reich, die auf Ideologien zurückgehe, "die die absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen". Leo kritisiert zugleich die Gleichgültigkeit vieler Christen gegenüber den Armen und Ausgegrenzten.

Papst Leo überarbeitete Text von Franziskus

"Dilexi te - über die Liebe zu den Armen" ist ein Text, den Papst Franziskus noch in großen Teilen vorbereitet hatte, aber aufgrund seines Todes am Ostermontag nicht mehr veröffentlichen konnte. Leo hat ihn nun überarbeitet und ergänzt.

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Im Kern bleibt aber die Botschaft erhalten: Die Sorge der Kirche für die Armen und Ausgegrenzten sowie der Kampf gegen ungerechte Strukturen gehören zur DNA der katholischen Kirche. Indem Leo XIV. das bekräftigt, nimmt er den Kritikern von Franziskus den Wind aus den Segeln, die den Fokus auf Armut und Migration für eine Liebelei des argentinischen Papstes abtaten.

Kampf gegen Armut: Papst zieht Politik zur Verantwortung

Auch wenn das 50-seitige Papier das Thema nicht in voller Tiefe und Breite behandelt, zeigt der Papst darin, dass die vorrangige Option der Kirche für die Armen keine Beigabe ist, die im Laufe der Geschichte dazugekommen ist, sondern letzten Endes auf den Gründer, Jesus von Nazareth, zurückgeht.

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Neben der Verpflichtung der eigenen Kirche bei dem Thema ist das Schreiben auch eine Anklage an die Politik, dass zu wenig für einen echten Kampf gegen Armut unternommen werde. "Der Reichtum ist gewachsen, aber ohne Gerechtigkeit, und so entsteht neue Armut", kritisiert das Kirchenoberhaupt.

Wenn man sagt, dass die moderne Welt Armut verringert hat, dann misst man sie mit Kriterien aus anderen Epochen, die mit der heutigen Realität nicht vergleichbar sind

Papst Leo

Leo sieht einen klaren politischen Auftrag für die Kirche, sich für die Veränderung ungerechter Strukturen einzusetzen.

Schritt zur Aussöhnung mit Befreiungstheologie

Mit dem Papier geht Papst Leo XIV. einen weiteren Schritt der Amtskirche hin zu einer Aussöhnung mit der Theologie der Befreiung in Lateinamerika. Diese wurde in den 1980er Jahren von Papst Johannes Paul II. und seinem obersten Glaubenshüter, Kardinal Joseph Ratzinger, hart bekämpft, weil sie aus ihrer Sicht kommunistisch unterwandert war in ihrem Kampf gegen Ungerechtigkeit und Armut.

Papst Leo XIV. hält während der offiziellen Amtseinführung seines Pontifikats am Sonntag, den 18. Mai 2025, auf dem Petersplatz eine Messe ab.

Im Mai wurde Papst Leo XIV. offiziell in sein Amt eingeführt. Bei einem Gottesdienst wurde erneut für die Menschen in den Kriegsgebieten auf der Welt gebetet.

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Schon unter Franziskus setzte hier eine Entspannung ein. Es wurde deutlich, dass die Befreiungstheologie im Kern das wollte, was Franziskus und jetzt auch Leo XIV. mit der vorrangigen Option der Kirche für die Armen propagieren. Dass es auch unter den Befreiungstheologen extreme Positionen gab, wird damit nicht geleugnet.

"Dilexi te" setzt klares Zeichen

Mit "Dilexi te" tritt Leo XIV. in einem weiteren Themenfeld in die Fußstapfen von Franziskus. In den vergangenen Wochen hatte er das bereits beim Thema nachhaltige Entwicklung gemacht und die zentralen Gedanken seines Vorgängers aus dessen Umwelt-Enzyklika "Laudato si" bekräftigt.

An anderer Stelle sind fünf Monate nach der Wahl auch Unterschiede zu erkennen. Leo ist nicht der Mann markiger Worte. Bei innerkirchlichen Reformen mahnt er zu Ruhe und Geduld. Während er innerkirchlich bisher eher zurückhaltend agiert, setzt er mit "Dilexi te" ein klares Zeichen, dass er sich als Papst in politische Fragen einmischen wird.

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