Bargeld oder Kartenzahlung? So zahlen die Menschen in Deutschland
Bar oder mit Karte?:Wie die Menschen in Deutschland bezahlen
von Luisa Billmayer
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Digitale Zahlungen nehmen zu, doch Bargeld bleibt beliebt. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland im Mittelfeld. Aber ist es überhaupt sinnvoll, wenn alle mit Karte zahlen?
Deutschland gilt als Bargeld-Land. Aber stimmt der Vorwurf überhaupt?
Quelle: iStock/alfexe
Abends etwas trinken gehen in einer Großstadt: Ausweis, Handy, Schlüssel - und sowohl Karte als auch etwas Bargeld sind eingepackt. Erster Stopp am Kiosk: "Kartenzahlung erst ab fünf Euro", also Münzen gezückt. Ein Bier in der Kneipe: "Nur Bares ist Wahres." Zum Glück ist noch ein Zehner im Geldbeutel. Danach lieber schnell zum Geldautomaten.
Deutschland gilt als Bargeld-Land - vor allem die Gastronomie und kleine Geschäfte nehmen oft lieber Scheine und Münzen als Plastik. Aber steht es wirklich so schlecht um digitales Bezahlen in Deutschland und wenn ja - warum ist das so?
Für die einen ist mit Bargeld zu bezahlen nicht mehr zeitgemäß. Andere wollen unter anderem aus Datenschutzgründen daran festhalten. Sollten wir in Zukunft bargeldlos zahlen?24.07.2024 | 34:57 min
Digitale Zahlungen nehmen zu - Barzahlungen werden weniger
Der Trend ist deutlich: Menschen in Deutschland haben in den vergangenen Jahren immer häufiger digital gezahlt. Das zeigt eine Studie der Deutschen Bundesbank. Rund die Hälfte aller Transaktionen werden bargeldlos abgewickelt.
Deutschland zahlt immer seltener mit Bargeld
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Im Euro-Raum-Vergleich liegt Deutschland im Mittelfeld. Während Menschen auf Malta, in Slowenien und Österreich noch am häufigsten mit Scheinen und Münzen zahlen, halten sie in Luxemburg, Finnland und den Niederlanden überwiegend lieber Karten und Smartphones ans Lesegerät - so das Ergebnis einer Studie der Europäischen Zentralbank.
Wer zahlt wie im Euro-Raum?
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Die Unterschiede zwischen den Ländern haben tiefere Ursachen. "Wir beobachten einen Zusammenhang zwischen dem Wertesystem des jeweiligen Landes und seinem Hang zum Bargeld", erklärt die Wirtschaftspsychologin Julia Pitters.
Skandinavische Länder definieren sich eher durch Fortschritt - und zahlen häufiger digital. Italien und Spanien haben traditionellere Werte und nutzen häufiger Bargeld. Deutschland liegt kulturell wie auch beim Zahlungsverhalten dazwischen.
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Prof. Julia Pitters Wirtschaftspsychologin, IU Internationale Hochschule Erfurt
Liebe zum Bargeld hat auch praktische Gründe
In Deutschland spielen neben kulturellen auch praktische Faktoren eine Rolle: Ein dichtes Netz an Geldautomaten macht Bargeld jederzeit verfügbar. Außerdem wird Bares fast überall akzeptiert. Vor allem in älteren Geschäften ist Bargeld ohnehin etabliert. Digitale Zahlungen sind neu und müssen angeschafft werden.
Julia Pitters führt zudem an, dass für viele Menschen in Deutschland Datenschutz und Anonymität ein wichtiger Wert sei: "Den Menschen in Skandinavien ist das beispielsweise weniger wichtig. Auch gilt dort stärker eine 'Ich habe nichts zu verbergen'-Mentalität. Das Vertrauen in den Staat ist höher."
Bequem und bargeldlos bezahlen: Einfach das Handy an das Kartengerät halten, fertig! Welche App sich dafür eignet und wie sicher der Vorgang ist, verraten zwei Experten.
Digitales Zahlen hat auch Nachteile
Der Trend zum Digitalen bringt nicht nur Vorteile: Digitale Zahlungsmittel funktionieren nicht, wenn der Strom oder das Internet ausfallen und sind daher anfälliger für Cyberangriffe. Außerdem dominieren amerikanische Firmen den digitalen Zahlungsmarkt: wie Visa, Mastercard, Google Pay, Apple Pay und PayPal.
Zahlungsanbieter wie Paypal, Klarna und Co. sind vor allem eins: super bequem. Und für Kundinnen und Kunden offenbar komplett kostenlos. Aber: Wie funktioniert dann deren Geschäft?15.07.2024 | 17:23 min
Dass dadurch Kosten entstehen kritisiert der Deutsche Handelsverband:
Die Banken bieten ihren Kunden attraktive Karten-Services an - meist kostenlos. Die Kosten trägt letztlich der Handel. Dabei geben die internationalen Zahlungsdienstleister zunehmend die Regeln vor und der Handel hat oft kaum Verhandlungsspielraum.
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Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Deutschland
Zwar gibt es auch nationale Systeme wie die deutsche Girocard. Sobald damit im Ausland gezahlt wird, sind aber meist Visa oder Mastercard beteiligt.
Digitaler Euro könnte unabhängige Alternative sein
Die Europäische Zentralbank möchte einen digitalen Euro einführen. Die Nutzung soll kostenlos sein und genauso funktionieren wie Bargeld - nur dass keine Münzen und Scheine physisch übergeben, sondern Geldbeträge über App, Karte oder Smartphone übertragen werden.
Mit dem digitalen Euro hätten wir ein eigenes Zahlungssystem. Aus strategischer Sicht der EU ist es sinnvoll, sich unabhängig zu machen von Gebühren an US-amerikanische Firmen.
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Dr. Markus Demary, Ökonom am IW Köln
Ein digitaler Euro hätte die gleichen Vorteile, die Kartenzahlungen heute schon haben: Umwege zu Geldautomaten fallen weg, der Handel braucht kein Wechselgeld mehr und muss keine hohen Summen zur Bank bringen. Einbrüche und Raubüberfalle werden unwahrscheinlicher. Außerdem erschweren digitale Zahlungsmethoden Steuerbetrug und Geldwäsche.
Beinahe jede Nacht sprengen Banden Geldautomaten in die Luft und erbeuten Bargeld. Ganze Häuser werden dadurch zerstört und bringen Anwohner in Lebensgefahr. Was kann man dagegen tun?04.05.2024 | 4:26 min
Neue Regierung möchte Wahlfreiheit an der Kasse
Im Koalitionsvertrag schreiben CDU, CSU und SPD zum Thema Bezahlen: "Wir setzen uns für echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein." Bargeld solle bleiben, aber Handel, Gastro und Co. sollen künftig mindestens eine digitale Zahlungsform anbieten.
Zahlen der Bundesbank zeigen: Die Akzeptanz bargeldloser Zahlungsarten steigt auf 81 Prozent, liegt damit aber deutlich unter der Bargeld-Akzeptanz-Quote von 94 Prozent. Was die Daten aber auch zeigen: Die Akzeptanz von Bargeld nimmt ab.
So häufig werden Karten und Bargeld akzeptiert
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Diese Entwicklung lässt sich auch abends beim Ausgehen in der Großstadt beobachten: Nach dem Stopp am Geldautomaten geht’s noch auf eine Weinschorle in die neue Pizzeria mit Edelstahl-Tischen. "Sorry, card only." Na gut, zum Glück auf alles vorbereitet.
SPD und Union wollen wohl die Wahlfreiheit beim Bezahlen stärken: Händler sollen einem Plan zufolge künftig neben Bargeld immer auch eine digitale Zahlung ermöglichen.