"Das können wir nicht stemmen":Wohnarmut in Bremen: Bezahlbare Mieten gesucht
von Alexander Poel
Bremen ist bundesweit am stärksten von Wohnarmut betroffen. Besonders gefährdet: junge Erwachsene und Rentner. Die Politik versucht, mit der Mietpreisbremse dagegenzuhalten.
In Deutschland gibt es mehr Armut als bisher angenommen, sagt der Paritätische Wohlfahrtsverband. Durch gestiegene Mietkosten, seien 18,4 Millionen Menschen armutsgefährdet.
09.12.2025 | 0:22 minSimone Helber wohnt in Sebaldsbrück, einem Stadtteil von Bremen. Hier leben viele Menschen, die oft nur schwer über die Runden kommen. Helber hat neun Kinder, vier davon leben noch zuhause. Keine einfache Situation - gerade in der Weihnachtszeit. ZDFheute erzählt sie:
Wenn die Mieten immer teurer werden, macht man sich Sorgen um die eigene Existenz, das ist halt so.
Simone Helber
Ein Drittel der Menschen von Wohnarmut betroffen
Mit ihrem Schicksal ist sie nicht alleine. An vielen Orten in Deutschland ziehen die Mietpreise an. Damit steigt die Gefahr von sogenannter Wohnarmut. Am stärksten betroffen: das Land Bremen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes, bei der die Wohnkosten vom verfügbaren Einkommen abgezogen werden.
Kinder, die ab den 1980er Jahren geboren wurden, haben schlechtere Chancen auf sozialen Aufstieg. Laut einer Ifo-Studie hängt der Erfolg heute stärker vom Einkommen der Eltern ab.
05.09.2025 | 2:02 minDemnach waren in 2024 über 33 Prozent der Menschen von Wohnarmut betroffen, was etwa 224.000 Personen entspricht. Für Sozialexperten ein Alarmsignal. Joachim Schuster, Vorsitzender des Paritätischen in Bremen, erklärt:
Die Zahlen zeigen, dass die Wohnkosten in Bremen die Armut noch verstärken.
Joachim Schuster, Vorsitzender des Paritätischen in Bremen
Und: betroffen davon sei zunehmend auch die Mittelschicht, so Schuster.
Vor allem junge Erwachsene und Ältere gefährdet
Die Studie offenbart auch einen sehr realistischen Blick auf die Armut in Deutschland. Bundesweit gelten demnach über 18 Millionen Menschen als arm. Bei vielen von ihnen sind steigende Wohnkosten die Ursache dafür.
Kein Geld für Sportverein oder neue Möbel: Wenn das Einkommen der Eltern fehlt, spüren Kinder es zuerst. Laut Statistik ist fast jedes siebte Kind in Deutschland armutsgefährdet.
17.11.2025 | 0:33 minBesonders bekommen das junge Erwachsene unter 25 Jahren oder auch Familien mit vielen Kindern zu spüren. So wie die sechsköpfige Familie Helber aus Bremen. "Wir leben jetzt auf 171 Quadratmetern für 1.500 Euro warm", erzählt uns Simone Helber. Sollten sie jemals ausziehen müssen, wird es richtig schwer.
Wenn ich mir die Wohnungsanzeigen anschaue, zahlt man jetzt für nicht mal 100 Quadratmeter 1.500 Euro kalt. Das können wir nicht stemmen.
Simone Helber
Warmmieten als Kostentreiber
Joachim Schuster hat die steigenden Warmmieten als entscheidenden Kostentreiber ausgemacht. "Wenn energetisch saniert wird, dürfen die Vermieter die Kosten anteilig auf die Mieter umlegen", erklärt er. Dieser Anteil müsse endlich begrenzt werden.
Günstig Wohnen wie in der Augsburger Fuggerei - kaum mehr vorstellbar. Dabei gibt es Lösungen, die den explodierenden Mieten Einhalt gebieten könnten.
01.11.2025 | 6:09 min"Verlängerung der Mietpreisbremse reicht nicht aus"
Blickt man auf Gesamtdeutschland, ergibt sich bei der Wohnarmut ein sehr unterschiedliches Bild. Sind in Bremen 33,4 Prozent der Menschen betroffen, sind es in Bayern lediglich 18,1 Prozent. Dazwischen liegen Sachsen-Anhalt (28 Prozent), Hamburg (25,9 Prozent) und Berlin (24,6 Prozent).
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Was kann die Politik gegen steigende Wohnarmut tun? "Die Verlängerung der Mietpreisbremse der Bremer Regierung ist ein gutes und wichtiges Signal", konstatiert Schuster. Sie reiche aber nicht aus.
Vielmehr bräuchte Bremen gezielte Förderung von bezahlbarem Wohnraum und weniger Belastung für Mieterinnen und Mieter.
Joachim Schuster, Paritätischer Wohlfahrtsverband Bremen
Simone Helber kann darauf nur hoffen. Sie hätte gerne eine kleinere Wohnung, "aber das ist im Moment nicht möglich", sagt sie. "Am Ende müsste ich für eine kleinere Wohnung mehr bezahlen, als für meine jetzige." Im Augenblick bedeutet es ihr und ihrer Familie schon viel, dass die Heizung läuft.
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