Deutsche Wirtschaft: Wie Unternehmen die Bundesregierung bewerten

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Unternehmen bewerten Schwarz-Rot:Die Investitionswende bleibt (noch) aus

Florian Neuhann
von Florian Neuhann
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Mit der Bundesregierung sind deutsche Unternehmen einer Ifo-Studie zufolge größtenteils zufrieden. Mehr in Deutschland investieren wollen die meisten bisher dennoch nicht.

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Die Stimmung in der Wirtschaft scheint sich zu bessern. Doch das bedeutet noch keinen Aufschwung: Nur die wenigsten deutschen Unternehmen wollen zusätzlich am Standort investieren.05.08.2025 | 2:21 min
Die Zahl aus dem Zentrum der Macht sollte beeindrucken - und hätte wuchtiger kaum ausfallen können. 631 Milliarden Euro: Diese Investitionssumme versprachen die Chefs (und außerordentlich wenige Chefinnen) von 61 Unternehmen vor zwei Wochen im Kanzleramt. Zusammengerechnet hatten sie dafür alle Investitionen, die ihre Firmen in den nächsten drei Jahren in Deutschland planen. Ein dreistelliger Milliardenbetrag, so hieß es, sollte neue Investitionen dienen.
Es klang nach Aufbruch. Nach einer echten Investitionswende. Zwei Wochen später lässt eine Studie des Münchner Ifo-Instituts zumindest etwas daran zweifeln. Im Auftrag der "Stiftung Familienunternehmen und Politik" - einer Lobby-Organisation, die die Interessen der größten deutschen Familienunternehmen vertritt - hat das Ifo-Institut 1.200 Unternehmen repräsentativ befragt.
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Das Ergebnis liegt ZDFheute vorab vor. Demnach hat sich die Stimmung in der Wirtschaft seit Amtsantritt der Bundesregierung zwar leicht gebessert - nicht aber die Neigung, in Deutschland zu investieren. Studienautor Klaus Wohlrabe vom Ifo-Institut sagt zu ZDFheute:

Wir sehen keine große Investitionsoffensive. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass wir dieses Jahr noch eine große Investitionswelle sehen werden.

Klaus Wohlrabe, Ifo-Institut

Ifo-Studie: Unternehmen skeptisch bei zusätzlichen Investitionen

Gefragt, ob die Unternehmen aufgrund des Handelns der schwarz-roten Bundesregierung zusätzliche Investitionen in Deutschland tätigen würden, antworteten knapp 62 Prozent der befragten Firmen mit "Nein", 21 Prozent mit "weiß nicht". Lediglich knapp 18 Prozent planen zusätzliche Investitionen.
Über die Hälfte der befragten Unternehmen (53,8 Prozent) erwarten in den nächsten Monaten auch keine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch die neue Bundesregierung. Noch hielten sich die meisten Unternehmen daher mit Investitionsplänen zurück, sagt David Deißner, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen und Politik.

In den ersten knapp 100 Tagen hat sich die Wettbewerbsfähigkeit nicht substanziell verbessert.

David Deißner, Stiftung Familienunternehmen und Politik

Vor allem die Bürokratiekosten, so Deißner, blieben für viele Unternehmen zu hoch.
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Umfrage: Gute Noten für den Start der Bundesregierung

Mit dem Start der neuen Bundesregierung zeigen sich die Unternehmen laut Studie des Ifo-Instituts mehrheitlich dennoch zufrieden. In Schulnoten bewerten die Firmen die Bundesregierung im Schnitt mit einer Drei - 41 Prozent der befragten Unternehmen vergaben gar eine Eins oder Zwei. "Es gibt einen Vertrauensvorschuss an die neue Regierung", so Studienautor Wohlrabe vom Ifo-Institut. Immerhin 72,6 Prozent der Unternehmen geben an: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich seit Antritt der neuen Regierung etwas oder deutlich verbessert.
"Schöne Gipfelfotos allein reichen nicht aus", kritisiert Lobbyist Deißner von der Stiftung Familienunternehmen und Politik. Gefragt nach Einzelmaßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft, fordern die Unternehmen laut Studie übrigens wenig überraschend zahlreiche Entlastungen - ob bei der Stromsteuer, der Bürokratie, der Körperschaftsteuer.
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An erster Stelle aber landet in der Befragung eine steuerliche Entlastung der Arbeitskosten. Fast 90 Prozent der Unternehmen hielten dies zur Stärkung der Wirtschaft für sehr geeignet oder geeignet. Das würde auch weniger Steuern für Beschäftigte bedeuten.
Florian Neuhann leitet das ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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