Lieferkettengesetz: Anzeigen gegen Nestlé, Dallmayr und Starbucks

NGOs klagen gegen große Anbieter:Nestlé, Dallmayr und Starbucks: Kaffee durch Kinderarbeit?

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Mehrere Organisationen haben in Deutschland wegen Kinderarbeit und Ausbeutung Anzeigen gegen große Kaffeeanbieter eingereicht - Die Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück.

Gerösteter Kaffee in Bohnen liegt auf einem Tisch.

Kaffee ist eines der wichtigsten Handelsgüter weltweit. Beim Anbau kommt es laut NGOs immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen.

Quelle: dpa

Mehrere Menschenrechts- und Umweltorganisationen haben in Deutschland Anzeigen gegen die Kaffeeanbieter Nestlé, Dallmayr und den Starbucks-Betreiber Amrest wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen das Lieferkettengesetz eingereicht.

Sie berichten von "schwerwiegenden" Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferketten dieser Unternehmen auf Kaffeefarmen in Uganda, Brasilien und China, darunter Kinder- und Zwangsarbeit. Die Anzeigen gingen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Die von den NGOs kritisierten Unternehmen bestritten systematische Rechtsverstöße.

"Wir sind überzeugt, dass die Probleme ernst, systematisch und weit verbreitet sind", erklärte die Chefin der Organisation Coffee Watch, Etelle Higonnet, am Donnerstag.

Die deutschen Behörden sollten sicherstellen, dass alle Deutschen ihren morgendlichen Kaffee trinken können, ohne moderne Sklaverei, Kinderarbeit oder andere Missstände zu unterstützen.

Etelle Higonnet, Coffee Watch

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Laut Coffee Watch liefert die Neumann Kaffee Gruppe (NKG) ugandischen Kaffee an Dallmayr und an Lavazza, das wiederum Edeka und Netto, Rewe, Penny und Lekkerland, Metro und Lidl beliefere. Auf der Kaweri Coffee Plantation der NKG in Uganda berichteten demnach 28 Arbeiter und Arbeiterinnen von Kinderarbeit, sexueller Belästigung, fehlender Schutzkleidung, gefährlichen Arbeitsbedingungen und Löhnen von weniger als zwei Euro pro Tag. 

In Brasilien belegen laut Coffee Watch mehrere Berichte, darunter eine Klage vor US-Gerichten, Menschenhandel und sklavenähnliche Arbeitsbedingungen auf Farmen, die die Genossenschaft Cooxupé beliefern. Diese sei ein wichtiger Lieferant von Starbucks, Nestlé und anderen bekannten Kaffeemarken.

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Coffee Watch und die Organisation China Labor Watch berichteten auch von Kinderarbeit, Diskriminierung und Lohnabzügen auf Farmen in China, die teils nach einem Beschaffungsprogramm von Starbucks zertifiziert seien. Auch in Mexiko dokumentiere ein Bericht von Coffee Watch "weit verbreitete Arbeitsrechtsverletzungen und die systematische Ausbeutung" von Kaffeebauern. 

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Konzerne weisen die Vorwürfe zurück

Starbucks wies die Vorwürfe gegenüber dem "Spiegel" zurück. Die Behauptungen seien unbegründet. Starbucks habe sich zu einer verantwortungsvollen Beschaffung von Kaffee verpflichtet, einschließlich der Förderung der Achtung der Menschenrechte.

"Wir nehmen diese Anschuldigungen, die nicht unseren hohen Standards entsprechen, sehr ernst", erklärte Nestlé. Der Konzern betonte, er stehe "nicht direkt mit den fraglichen Farmen in Verbindung" und habe in einem Fall die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten beendet, der "unsere Standards nicht erfüllt".

Die Neumann Kaffee Gruppe teilte mit, sie habe nach Bekanntwerden der Vorwürfe "sofort eine gründliche interne Überprüfung eingeleitet". Auf der Kaweri Coffee Plantation würden die nationalen Rechtsvorschriften eingehalten.

Dennoch lassen sich vereinzelte Fälle von individuellem Fehlverhalten und nicht immer konsequent umgesetzte Prozesse im Tagesgeschäft nie ganz ausschließen.

Neumann Kaffee Gruppe

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Deutsches Lieferkettengesetz soll ersetzt werden

Die Bundesregierung hat vereinbart, das Lieferkettengesetz abzuschaffen. Es soll laut Koalitionsvertrag durch das im vergangenen Jahr verabschiedete EU-Gesetz ersetzt werden. In der Übergangszeit soll das deutsche Gesetz deutlich abgeschwächt werden. Auch das EU-Gesetz soll noch weiter gelockert werden. 

"Wer das Lieferkettengesetz schwächt, nimmt Arbeiter:innen in den Herkunftsländern vielleicht ihre einzige Chance auf Gerechtigkeit - oft betrifft das Minderjährige, die keine Stimme, keine Rechte und keine Lobby hinter sich haben", kritisierte Higonnet.

Quelle: AFP

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