Bayer-Hauptversammlung: Absturz einer früheren Konzern-"Ikone"

Hauptversammlung in Krisenzeiten:Bayer: Absturz einer früheren Konzern-"Ikone"

von Cengiz Ünal
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Die Hauptversammlung der Bayer-AG zeigt die Baustellen des Konzerns: Mögliche Kapitalerhöhung, bürokratische Hürden und die Frage der Investoren: Wie geht es weiter mit Monsanto?

Auf einem Etikett ist der Begriff "Glyphosat" zu lesen.
Die Übernahme des Pflanzenschutzherstellers Monsanto beansprucht den Bayer Konzern weiter. Klagen bezüglich des Umgangs mit Glyphosat beschäftigen auch die heutige Hauptversammlung.25.04.2025 | 1:32 min
Es dürfte für den Bayer-Vorstandschef Bill Anderson kein einfacher Termin gewesen sein. Zum zweiten Mal nach seinem Amtsantritt stellt er sich auf der Hauptversammlung den Fragen der Anteilseigner. Gleich mehrere Baustellen des Bayer-Konzerns spricht Anderson in seiner Rede an. Die Bürokratie, die hohen Schulden, und dann vor allem das Dauerthema: die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in den USA.
Zur Beilegung der Gerichtsverfahren soll das Kapital möglicherweise erhöht werden. Dafür braucht es die Zustimmung der Aktionäre. Das "würde uns wichtigen Handlungsspielraum geben, die Rechtsstreitigkeiten einzudämmen und das Kreditrating auf einem angemessenen Niveau zu halten", wirbt Anderson.
Infografik: Bayer-Aktie
Infografik: Bayer-Aktie

Monsanto-Übernahme hat Bayer Milliarden gekostet

Es war die größte Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte. 2016 unterzeichnen Bayer und der US-amerikanische Saatguthersteller Monsanto eine Fusionsvereinbarung. Bayer zahlt 66 Milliarden Dollar - die Summe verringert sich durch Schuldenabbau später etwas auf 63 Milliarden - und wird auf einen Schlag zum weltweit führenden Anbieter von Pflanzenschutzmitteln. Doch Monsanto steht in Europa wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik.
So kommt es im Laufe der Jahre zu massiven Rechtsproblemen. In den USA haben rund 180.000 Krebspatienten den Glyphosat-Hersteller verklagt, weil sie ihre Erkrankung auf den Umgang mit der Substanz zurückführen.
Die Prozesse haben Bayer viele Milliarden gekostet, vom Imageschaden ganz zu schweigen. Hinzu kommt der Absturz an der Börse. Vor zehn Jahren kostete eine Bayer-Aktie 140 Euro - heute nur noch etwa 20 Euro.
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Aktionäre kritisieren Anderson scharf

Die zahlreichen Investoren sitzen dem Bayer-Chef im Nacken und sprechen ihre Kritik an der Führung offen aus. Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka sagt:

Die Bilanz ihrer Amtszeit sieht verheerend aus.

Ingo Speich, Fondsgesellschaft Deka

Speich ergänzt: Bayer, "einst eine Ikone der deutschen Industrie, ist nur noch ein Schatten seiner selbst". Eine Lösung für die Krise, die vor allem durch die Glyphosat-Klagewelle in den USA ausgelöst wurde, sei Anderson bislang schuldig geblieben.
Glyphosat
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USA: Rechtssprechung für Glyphosat kompliziert

Für Bayer geht es erstmal darum, neue Klagen abzuwenden. Der Verkauf des Glyphosat-Produkts mit dem Handelsnamen "Roundup" wurde an US-Privatkunden gestoppt. Außerdem versucht der Konzern vor dem Supreme Court, dem höchsten Gericht in den USA, eine Lösung für alle Bundesstaaten zu finden.
Gerichte unterer Instanzen entscheiden bisher sehr unterschiedlich - mal gibt es zugunsten der Kläger zweistellige Millionensummen, mal gewinnt Bayer.
Eine einheitliche Linie in die Rechtsprechung zu bringen, dürfte schwierig sein, sagt Professorin Susanne Gössl vom Institut für Internationales Privatrecht an der Uni Bonn. "Die einzelnen Bundesstaaten haben eine höhere Macht in den USA, vergleichbar mit den verschiedenen Staaten in der EU. Außerdem sind die Entscheidungen ganz individuell von der Jury abhängig."
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Anderson: "Auf alle möglichen Entwicklungen vorbereiten"

Viele Aktionäre hatten unter einem neuen Vorstandschef auf einen Befreiungsschlag gehofft. Doch es könnte noch schlimmer kommen:

Wir kommen langsam an einen Punkt, an dem uns die Klageindustrie zwingen könnte, die Vermarktung dieses systemkritischen Produktes einzustellen.

Andersen, Bayer-Vorstandschef

Das sagt Anderson in der virtuellen Hauptversammlung. Und ergänzt: "Das wollen wir nicht, aber wir müssen uns auf alle möglichen Entwicklungen vorbereiten."

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