Krise ohne Preisschock: Warum Öl trotz Krieg nicht teurer wird
Krise ohne Preisschock:Warum Öl trotz Krieg nicht teurer wird
von Dennis Berger
|
Israel greift den Ölproduzenten Iran an, doch die Spritpreise bleiben stabil. Viele fragen sich: Warum treibt die Angst an den Märkten die Preise nicht in die Höhe?
Zwar trieb der Angriff Israels auf iranische Atomanlagen Sprit- und Heizölpreise erstmal in die Höhe. Doch inzwischen sind sie wieder stabil.
Quelle: imago images
Seit einer Woche eskaliert der Konflikt im Nahen Osten. Israel hat Iran direkt angegriffen. Die Sorge vor einem neuen Krieg mit globalen Folgen wächst. Doch an den Tankstellen bleibt die Lage ruhig.
Nur wenige Cent mehr kosten Benzin und Diesel an der Zapfsäule. Das überrascht viele.
Die gegenseitigen Angriffe zwischen Israel und Iran gehen weiter. Israelische Kampfjets griffen Raketenanlagen im Iran an. Iranische Geschosse trafen Ziele in Israel. 20.06.2025 | 1:43 min
Rohölpreis nach kurzem Anstieg wieder gefallen
Die Nachrichten aus Nahost verunsichern, doch der große Preissprung bleibt aus. Selbst Experten zeigen sich erstaunt - so auch Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC:
Wir hätten angesichts des zuletzt stark gestiegenen Rohölpreises mit etwas mehr Bewegung an den Zapfsäulen gerechnet.
„
Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC
Zwar stieg der Rohölpreis kurz nach Israels Angriff auf Iran um 13 Prozent, doch inzwischen ist er wieder gefallen. Das liegt auch daran, dass Iran für den Westen als Öllieferant kaum noch eine Rolle spielt.
Ein Öl-Schock wie nach Russlands Angriff auf die Ukraine scheint unwahrscheinlich. Iran liefert nur einen kleinen Teil des Öls, das Europa verbraucht. Zudem haben einige OPEC-Staaten ihre Produktion erhöht, was die Preise dämpft.
Die anderen OPEC-Länder könnten das durchaus auffangen, wenn Iran als Produzent wegbrechen würde.
„
Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC
Der Angriff Israels auf iranische Atomanlagen trieb Sprit- und Heizölpreise erstmal in die Höhe. Inzwischen ist er aber wieder gefallen.15.06.2025
Tanken deutlich teurer als in der Vergangenheit
Trotz der aktuellen Lage am Ölmarkt kostet ein Liter Super E10 im Schnitt 1,70 Euro. Das wirkt auf viele wie ein normaler Preis. Doch dieser Eindruck täuscht. "Wir steuern auf das viertteuerste Tankjahr aller Zeiten zu", sagt ADAC-Experte Laberer.
Zum Vergleich: Vor dem Ukraine-Krieg lag der Preis oft bei etwa 1,20 Euro. Kurz nach Kriegsausbruch schoss er auf fast 2,20 Euro. Im Vergleich dazu ist der aktuelle Preis zwar niedriger - aber immer noch deutlich teurer als früher.
Wenn man aus der Kälte kommt und es gerade so frostfrei ist, fühlt es sich wärmer an. Aber tatsächlich bleibt es kalt. Dieses Bild beschreibt das Empfinden vermeintlich günstiger Preise ganz gut.
„
Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC
Sorge vor Blockade der Straße von Hormus
Die Lage könnte sich jedoch schnell ändern. Sollte der Krieg eskalieren oder länger dauern, wären Preisanstiege kaum zu vermeiden. Besonders die Straße von Hormus sorgt für Unruhe. Diese Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman ist eine der wichtigsten Öltransportrouten der Welt.
Rund ein Fünftel des globalen Ölhandels passiert hier. Würde Iran die Route blockieren, wären Lieferprobleme programmiert.
Eine Blockade wäre jedoch auch für Iran riskant. "Damit würde Teheran nicht nur den Ölfluss anderer Länder stören, sondern sich selbst schaden", erklärt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Iran verschifft täglich rund anderthalb Millionen Barrel Öl durch die Meerenge.
Diese Einnahmen sind essentiell, um den Staatshaushalt zu finanzieren.
Das Öl-Nadelöhr der Welt: die Straße von Hormus 18.06.2025 | 1:13 min
Zudem könnte eine Blockade die Beziehungen zu wichtigen Nachbarn belasten. Saudi-Arabien, an das sich Iran gerade erst wieder annähert, wäre betroffen. Auch China, das einen großen Teil seines Öls aus der Golfregion bezieht, könnte verärgert reagieren.
Iran kann es sich kaum leisten, diese Partnerschaften zu gefährden.
„
Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank
Trump will in den nächsten zwei Wochen entscheiden, ob die USA direkt in den Krieg zwischen Israel und Iran eingreifen. ZDFheute live ordnet ein. 20.06.2025 | 37:55 min
Großer Preisschock dürfte vorerst ausbleiben
Selbst für den Fall einer Blockade gibt es wohl Alternativen. Saudi-Arabien und andere Öl-Staaten könnten ihre Lieferungen über Landrouten erhöhen. Auch Pipelines könnten helfen, Öl aus der Region zu transportieren. Das würde zwar nicht alle Ausfälle kompensieren, aber Schlimmeres verhindern.
An deutschen Tankstellen wären dann moderate Preisanstiege zu erwarten, keine plötzlichen Sprünge, meinen Experten.
Nach dem Treffen mit Irans Chefdiplomat betont Außenminister Wadephul, nun müssten "konkrete Verhandlungen" beginnen. Ziel sei es, dass Iran sein Atomprogramm endgültig beende.20.06.2025 | 7:17 min
Abwarten, aber nicht in Panik verfallen
Der Ölpreis zeigt, dass die Märkte zwar nervös, aber nicht panisch reagieren. Solange der Konflikt lokal begrenzt bleibt und die Seerouten offen bleiben, dürfte ein großer Preisschock ausbleiben.
Für Autofahrer heißt das: Gutes Timing beim Tanken bleibt entscheidend. ADAC-Experte Laberer rät:
Abends ist Tanken meist günstiger, morgens zwischen sieben und acht Uhr gibt es eine Preisspitze. Diese sollte man meiden.
„
Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC
Wer den richtigen Zeitpunkt wählt, könne im Tagesverlauf bis zu 13 Cent pro Liter sparen.