Spritpreise im Wandel: Ist Tanken nun teuer oder billig?

Analyse

Spritpreise im Wandel:Ist Tanken nun teuer oder billig?

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Die Spritpreise sinken - und sind doch hoch. Warum das so ist, was dahintersteckt und wie sich unser Gefühl dabei täuscht, zeigt ein genauer Blick auf die Fakten.

Ein Auto wird  betankt. (Symbolbild)
Im Mai 2025 kostete der Liter Super E10 im bundesweiten Monatsdurchschnitt laut ADAC 1,68 Euro pro Liter. Diesel kostete durchschnittlich 1,56 Euro pro Liter.
Quelle: picture alliance

Tanken ist derzeit so billig wie seit langem nicht mehr. Tanken ist sehr viel teurer als vor fünf oder zehn Jahren. Beide Sätze sind wahr.
Nur was ist der Sprit nun - teuer oder billig? Die Antwort ist nicht einfach, sie kommt auf die Perspektive an und wird nicht zuletzt von Gewöhnung und gefühlter Wahrheit mitbestimmt. Eine Annäherung.

Wie teuer - oder billig - ist der Sprit zurzeit?

Im Mai kostete der Liter Super E10 im bundesweiten Monatsdurchschnitt nach Daten des ADAC 1,68 Euro pro Liter. Diesel kostete 1,56 Euro. Das ist weniger als im Durchschnitt des Jahres 2024 - und deutlich weniger als in den Jahren 2023 und vor allem 2022, als wegen des Ukraine-Krieges beide Kraftstoffe zeitweise mehr als zwei Euro pro Liter kosteten.
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Ist Sprit im Moment also sehr billig?

Nicht unbedingt, denn noch 2020 fiel der Preis für einen Liter Diesel zwischenzeitlich unter einen Euro. Im Jahresschnitt waren beide Kraftstoffe damals mehr als 40 Cent billiger als jetzt im Mai. Preise wie sie aktuell an den Tankstellen stehen, wären bis zum Herbst 2021 nahe an oder sogar über den damaligen Allzeithochs gewesen und im Jahrzehnt von 2010 bis 2019 lagen die Spritpreise im Durchschnitt mehr als 20 Cent niedriger als zuletzt.

Ist der Vergleich mit Preisen von früher fair?

Ein Vergleich der Preise von heute mit denen von vor 10 oder 20 Jahren lässt die Inflation außer Acht. Schließlich sind Autos, Brot oder der Restaurantbesuch heute auch teurer als im vergangenen Jahrzehnt. Rechnet man die Spritpreise seit dem Jahr 2000 analog zur allgemeinen Preissteigerung um, die über die volle Zeitspanne mehr als 60 Prozent betrug, sieht das Bild anders aus und die aktuellen Spritpreise landen im Mittelfeld: Bei Diesel wären nach dieser Rechnung 12 der vergangenen 25 Jahre teurer gewesen als derzeit, bei Benzin 18.
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Wie kommen die Spritpreise zustande?

Um zu verstehen, warum die Preise für Sprit - anders als für viele andere Güter - stark schwanken und immer wieder auch sinken, muss man sich ihre Zusammensetzung ansehen. Grob gibt es dabei drei Blöcke:
  • Ölpreis
  • Staatliche Anteile: Energiesteuer, Mehrwertsteuer, CO2-Abgabe
  • Betriebliche Anteile der Mineralölkonzerne: z.B. Verarbeitung, Transport, Vertrieb, Gewinnmarge
Für die Schwankungen ist insbesondere der Ölpreis verantwortlich, der alleine in den letzten fünf Jahren zwischen umgerechnet weit über 100 Euro und unter 40 Euro pro Barrel (159 Liter) gelegen hat. Wie hoch genau der Anteil des Ölpreises am Liter Sprit ist, lässt sich allerdings nur überschlagen, weil aus Öl ja verschiedenste Produkte entstehen. Geht man als Annäherung nur nach dem Volumen, kommt man beim aktuellen Ölpreis auf Werte in der Dimension um 36 Cent.
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Sehr viel höher ist der Anteil des Staates - konkret Energiesteuer, Mehrwertsteuer und CO2-Abgabe. Zusammen machen sie mit rund 105 Cent bei Super und 86 Cent bei Diesel den größten Brocken aus. Mehr als die Hälfte davon ist Energiesteuer und seit dem Jahr 2003 - abgesehen von der Zeit der Spritpreisbremse 2022 - konstant. Das dämpft Preisveränderungen beim Sprit.
Die Mehrwertsteuer spielt für die Preisentwicklung kaum eine Rolle. Der CO2-Preis spielt erst seit einigen Jahren eine Rolle und er steigt. Mit 13 Cent bei Benzin und knapp 15 Cent bei Diesel ist er aber noch überschaubar.
Der Rest des Preises entfällt auf Verarbeitung, Vertrieb und die Gewinne der Mineralölkonzerne. Hier gibt es keine klaren Zahlen, es wäre aber zu erwarten, dass die Kosten hier steigen, weil auch Löhne, Energie, Transport und ähnliches teurer werden. Auch dieser Posten ist im Vergleich zu Steuern und Abgaben aber kleiner.

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Wie entwickeln sich die Preise in Zukunft?

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Rechne man die Inflation mit ein, sehe es nicht mehr ganz so dramatisch aus, sagt Laberer. "Es gäbe aber durchaus noch ein bisschen Luft nach unten beim Preis - insbesondere bei den Margen im Großhandel und bei den Raffinerien." Dort bliebe noch immer deutlich mehr Geld hängen als vor den Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg, erklärt der Experte.
Aber warum fühlt sich der Preis dann für manche trotzdem billig an? Laberer sieht hier die Gewöhnung am Werk. Schon zu Zeiten sehr viel höherer Preise hat er davor gewarnt. Manche Menschen nähmen die aktuellen Preise als relativ günstig war, "weil wir vor gar nicht allzu langer Zeit, schon sehr viel dramatischere Preise gesehen haben", analysiert er. "Man gewöhnt sich über die Zeit an die neuen Niveaus und ist dann fast schon erleichtert, wenn es statt zwei Euro nur noch 1,70 pro Liter kostet." Es ist, wie wenn man aus der Kälte in einen kühlen Raum kommt: Der fühlt sich dann auch im Vergleich warm an.
Quelle: dpa

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