Daten-Weitergabe an Dritte? Bahn wegen Navigator-App vor Gericht
Digitalverein verklagt Konzern:Daten-Missbrauch? DB wegen App vor Gericht
von Stefan Mey
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Gibt die Deutsche Bahn persönliche Daten ihrer App DB-Navigator weiter ohne dass die Nutzer sich wehren können? Ein Datenaktivist hat geklagt, nun muss der Konzern vor Gericht.
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Der Digitalaktivist padeluun vom Bielefelder Verein Digitalcourage setzt sich seit Jahren für Datenschutz ein. Aktuell legt er sich mit einem Schwergewicht an: Er verklagt die Deutsche Bahn. Seit Montag, dem 19. Mai 2025, wird der Fall vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt.
DB-Navigator-App lässt keine Wahl
Rückblick: Im Frühjahr 2022 hat der unabhängige IT-Experte Mike Kuketz auf seinem Blog eine kritische Analyse des DB Navigators veröffentlicht. "Datenschutz fällt heute aus", so das nüchterne Ergebnis. Padeluun hatte die Analyse im Herbst 2022 aufgegriffen und stellvertretend für Digitalcourage die Bahn verklagt. Die Klageschrift lässt sich online nachlesen.
Über die offizielle App der Bahn kaufen Millionen Menschen ihre Zugtickets. Aktuell kommt die Anwendung auf 35 Millionen Kundenkonten, so ein Bahnsprecher gegenüber ZDFheute.
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Was sind "erforderliche Cookies"?
Bei der Nutzung des DB Navigators hat man zwei Daten-Optionen: "Alle Cookies zulassen" und alternativ "Nur erforderliche Cookies zulassen". Was Digitalcourage stört: Auch bei der Auswahl der Minimaloption überträgt die App Daten an eine Reihe von Unternehmen. Ohne Tracking geht es nicht.
Tracking steht für die gezielte Erhebung, Sammlung und Verarbeitung von Daten - durch die jeweiligen Anbieter oder andere Unternehmen. Viele Apps haben externe Dienstleister eingebaut, die bei der Analyse von Nutzerverhalten, beim technischen Betrieb oder beim Geldverdienen helfen. Das Problem: Auch bei diesen Unternehmen landen massenhaft Nutzerdaten. Eine Schlüsselrolle beim Tracking spielen Cookies - kleine Zeichenketten, die individuell erstellt und unbemerkt auf dem eigenen Smartphone abgelegt werden. Bei jeder Nutzung der App können die Dienstleister das einmal erstellte Cookie auslesen und einen über Monate oder gar Jahre hinweg wiedererkennen.
Welche Unternehmen aktuell mit im Boot sind, können sich alle Nutzerinnen und Nutzer innerhalb der App leicht selbst anschauen (Profil → Einstellungen → Zu den Cookie-Einstellungen → Cookie-Einstellungen öffnen → im Abschnitt "Erforderlich" tippen Sie auf "Mehr Informationen"). An dieser Stelle listet der DB Navigator verschiedene "Verarbeiter im Auftrag der DB" auf. Darunter befinden sich unter anderem fünf US-Unternehmen bzw. deren Produkte: Google Ireland Limited, Adobe Analytics, Optimizely, Qualtrics und Tealium Inc.
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Wann und wohin?
Welche konkreten Informationen landen bei solchen externen Dienstleistern? Laut der Analyse von Mike Kuketz können diese beispielsweise den Tag, den Abfahrtsort und das Ziel einer geplanten Reise erfahren, den jeweiligen Bahncard-Status, das Modell des verwendeten Smartphones oder den genutzten Mobilfunkanbieter.
Die Weitergabe von Daten sollte man zumindest auf Wunsch unterbinden können, findet Digitalcourage, wie ein Sprecher des Vereins auf Anfrage von ZDFheute mitteilt: "Wir erhoffen uns eine Klarstellung, dass das Verhalten der Bahn rechtswidrig ist." Menschen sollten die Möglichkeit haben, mit der Bahn zu fahren, ohne dass ihre Daten an "Datenkraken" gehen.
Verein sieht Digitalzwang
Immerhin habe die Bahn eine besondere Verantwortung: "Ein Staatsunternehmen wie die Bahn darf so nicht vorgehen, zumal Bahnfahren ohne die App kaum noch möglich ist, weil viele Services nur per App verfügbar sind. Das macht sie für viele Menschen unverzichtbar und bedeutet Digitalzwang."
Die Deutsche Bahn selbst sieht keinen Rechtsverstoß. Im Gespräch mit ZDFheute verteidigt ein Sprecher des Unternehmens die Praxis. Man habe "sorgfältig ausgewählte und vertraglich gebundene Dienstleister beauftragt".
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Zwingend erforderlich
Deren Einbau sei wichtig für die Funktion der App und könne deshalb nicht optional sein: "Die erhobenen Daten sind von so großer Bedeutung, dass es den Navigator unmittelbar beeinträchtigen würde, könnten wir die Dienste nur nach Einholung einer Einwilligung nutzen.".
Dieses Argument lässt Digitalcourage jedoch nicht gelten, so der Sprecher des Vereins: "Wir bezweifeln, dass die Tracker für den Betrieb der App an sich notwendig sind, also für die Bereitstellung des Kernangebots wie Fahrkartenkauf, Verspätungsanzeigen etc.."
Jetzt sprechen die Gerichte
Klar ist, dass der DB-Navigator im Alltag von vielen Menschen eine Rolle spielt. Daten von Millionen Nutzerinnen und Nutzern zu verarbeiten, ist anspruchsvoll. App-Anbieter lassen sich dabei gerne von externen US-Dienstleistern helfen. Wie "erforderlich" diese tatsächlich sind, darüber wird nun ein Gericht entscheiden.
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