Neuerungen bei Hartz IV
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Seit Anfang des Jahres hat sich für Hartz-IV-Bezieher und Sozialhilfeempfänger einiges geändert. Angela Stein-Ulrich, Expertin von der Sozialberatung im Bürgerbüro Neuss, erklärt die Details.
Hartz-IV-Empfänger bekommen seit dem 1. Januar mehr Geld. Für Erwachsene gibt es ab diesem Jahr 409 Euro statt 404 Euro monatlich. Zwei Erwachsene in einer Wohnung erhalten jeweils 368 Euro. Auch für Kinder wurden die Regelsätze erhöht: Kinder zwischen sechs und 13 Jahren bekommen 291 Euro pro Monat, also 21 Euro mehr als vorher. Jugendliche ab 14 Jahren 311 Euro, also fünf Euro mehr.
Wer als Hartz-IV-Empfänger mehr oder weniger Geld bekommt als ihm eigentlich zustünde, kann einzelne Monate miteinander verrechnen lassen. Sogenannte Unterzahlungen müssen vom Jobcenter nachgezahlt, Überzahlungen ans Jobcenter zurückerstattet werden. Sie können mit laufenden Leistungen aufgerechnet werden. Ist eine endgültige Entscheidung nicht möglich, weil der Leistungsberechtigte nicht mithilft, kann die komplette Leistung gestrichen werden.
Im vergangenen Jahr haben Hartz-IV-Empfänger wieder mehr Widersprüche gegen Jobcenter-Bescheide eingelegt. Laut Bundesagentur für Arbeit gingen bei den Jobcentern im letzten Jahr fast 650.000 neue Widersprüche ein. Das waren 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Dafür sank die Zahl neuer Klagen um 1,7 Prozent auf knapp 115.000. Häufigster Klagegrund waren Auseinandersetzungen um die Wohn- und Heizkosten der Hartz-IV-Empfänger.
Zwangsverrentung und Unterhalt
Allgemein gilt, dass vorrangige Leistungen wie Rente oder BAföG erst ausgeschöpft werden sollen, bevor Hartz IV, also ALG II, gezahlt wird. Bislang wurden Hartz-IV-Empfänger meistens aufgefordert, schon mit 63 Jahren Rente zu beantragen, damit sie keine Leistungen mehr vom Jobcenter in Anspruch nehmen konnten. Sozialberaterin Angela Stein-Ulrich erklärt, was sich diesbezüglich ab 2017 ändert: „Wenn die Abschläge der Rente, die man mit 63 in Kauf nehmen müsste, niedriger sind als die Hartz-IV-Leistungen, dann muss ich keine Rente beantragen.“
Eine Unterhaltspflicht muss nun gerichtlich tituliert sein, bevor der Hartz-IV-Empfänger die Unterhaltszahlung als zusätzlichen Freibetrag von seinem Einkommen in Abzug bringen kann.
Die Betreuung der klassischen Aufstocker, die ALG I bekommen, weil sie erst seit kurzem arbeitslos sind, wurde bislang vom Jobcenter übernommen. Neuerdings ist die Betreuung, Beratung und Integration bei der Arbeitsagentur angesiedelt. „Der Grund dafür liegt darin, dass die Arbeitsagentur näher an Arbeitsmarktprogrammen ist als das Jobcenter. Dadurch sollen sich die Chancen für die Aufstocker erhöhen, wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu finden.“
Wohngeld und Rundfunkbeitrag
Zu viel ausgezahltes Wohngeld musste bislang zwar zurückgezahlt werden, aber nicht in voller Höhe. Dies ist nun aber der Fall. Dafür gibt es bei der Wohngeldstelle jetzt die Möglichkeit, Wohngeld auch rückwirkend zu beantragen.
„Außerdem hat man als Hartz-IV-Empfänger nun die Möglichkeit, sich bis zu drei Jahre rückwirkend vom Rundfunkbeitrag befreien zu lassen“, erklärt Angela Stein-Ulrich. Wer bereits gezahlt hat, obwohl er nicht musste, bekommt die gezahlten Beiträge erstattet.
Darlehen möglich
Kann eine leistungsberechtigte Person in dem Monat, in dem ihr erstmals eine Rente zufließt, bis zum Monatsende ihren Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten, kann ihr auf Antrag ein Darlehen gewährt werden. Das gilt auch in Fällen, in denen andere Einkünfte oder Sozialleistungen erst am Monatsende zufließen.
Das Darlehen wird ab dem Folgemonat mit Raten von fünf Prozent des Eckregelsatzes (dieser liegt 2017 bei 20,45 Euro) mit den laufenden Leistungen aufgerechnet. Insgesamt ist jedoch höchstens ein Betrag von 50 Prozent des Eckregelsatzes (2017: 204,50 Euro) zurückzuzahlen. „Außerdem will das Jobcenter, wenn einmalige Einnahmen vorzeitig ausgegeben wurden und der Betroffene dadurch hilfebedürftig wird, keine Leistungen mehr zahlen. Es gibt dann nur noch die Möglichkeit, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen“, konkretisiert Stein-Ulrich.
Wer schwankende Einkünfte hat, bekommt jetzt nur noch einen vorläufigen Bescheid. Dabei kann der Freibetrag von 20 Prozent zunächst einmal wegfallen, was zu finanziellen Einbußen bis zu 230,00 Euro monatlich führen kann. „Wenn es dann innerhalb eines Jahres nicht zu einer endgültigen Entscheidung kommt, wird dann auch der zustehende Freibetrag nicht mehr berücksichtigt. Deshalb rate ich Erwerbstätigen mit einem Erwerbseinkommen über 100,00 Euro, einen Antrag auf abschließende Entscheidung zu stellen, damit der Erwerbstätigenfreibetrag nicht verfällt“, so Angela Stein-Ulrich.
Pflichten, Strafen und Kontrollen
Ab sofort gilt die verschärfte Mitwirkungspflicht. „Wenn nicht zeitnah andere Sozialleistungen beantragt werden, kann die Jobcenter-Leistung solange entzogen werden, bis der Mitwirkungspflicht nachgekommen wurde“, führt die Expertin aus. Dies kann zum Beispiel bei der Beantragung von Wohngeld, Kindergeld, BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe der Fall sein. „Wird die Mitwirkungspflicht nachgeholt, werden die Leistungen auch rückwirkend gezahlt. Allerdings muss das Jobcenter auf einen drohenden Leistungsentzug vorher schriftlich hinweisen.“ Ein Bußgeld von bis zu 5000,00 Euro droht, wenn Tatsachen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig angegeben werden.
Eine positive Neuerung: Es gibt inzwischen einen Rechtsanspruch auf Beratung. „Gegenstand der Beratung sind insbesondere Obliegenheiten zur Selbsthilfe und Mitwirkungspflichten, Berechnungen von Geldleistungen und die Auswahl von Eingliederungsleistungen“, führt Angela Stein-Ulrich aus. Im Gesetz heißt es hierzu: „Art und Umfang der Beratung richten sich nach dem Beratungsbedarf der leistungsberechtigten Person.“ Außerdem müssen die Jobcenter Ausbildungswünsche stärker berücksichtigen: „Es soll keine vorschnelle Vermittlung in irgendeine Arbeit mehr geben“, so die Expertin.
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