Anzüge bei der Vierschanzentournee: Aus wegen drei Millimeter

Anzüge bei der Vierschanzentournee:Drei Millimeter und raus: Die neue Härte im Skispringen

von Lars Becker

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Der Slowene Timi Zajc wird beim Auftaktspringen der Vierschanzentournee wegen drei Millimetern Stoff disqualifiziert. Was das mit dem WM-Anzugskandal zu tun hat.

Timi Zajc (Slowenien) beim Sprung zum Auftaktspringen der 74. Vierschanzentournee am 29.12.2025 in Oberstdorf.

Hart aber korrekt: Weil das Hosenbein von Timi Zajc um drei Millimeter zu kurz war, wurde der Slowene beim Auftakt-Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf disqualifiziert.

30.12.2025 | 1:49 min

Timi Zajc nahm seine Disqualifikation nach Platz zwei beim Auftaktspringen der 74. Vierschanzentournee mit Galgenhumor. "Lasst uns den Anzug ein bisschen stretchen, vielleicht ist dann in Ga-Pa alles okay", schrieb der Weltmeister aus Slowenien bei Instagram.

Mit Ga-Pa ist das anstehende Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen gemeint. Dort wird er mit einem anderen Anzug springen müssen - der von Oberstdorf war bei der Nachkontrolle nach dem zweiten Sprung im Beinmaß um drei Millimeter zu kurz.

Domen Prevc (Slowenien) fliegt beim ersten Sprung der ersten Station der Vierschanzentournee am 29. Dezember 2025 in Oberstdorf, Deutschland.

Topfavorit Domen Prevc hat das Auftaktspringen der 74. Vierschanzentournee in Oberstdorf gewonnen. Felix Hoffmann belegte als bester Deutscher den dritten Platz, Philipp Raimund wurde Fünfter.

29.12.2025 | 2:44 min

Skisprung-Regeln: Neue Kontrollinstanz zieht harte Linie

Das klingt nach fast nichts - dennoch machte der neue Weltverbands-Chefkontrolleur Mathias Hafele alle Tournee-Hoffnungen von Zajc zunichte und bescherte dem Deutschen Felix Hoffmann nachträglich Podestplatz drei. "Regel ist Regel. Da kann man keine Ausnahmen machen“, erklärte der Österreicher.

Spätestens jetzt, nach dem fast als historisch zu bezeichnenden Exempel sollte jedem Flieger klar sein, dass es keine Toleranz bei der Regel-Auslegung mehr gibt. Auch die paar Millimeter bringen nämlich einen Vorteil im Flug: Durch ein zum Beispiel zu kurzes Beinmaß kann der Skispringer den Anzug im Schrittbereich mehr nach unten dehnen ("stretchen") und hat dadurch mehr Tragfläche zum Segeln.

Skispringen: ZDF-Experte Severin Freund.

ZDF-Skisprung-Experte Severin Freund im Gespräch mit Thomas Skulski über die Disqualifikation von Timi Zajc sowie die deutschen Hoffnungsträger Felix Hoffmann und Philipp Raimund.

30.12.2025 | 3:43 min

Freund: Im Zweifel wird disqualifiziert

ZDF-Experte Severin Freund ist sich bewusst, dass drei Millimeter die Sprungweite vielleicht nicht großartig verbessern, findet die strengere Vorgehensweise aber gut: "Dafür gibt es die Regel. Es ist ein gutes Zeichen, dass sie genau hinschauen. Im Zweifel wird disqualifiziert".

Mathias Hafele fährt eine Nulltoleranz-Politik.

ZDF-Experte Severin Freund

Genau solche Verstöße wie bei Zajc waren jahrelang unter dem alten Kontrolleur Christian Kathol weitgehend ungeahndet geblieben. Die Anzüge wurden immer größer, alles gipfelte schließlich im vergangenen Winter im Anzug-Skandal der norwegischen Skispringer bei der Heim-WM in Trondheim.

Marius Lindvik

Ein Betrugsskandal im norwegischen Männer-Team erschüttert die Skisprung-Szene. Eine Chronologie.

15.03.2025 | 4:18 min

Bei Weltmeister Marius Lindvik und Co waren steife Bänder in die Anzüge eingenäht worden, um die Tragfähigkeit in der Luft zu erhöhen - eine unglaubliche Manipulation. Und eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit und die Zukunft des Flugsports.

FIS verschärft Strafen für Materialverstöße

Die Strafen für die Betrüger waren zwar gering, aber der Welt-Skiverband FIS zog anderweitig Konsequenzen. Kontrolleur Kathol wurde durch Matthias Hafele ersetzt, einem mit allen Wassern gewaschenen Material-Experten, der selbst jahrelang Anzüge am Limit geschneidert hat. Zudem wurde ein Strafsystem mit Gelben (Disqualifikation für den Wettbewerb) und Roten Karten (Disqualifikation und Startverbot für mindestens zwei nachfolgende Springen) für Material-Mogeleien eingeführt.

Es hagelte in diesem Winter Gelbe und sogar zwei Rote Karten - und spätestens mit der Tournee-Disqualifikation von Zajc ist klar, dass auch vor Weltklassespringern und Top-Nationen nicht Halt gemacht wird.

Strengere Kontrollen sorgen für mehr Fairness

Die neue Härte wird in der Skisprung-Szene weitgehend akzeptiert - der Aufschrei nach der Disqualifikation war vergleichsweise gering. "Sie ziehen die Kontrollen durch und kontrollieren scharf. Ich zum Beispiel bin eigentlich jedes Wettkampfwochenende mindestens zwei oder dreimal in der Kontrolle. Und ich gehe davon aus, dass es bei allen anderen auch so ist. Das gibt dir als Sportler das Gefühl, wenn's bei mir passt, habe ich auch eine Chance", sagt Felix Hoffmann, als neuer Dritter von Oberstdorf Profiteur von Zajcs Aus.

Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher gehört zur Mehrheit in der Szene, die das Skispringen für so fair wie vielleicht nie zuvor hält: "Die neuen Materialkontrollen sind definitiv sehr gut und wirkungsvoll. Das Feld ist enger zusammengerückt, kleine technische Fehler haben große Auswirkungen. Auch die festgelegte Anzahl an Anzügen pro Saison bietet eine größere Chancengleichheit für alle".

Das ist sehr gut für den Sport.

Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher

Und was ist mit Domen Prevc?

An der Spitze fliegt freilich auch bei der 74. Vierschanzentournee einer weit vornweg: Skiflug-Weltrekordler und Weltmeister Domen Prevc. Ein Slowene, genau wie Timi Zajc. Als Horngacher mitten in einem Interview von dessen Disqualifikation erfuhr, entfuhr ihm: "Das ist der Falsche."

Die Aussage zielte auf den überlegenen Sieger Domen Prevc - und sollte ein Scherz sein. Aber auch daraus kann laut Hafele schnell Ernst werden: "Wenn du den Anzug an allen Punkten voll auf Limit nähst, ist die Gefahr groß, irgendwann damit durchzufallen."

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Quelle: Reuters

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Über dieses Thema berichtete das gemeinsame ARD/ZDF-Mittagsmagazin am 30.12.2025 um 12:50 Uhr in dem Beitrag "Zajic in Oberstdorf disqualifiziert".

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