French Open: Ist Altmaier mehr als ein Favoritenschreck?

Vor etwas mehr als einem Monat saß Alexander Zverev auf dem Podium der BMW Open in München und wirkte etwas nachdenklich. Er hatte kurz zuvor zwar Daniel Altmaier im Achtelfinale besiegt. Das Match aber sei sehr kompliziert gewesen, so Zverev: "Weil es gegen ihn schwierig ist, gutes Tennis zu spielen. Daniel bekommt es hin, dass Topspieler gegen ihn schlechter spielen." Zverev wollte das unbedingt als Kompliment verstanden haben.

Beim Sandplatz-Höhepunkt des Jahres nun in Paris gab Daniel Altmaier - wieder mal - eine Kostprobe eben jener Qualität. Am zweiten Tag der French Open besiegte er den Weltranglistenvierten Taylor Fritz am Ende souverän mit 7:5, 3:6, 6:3, 6:1.

Für Altmaier (Weltranglisten-66.) war es bereits der fünfte Sieg über einen Top-10-Spieler. Drei davon gelangen in Paris. 2020 besiegte er als Newcomer Matteo Berrettini und erreichte das Achtelfinale. Vor zwei Jahren rang Altmaier Jannik Sinner in der zweiten Runde nach großem Kampf nieder.

Die von Zverev angesprochene Qualität bewertete Altmaier am Montag nach dem Erfolg gewohnt nüchtern und analytisch:

Er sehe Tennis als Strategiespiel und vergleiche es mit Schach. "Mit meiner Technik kann ich mal schneller, mal langsamer spielen, genau das tun, was dem Gegner weh tut und selbst dabei etwas Energie sparen. Vor allem gegen die Topleute, die eher ein stabiles Spiel haben, kann ich das Spiel in gewisser Weise kaputtmachen."

Nach dem Sieg gegen Sinner vor zwei Jahren fehlte Altmaier die Kraft für mehr. Die Vorzeichen haben sich seitdem lang- und kurzfristig geändert. "Zu Beginn meiner Karriere war ich fitnesstechnisch schwach, sehr verletzungsanfällig, als ich in Deutschland trainiert habe und meine Basis da hatte. Ich wollte einen kompletten Umbruch. Ich wollte mehr Struktur in mein Tennisleben bekommen und einen Vollzeitcoach haben und die Fitness aufholen."

2018 brach der damals 19-Jährige seine in Deutschland vorhandenen Strukturen ab. Die Saisonvorbereitung absolvierte der Teenager in einem Tennisklub in Buenos Aires, baute sich ein argentinisches Team auf.

Seitdem hat Altmaier jede Vorbereitung in Südamerika absolviert, sich nach Auf und Abs mit seinem Team weitestgehend ohne den ganz großen Bezug zum Deutschen Tennisbund und den deutschen ATP-Turnieren langfristig in den Top 100 etabliert. In Paris hatte er sich in den vergangenen Jahren bereits kritisch über die Wildcard-Vergabe deutscher Turniere geäußert.

Durch seine stabilen Leistungen ist er aber trotz seines etwas anderen Weges fester Bestandteil im deutschen Davis-Cup-Team geworden und war Teil der stolzen Truppe, die 2024 das Halbfinale erreichte.

2023 erreichte er mit seiner sehenswerten einhändigen Rückhand und dem spin-geladenen und variationsreichen Spiel bereits kurzzeitig die Top-50, 2024 kämpfte er mitunter um den Verbleib unter den besten 100.

Mittlerweile ist Altmaier den nächsten Schritt gegangen, hat sein Team auf Top-30-Level erweitert. Neben den zwei Coaches Alberto Mancini und Martin Cuevas sowie eine Art Team-Manager, der die ganze Truppe koordiniert, beschäftigt Altmaier einen Fitnesstrainer aus Argentinien in Vollzeit. Ab der Rasensaison kommt noch ein eigener Physiotherapeut hinzu.

"Ich arbeite strukturierter an meinem Tennis, gehe geduldiger in die Punkte, weiß aber auch besser, wann ich zur Konterattacke ansetze", erklärt Altmaier, dessen Coaches ihn mit einer Vielzahl von Daten versorgen.

Kurzfristig hat er in Paris erstmal die Top-Vier-Setzung von Taylor Fritz übernommen, ohne sich physisch komplett zu verausgaben. Er trifft in Runde zwei auf den Tschechen Vit Kopriva. "Ich möchte das so demütig wie möglich angehen", sagte Altmaier, der in Paris aber zu einem sehenswerten Lauf ansetzen könnte.