Skispringen: FIS führt Rote Karten bei Regelverstößen ein

Anzug-Diskussion nach Stürzen:Wie im Fußball: Rote Karten im Skispringen

von Lars Becker
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Erst der Skandal um Anzugs-Manipulation bei der Männer-WM, zuletzt schwere Stürze bei den Frauen: Das Material bleibt das Thema im Skispringen. Warum es jetzt Rote Karten gibt.

FIS Ski jumping, Skispringen, Ski, nordisch - Nordic Summer Festival - Pierre Teyssot MAXPPP ; FIS Ski Jumping - Nordic Summer Festival -. Predazzo, Italy on September 20, 2025. Ladies Ski Jumping HS143 event ahead of Milano Cortina

Nicht zufrieden: Deutschlands Anna Hollandt beim Nordic Summer Festival in Predazzo.

Quelle: IMAGO / MAXPPP

Drei schwere Stürze und Knieverletzungen - seit der Olympia-Generalprobe von Predazzo vor gut einer Woche sind die Material-Diskussionen im Skispringen wieder heftig aufgeflammt.

Mit Weltmeisterin Alexandra Loutitt, der Österreicherin Eva Pinkelnig und Kombiniererin Haruka Kasai crashen drei Topfliegerinnen auf der Normalschanze, auf der im kommenden Februar die Goldmedaillen bei den Olympischen Winterspielen 2026 vergeben werden. Für sie ist der Olympia-Traum wohl ausgeträumt. Schnell im Fokus: Die Sprunganzüge, die noch enger geworden sind.

Warum die Sprunganzüge verändert wurden

"Dadurch erhöht sich die Fluggeschwindigkeit und es entsteht ein höherer Landedruck. Das erhöht die Verletzungsgefahr", erklärt der beim Deutschen Skiverband (DSV) für Skispringen und Nordische Kombination zuständige Horst Hüttel.

Skispringer Marius Lindvik kurz nach der Landung

Der Skandal um die manipulierten Skisprunganzüge des norwegischen Teams hält die Sportwelt in Atem. Was bisher geschah: eine Chronologie der Ereignisse.

15.03.2025 | 4:18 min

Dass die Sprunganzüge verändert wurden - sie sind im Flug aerodynamisch wegen ihrer Segel-Wirkung die wichtigste Komponente - hat etwas mit dem Material-Skandal bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften von Trondheim zu tun.

Seit dem Finaltag der dortigen Skisprung-Wettbewerbe im März brodelt es in der Flieger-Szene. Ein Video macht die Runde, das Manipulationen an den Sprunganzügen der norwegischen Gastgeber um Weltmeister Marius Lindvik mit einem eingenähten steifen Band zeigt. Der Internationale Skiverband FIS greift viel zu spät ein und zieht die Sprunganzüge des Teams ein.

Weltrekord im Skifliegen

Zum Abschluss der Skisprung-Saison knackte der Slowene Domen Prevc den Weltrekord im Skifliegen mit 254,5 Metern. Andreas Wellinger erreichte im Gesamtweltcup Skifliegen den dritten Platz.

31.03.2025 | 1:20 min

Da die Trainer und Material-Experten der Norweger alle Schuld auf sich nehmen, ist den Springern kein juristisch wasserdichtes Fehlverhalten nachzuweisen. Nach monatelanger Untersuchung können Lindvik und Co deshalb im Sommer in die Flieger-Szene zurückkehren. Das Misstrauen in der Szene ist jedoch vor der Olympia-Saison riesengroß.

Neuer Material-Kontrolleur und neue Regeln mit Roter Karte

Immerhin hat der umstrittene FIS-Materialkontrolleur Christian Kathol das Feld geräumt und wurde durch den ehemaligen österreichischen Topspringer und Materialservice-Experten Mathias Hafele ersetzt. "Mathias ist mit allen Wassern gewaschen. Wer den austricksen will, muss sehr früh aufstehen", sagt die Austria-Fluglegende Andreas Goldberger.

Zudem wurden die Messprozesse und Regeln vereinfacht und jeder Springer darf nur noch neun Sprunganzüge pro Saison (vergangene Saison waren es noch zwölf, zuvor bis zu 50) verwenden.

"Wir wollen die ehrlichen Athleten unterstützen. Es gibt keine Toleranz mehr", sagt FIS Skisprungchef Sandro Pertile und fügt hinzu: "Außerdem führen wir Gelbe und Rote Karten ein - wie im Fußball." Bedeutet konkret: Wird ein nicht regelkonformer Anzug festgestellt, gibt es Gelb und es folgt für den Flieger die Disqualifikation für den jeweiligen Wettkampf.

Beim zweiten Vergehen und der Roten Karte gibt es eine längere Sperre. "Dann ist man disqualifiziert für die restlichen Wettbewerbe des jeweiligen Wochenendes und das nächste Wochenende", so Pertile. Eine Geldstrafe ist (bisher) nicht geplant.

"Blitzer aufstellen": Greift die FIS wirklich durch?

Die Verschärfung der Sanktionen wird in der Flieger-Szene allgemein begrüßt, allerdings bleibt die Skepsis. "Man muss das Reglement knallhart durchsetzen - deshalb muss man Strafen nicht nur ankündigen, sondern auch ein paar 'Blitzer' aufstellen. Nach jedem Springen sollten die Anzüge der Top sechs an den wichtigsten drei Messstellen überprüft werden", fordert Olympiasieger Martin Schmitt.

Ansonsten sei in der Olympiasaison mit einer ähnlichen Entwicklung wie im vergangenen Winter zu rechnen, als die Sprunganzüge im Saisonverlauf vor allem im für den Flug wichtigen Schrittbereich immer größer wurden.

Tatsächlich größer werden dürfen nach einem Beschluss der FIS-Herbsttagung in der vergangenen Woche die Sprunganzüge der fliegenden Frauen. Sie dürfen nun wieder bis zu 5 Zentimeter weiter als der Körper sein. Das soll die Verletzungsgefahr verringern. Die Diskussionen ums Material wird das allerdings mit Sicherheit nicht beenden.

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Quelle: Reuters

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