Lockerung der "Blut-Regel" im Reitsport:Pferdewohl in Gefahr: Keine Kompromisse beim Tierschutz
von Hermann Valkyser
Die "No-Blood-Rule" soll die Pferde im Reitsport schützen. Die Diskussion über geplante Änderungspläne verläuft emotional - zu Recht.
Dressur-Pferd mit blutiger Lippe. (Archivbild)
Quelle: dpaWer Blut am Pferd sieht, wusste bislang - null Toleranz. Nun will die Internationale Reiterliche Vereinigung FEI mit Unterstützung des Internationalen Springreiter-Klub IJRC aus einer klaren Linie eine Grauzone machen.
Blut ja - aber nur ein bisschen. Disqualifikation? Vielleicht später. Erst mal eine Verwarnung. Es klingt nach Augenmaß, nach Differenzierung. Doch es riecht nach Relativierung. Ganz klar: Nicht jede Blutspur ist ein Zeichen von Misshandlung. Pferde können sich selbst verletzen, ein Zungenbiss ist zwar selten, aber nicht unbedingt ein Skandal. Doch genau deshalb ist die bisherige Regel so stark - sie ist eindeutig.
Gefährliches Signal
Sie schützt nicht nur die "sprachlosen Schutzbefohlenen", sondern auch den Sport vor sich selbst: vor Diskussionen, vor Auslegungen, vor Skandalen, vor dem schleichenden Verlust an Glaubwürdigkeit. Die geplante Änderung mag aus Sicht mancher Funktionäre und Reiter sinnvoll erscheinen, weil insbesondere bei jener reiterlich unverschuldeten Verletzung des Pferdes das Strafmaß als unverhältnismäßig hart erscheint.
Die "Blood Rule" bezeichnet eine Null-Toleranz-Vorgabe im Pferdesport, nach der bei frischem Blut am Pferd während eines Wettbewerbs eine sofortige Disqualifikation erfolgt.
Ziel dieser Regel ist es, das Pferd vor schmerzhaften und vermeidbaren Verletzungen zu schützen. Zudem soll sie Fairness und Transparenz im Sport sowie Sicherung des Tierschutz- und Vertrauensanspruchs im Pferdesport gewährleisten.
Zumal, wenn wie bei Olympischen Spielen kein Streichergebnis mehr erlaubt ist und damit die Medaillenhoffnungen einer ganzen Nation ein jähes Ende finden. Das gilt es in meinen Augen allerdings klaglos auszuhalten, wie dies im Dressursport ja sowieso weiter der Fall sein wird. Nicht nur, weil diese unglücklichen Verletzungsfälle recht selten sind. Sondern im Sinne eines höheren Ziels, denn die Abkehr von Null-Toleranz sendet ein gefährliches Signal.
Null-Toleranz für alle Reitsport-Disziplinen
Die Tür zu Interpretationen öffnet sich - und mit ihr die Gefahr, dass das Wohl des Pferdes nicht mehr oberste Priorität hat, sondern Teil eines Abwägungsprozesses wird; dass Leistung wieder wichtiger wird als das Lebewesen, das diese Leistung erbringt; dass man bereit ist, ethische Standards zu verhandeln - ausgerechnet in einem Sport, der auf Vertrauen zwischen Mensch und Tier basieren muss.
Martin Richenhagen, Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN, erläutert im Interview mit ZDF-Reporter Hermann Valkyser seine Einstellung zur Blut-Regel im Springreiten.
05.11.2025 | 8:27 minIm Sinne einer stringenten, nachvollziehbaren Tierschutz-Strategie liegen die Hausaufgaben für die FEI deshalb eigentlich auf der Hand: statt Aufweichung der No-Blood-Regel im Springreiten, sollte die Null-Toleranz endlich für alle Reitsport-Disziplinen gleichermaßen greifen. In der Vielseitigkeit und im Fahrsport gelten derzeit deutlich aufgeweichte Regeln in Sachen "Kein Blut".
FEI vor Richtungswahl
Wie soll der geneigte Zuschauer das noch verstehen? Sportpolitik hat viel zu tun mit Symbolpolitik. So gesehen wirken die aktuellen Änderungspläne der FEI in der momentanen Vertrauenskrise des Reitsports angesichts immer wiederkehrender verstörender Skandale von Tierquälerei umso unverständlicher. Die Öffentlichkeit denkt in Bildern, zumindest in Deutschland und vielen europäischen Nachbarländern.
Claudia Sanders, Initiatorin der Petition gegen eine Änderung der Blut-Regel im Springreiten, erläutert im Interview mit ZDF-Reporter Hermann Valkyser ihren Standpunkt.
05.11.2025 | 4:42 minJa, der Tierschutz wird weltweit leider durchaus mit anderen Standards gesehen. Diese Tatsache lässt angesichts der Ein-Land-eine-Stimme-Wahl nichts Gutes erahnen für diese Grundsatzentscheidung. Der Protest hierzulande ist aber so laut, wie die Emotionen beim Anblick von Blut hochkochen. Mit Recht. Denn wer das Pferd liebt, will keine Kompromisse beim Tierschutz. Die FEI steht vor einer Richtungswahl, die weit über eine Regel hinausgeht. Sie entscheidet, ob der Sport sich selbst treu bleibt - oder ob er beginnt, sich zu verlieren.
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