Popstar Robbie Williams äußert Sorge:Können Abnehmspritzen blind machen?
von Nils Metzger
In einem Interview macht der Musiker Robbie Williams Abnehmspritzen dafür verantwortlich, dass er schlechter sehen kann. Ist diese Sorge berechtigt und was sollten Nutzer beachten?
Die Abnehm-Produkte Wegovy und Mounjaro: Gibt es ein Risiko zu erblinden? (Symbolbild)
Quelle: dpaBoulevardmedien sind voller Berichte von Prominenten, die mit Abnehmspritzen Gewicht verloren haben. Doch der britische Musiker Robbie Williams äußert sich nun besorgt: Die Injektionen mit dem Abnehm-Präparat Mounjaro hätten seine Sehkraft spürbar verschlechtert.
In einem Interview mit der britischen Zeitung "The Sun" sagte Williams:
Ich glaube nicht, dass es das Alter ist; ich glaube, es sind die Spritzen.
Robbie Williams, Musiker
"Ich will die Leute vor diesem potenziellen Risiko warnen, damit sie ihre eigenen Nachforschungen anstellen", so Williams. Teils könne er bei Auftritten die Fans in der Menge nicht mehr richtig erkennen. Ist diese Sorge begründet und was ist der Stand der Wissenschaft?
Durch weniger Bewegung und ungesunde Ernährung ist die Zahl der stark Übergewichtigen in den letzten Jahren enorm angestiegen. Was lässt sich dagegen tun und wie kann man vorbeugen?
08.10.2025 | 1:59 minWie funktionieren Abnehmspritzen?
Die aktuell auf dem Markt erhältlichen Abnehmspritzen waren zunächst als Präparate gegen die Stoffwechselerkrankung Typ-2-Diabetes konzipiert. Enthalten sind Wirkstoffe wie Semaglutid (Produktname Wegovy), Tirzepatid (Produktname Mounjaro) oder Liraglutid (Produktname Saxenda).
Diese Botenstoffe bilden körpereigene Hormone nach, regen die Insulin-Ausschüttung im Körper an und steigern das Sättigungsgefühl. Die verschiedenen Wirkstoffe funktionieren ähnlich, binden sich aber teils an unterschiedliche Rezeptoren.
Die Folge ist ein Gewichtsverlust, der meist jedoch nur für die Dauer der kontinuierlichen Einnahme des Medikaments anhält.
Kritisch gesehen werden die hohen Kosten der Behandlung. Für den Umgang mit krankhaftem Übergewicht und einhergehenden Folgeerkrankungen sehen die meisten Experten in den Mitteln aber einen wichtigen Durchbruch.
Abnehmspritzen können das Körpergewicht und damit auch andere Gesundheitsrisiken deutlich senken. Warum übernehmen Krankenkassen die Kosten dann nur in Ausnahmefällen?
14.11.2025 | 2:33 minHaben die Wirkstoffe negative Folgen für die Sehkraft?
Grundsätzlich ist eine Verschlechterung der Sehkraft eine häufige Folge von Diabetes. Das liegt daran, dass erhöhte Blutzuckerwerte Auswirkungen auf die Blutgefäße in der Netzhaut haben können. Diabetiker sollten darum regelmäßig Kontrolltermine beim Augenarzt wahrnehmen.
Im Falle der Abnehmmedikamente ist die Sorge eine andere: Im Juli 2024 veröffentlichte die wissenschaftliche Fachzeitschrift "Jama Ophthalmology" eine Studie, die beim Wirkstoff Semaglutid ein erhöhtes Risiko für die Augenkrankheit Naion feststellte.
Dabei handelt es sich um eine nicht heilbare einseitige Erblindung. Eine weitere Studie vom April 2025 bestätigte einen Zusammenhang, gab das Risiko mit 14,5 dokumentierten Fällen pro 100.000 Anwendern aber geringer an. Wie Semaglutid in seltenen Fällen eine solche Erkrankung auslösen kann, ist bislang noch nicht eindeutig geklärt.
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) reagierte auf diese Beobachtungen und wies Hersteller am 6. Juni an, Naion in die Liste der "sehr seltenen" Nebenwirkungen (Wahrscheinlichkeit 1:10.000) aufzunehmen. Auch das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat auf seiner Webseite einen entsprechenden Hinweis.
Im Beipackzettel von Wegovy heißt es nun:
Daten aus epidemiologischen Studien deuten auf ein erhöhtes Risiko für nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (Naion) während der Behandlung mit Semaglutid hin.
Wegovy-Beipackzettel
Überwiegt der Nutzen die Risiken?
22.01.2025 | 2:02 minGibt es auch bei Tirzepatid ein erhöhtes Risiko?
Musiker Williams verwies im Interview darauf, dass er das Produkt Mounjaro nehme. In dessen Beipackzettel wird aktuell nicht auf ein Naion-Risiko hingewiesen.
Verglichen mit Semaglutid sind zu Tirzepatid bislang weniger Studien veröffentlicht und die Aufsichtsbehörde EMA hat sich in ihrer Sitzung von Juni nur mit ersterem befasst. Aber auch zu Tirzepatid gibt es aktuelle Publikationen, die auf ein mögliches Naion-Risiko hindeuten.
Hersteller Lilly schreibt auf seiner Webseite:
Naion ist keine Nebenwirkung laut der Fachinformation von Mounjaro. Lilly ist sich der Veröffentlichungen über das Risiko von Naion bei Patienten bewusst, denen Semaglutid oder Tirzepatid verschrieben wurde, und nimmt deren Ergebnisse zur Kenntnis.
Hinweis auf der Lilly-Webseite
Die Zahl der chirurgischen Eingriffe zur Gewichtsreduktion hat sich in Deutschland seit 2010 vervierfacht. Mima-Reporterin Susanna Susanka will wissen warum.
07.10.2025 | 7:31 minWas sollten Patienten nun beachten?
Die rasante Verbreitung von Abnehmspritzen führt dazu, dass regelmäßig neue medizinische Erkenntnisse auftauchen, die auch in den großen Zulassungsstudien zuvor nicht identifiziert werden konnten.
Das ist nicht ungewöhnlich für neue Medikamente - zumal es sich nach aktuellem Forschungsstand bei der Augenerkrankung Naion zwar um eine schwere, aber auch sehr seltene Nebenwirkung handelt. Einen Anlass, die Produkte vom Markt zu nehmen, sehen die Aufsichtsbehörden aktuell nicht.
Hersteller haben teils bereits auf die Studien reagiert und Hinweise angepasst. Was die Erkrankung genau auslöst und welche der konkurrierenden Wirkstoffe wie stark betroffen sind, müssen weitere Untersuchungen klären.
Ob im konkreten Fall von Robbie Williams tatsächlich Abnehmspritzen für seine schlechtere Sehleistung verantwortlich sind, kann von außen nicht beurteilt werden. Williams liegt richtig damit, dass sich Patienten beim Arzt genau über die Medikamente informieren sollten.
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