Ist die EU gut beraten, sechs weitere Staaten aufzunehmen?

Wadephul besucht Westbalkan:Ist die EU gut beraten, sechs weitere Staaten aufzunehmen?

Patricia Wiedemeyer

von Patricia Wiedemeyer

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Außenminister Wadephul bereist den Westbalkan und fordert Serbien auf, die Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg zu unterstützen - eine Voraussetzung für eine EU-Mitgliedschaft.

Johann Wadephul in Serbien

Außenminister Johann Wadephul (CDU) in Serbien.

Quelle: AP

Er sei für die Aufnahme in die EU, sagt Außenminister Johann Wadephul (CDU) und bereist sechs Staaten in zweieinhalb Tagen. Lauter Stippvisiten, einmal Shakehands, schnell ein Vieraugengespräch, eine Pressekonferenz, rein in den Flieger, ab ins nächste Land, diplomatisches Speeddating.

Es sind die immer gleichen Aussagen, die immer gleichen Mahnungen, egal ob in Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Serbien, Nordmazedonien oder im Kosovo:

Ja, wir wollen Euch aufnehmen, ihr gehört zu Europa, aber ihr müsst Reformen angehen, unsere Standards bei den Themen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Meinungs- und Versammlungsfreiheit erfüllen.

Johann Wadephul (CDU), Bundesaußenminister

Das betont der deutsche Außenminister immer wieder auf dieser Reise.

Menschen füllen die Straßen in der Nähe des Bahnhofs am ersten Jahrestag der Bahnhofskatastrophe in Novi Sad.

Ein Jahr nach dem Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad gedenken Zehntausende der Opfer. 16 Menschen starben. Seither gibt es massive Proteste gegen die Regierung.

01.11.2025 | 2:04 min

Wadephul mahnt Kritik an Russland an

Doch Fakt ist, kaum eines der sechs Länder erfüllt bisher die Aufnahmekriterien. Korruption, Drogenhandel, organisierte Kriminalität sind vielfach immer noch an der Tagesordnung. Auch die Nähe zu Russland, zum Beispiel in Serbien, ist ein großes Problem.

Die serbische Regierung müsse sich entscheiden, ob sie einen entschlossenen EU-Kurs mit der Bereitschaft fahre, sich europäischen Positionen in der Außen- und Sicherheitspolitik anzuschließen, "oder gemischte Signale sendet, die mit den Grundwerten und Politiken der Europäischen Union nicht vereinbar sind", so Wadephul in Belgrad.

The President of the European Commission Ursula von der Leyen (L) and European Council President Antonio Costa leave after a press conference during the EU-Western Balkans summit at the European Council in Brussels

Der EU-Beitritt der sechs Westbalkanländer – eine unendliche Geschichte? Wieder einmal wird in Brüssel über eine weitere Annäherung und gemeinsame Perspektive beraten.

19.12.2024 | 2:15 min

Gute Chancen für Montenegro und Albanien

Wirkliche Reformen sind vielerorts Fehlanzeige. Höchstens Montenegro und Albanien haben eine Chance, 2028 aufgenommen zu werden. Albanien ist recht weit mit den Verhandlungen und mit seinen Reformbemühungen und geht fest von einer Aufnahme aus.

Aber vielleicht nur als EU-Mitglied light, ohne Vetorecht und ohne Anspruch auf einen Kommissar. Schließlich soll die EU ja noch handlungsfähig bleiben, weitere Quertreiber wie Ungarn kann man derzeit nicht gebrauchen, so die Überlegungen in Brüssel.

Schöne Idee, doch halbe Sachen, das wollen sie hier auf dem Balkan nicht, wenn dann nur eine vollwertige EU-Mitgliedschaft, heißt es prompt aus Montenegro.

Syrien, Harasta: Johann Wadephul (M, CDU), Bundesminister des Auswärtigen, steht während seines Besuchs eines humanitären Projekts mit Raed Saleh (r), Minister für Katastrophenschutz in Syrien, in einer Straße vor während des Bürgerkriegs zerstörten Häusern. Bei seinem Besuch in Syrien zeigt sich Außenminister Wadephul erschüttert über das Ausmaß an Zerstörung.

Nach Äußerungen von Außenminister Wadephul (CDU) zu Abschiebungen nach Syrien gibt es Spannungen in der Union, die Kanzler Merz vermeiden wollte - und das nicht zum ersten Mal.

09.11.2025 | 2:53 min

Serbien: Keine klare Abgrenzung zu Russland

Ein weiteres Problem: Kann die EU nur zwei Staaten aufnehmen, das größte in der Region, Serbien, aber nicht? Auch das könnte wieder für Unruhe in der mühsam befriedeten Balkanregion sorgen.

Der serbische Außenminister Marko Duric betont in der gemeinsamen Pressekonferenz immer wieder, das Ziel Serbiens sei die Aufnahme in die EU. Doch eine klare Abgrenzung zu Russland oder Distanzierung, die erfolgt nicht.

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Außenminister Wadephul verschiebt seine für die kommenden Woche geplante China-Reise. ZDF-Korrespondent Andreas Kynast erläutert die diplomatischen Hintergründe der Absage.

25.10.2025 | 1:53 min

Noch keine Lösung in Sicht

Korruption ist in Serbien immer noch an der Tagesordnung, auch im Alltag, wenn es um einen Schulplatz für die Kinder oder einen Arzttermin geht. Vor dem Parlament gibt es immer wieder Proteste gegen die Regierung, vor allem Studenten gehen hier auf die Straße, doch sie müssen hinter den Absperrgittern bleiben.

Innen drin, direkt vor dem Gebäude, viele Zelte: Hier halten regierungstreue - angeblich von der Regierung bezahlte - Gegendemonstranten die Stellung. Und so sind es viele Willensbekundungen auf allen Seiten, komplizierte Ausgangslagen, in sechs Ländern. Eine wirkliche Lösung ist nicht in Sicht.

Johann Wadephul schüttelt dem libanesischen Premierminister Nawaf die Hand.

Nach Jordanien und Syrien hat Außenminister Wadephul den Libanon besucht. Seit 2006 überwachen dort stationierte deutsche Soldaten den Seeraum und bilden die Küstenwache aus.

31.10.2025 | 1:42 min

Warum der Balkan für Deutschland wichtig ist

Warum dann dieses vor allem deutsche Engagement auf dem Balkan? Strategisch sei es wichtig, in der derzeitigen geopolitischen Lage, die West-Balkanstaaten einzubinden, auch wenn die Risiken für die EU unübersehbar sind. Schon jetzt ist unter 27 Staaten Einigkeit nur schwer zu erreichen.

Und während also weiter verhandelt wird - seit 2002 gibt es die Option, das Versprechen von Thessaloniki, irgendwann in die EU aufgenommen zu werden - verlieren viele, vor allem junge Menschen, die Geduld. Und Russland und China bauen derweil ihren Einfluss in der Region aus.

Ein in Serbien inzwischen geflügeltes Wort: Bei einem Anruf aus der EU müssen wir ständig über Werte reden, bei einem Anruf aus China über Geschäfte - und dann bekommen wir gratis noch einen Flughafen dazu.

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