Expertenkommission berät:Bald Mindestalter für soziale Medien?
Wie sollen Kinder und Jugendliche vor den Gefahren im digitalen Raum geschützt werden? Eine Expertenkommission soll bis Sommer nächsten Jahres konkrete Vorschläge ausarbeiten.
Die Vorsitzenden der Expertenkommission Olaf Köller und Nadine Schön sowie Bundesfamilienministerin Karin Prien.
Quelle: dpaChatten, posten, zocken: Mehr als drei Stunden täglich sind 10- bis 17-Jährige durchschnittlich online, manche kommen auf bis 60 Stunden wöchentliche Bildschirmzeit. Im Netz sind Kinder und Jugendliche meist unbegleitet unterwegs, sie können mit Gewalt, Missbrauch und Extremismus in Kontakt kommen.
Jetzt will die Bundesregierung mehr Schutz in der digitalen Welt. Familienministerin Karin Prien (CDU) hat eine Expertenkommission eingesetzt, die konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten soll: "Unser Ziel ist eine digitale Umgebung, in der junge Menschen sicher aufwachsen und sich frei entfalten können."
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Handlungsbedarf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
Denn der hohe Medienkonsum hat auch gesundheitliche Folgen. Geschätzt eine Million Kinder und Jugendliche haben inzwischen ein risikoreiches Verhalten im Umgang mit sozialen Medien, bei Computerspielen ist es eine halbe Million, betont der Vorsitzende der Expertenkommission, Bildungsforscher Olaf Köller.
Wir sind aus wissenschaftlicher Perspektive an einem Punkt, wo man auf die Zahlen reagieren muss.
Olaf Köller, Vorsitzende der Expertenkommission
Auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina kam jüngst nach einer Studie zum Thema zum Schluss: "Es besteht politischer Handlungsbedarf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Umgang mit sozialen Medien."
In Australien sind soziale Medien erst ab 16 Jahren erlaubt. Auch in Deutschland nehmen die Forderungen nach einem Verbot zu, um Kinder vor den Gefahren im Netz zu schützen.
09.04.2025 | 1:31 minKonkrete Altersgrenzen sollen gefunden werden
Ein Jahr lang sollen nun 16 Expertinnen und Experten der unabhängigen Kommission eine Strategie für den Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt erarbeiten. Ein Spagat sei das, unterstreicht Familienministerin Prien, denn die digitale Welt biete Chancen auf Bildung und Teilhabe, zugleich berge sie Risiken.
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Auch Kinder und Jugendliche selbst sollten in die Arbeit der Kommission eingebunden werden, sagt die Ko-Vorsitzende der Expertenkommission und ehemalige Bundestagsabgeordnete, Nadine Schön (CDU).
Am Ende wird keine gesetzgeberische To-Do-Liste für die Bundesregierung stehen.
Nadine Schön, Ko-Vorsitzende der Expertenkommission und ehemalige Bundestagsabgeordnete
Die technische Entwicklung sei schnell, der Gesetzgeber aber langsam und es solle auch keine Vorschläge geben, die am nächsten Tag überholt seien. Familienministerin Prien erwartet von der Kommission eine breite Bestandsaufnahme mit möglichst konkreten Handlungsempfehlungen. Sie selbst würde Altersgrenzen begrüßen, wolle aber den Ergebnissen der Kommission nicht vorgreifen. Die sollen im nächsten Sommer vorliegen.
Kinder und Jugendliche hören häufig eher auf Gleichaltrige als auf die Eltern. Ein Schulprojekt in Hamburg macht sich diesen Effekt für mehr Kinderschutz am Handy zu Nutze.
22.01.2025 | 1:29 minEU spielt große Rolle bei der Regulierung
Erwartungen hat die Bundesfamilienministerin auch an die EU. Sie wünsche sich mehr Regulierung aus Brüssel. Wer am Ende allerdings überhaupt für strengere Regeln zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz sorgen kann und sollte, scheint undurchsichtig.
Wir müssen in dem Kontext auch über Verbote und wirksame Altersverifikation sprechen.
Karin Prien, Bundesfamilienministerin
Die Zuständigkeiten gleichen einem Flickenteppich. Sowohl Bund, Länder als auch die EU spielen bei den Themen Jugendschutz und Plattform-Regulierung in unterschiedlichen Abstufungen eine Rolle.
Andere EU-Staaten schon weiter
Mehrere Mitgliedstaaten hatten die EU-Kommission vor einigen Monaten aufgefordert, eine einheitliche "digitale Volljährigkeit" und verbindliche Regeln für die Altersverifikation auf Social-Media Plattformen einzuführen. Doch Brüssel spielte den Ball zurück und gab lediglich Leitlinien mit auf den Weg.
Dass auch Alleingänge möglich sind, sieht man derzeit unter anderem in Frankreich und Spanien. Frankreich hat bereits strenge Alterskontrollen für pornographische Webseiten eingeführt und diskutiert derzeit ein Verbot sozialer Netzwerke für Minderjährige. In Spanien plant die Regierung den Zugang zu den Plattformen für Kinder unter 16 Jahren ohne Erlaubnis der Eltern zu untersagen und hat ein eigenes Altersverifikationssystem auf den Weg gebracht.
- Jan Neflin, Brüssel
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