Wüst in Katar und Abu Dhabi: NRW wirbt am Golf für Investitionen
NRW wirbt um Investitionen:Buhlen um die Gunst am Golf
von Normen Odenthal
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Drei intensive Tage tourt NRW-Ministerpräsident Wüst mit Top-Leuten der heimischen Wirtschaft durch Katar und Abu Dhabi. Am Golf hängen Politik und Geschäft eng zusammen.
Hendrik Wüst (CDU) steht vor arabischen Geschätsleuten des Khalifa-Hafens. Er will die Wirtschaftsbeziehungen von NRW zu den Golfstaaten ankurbeln.
Quelle: dpa
Das offene Wort gilt in der arabischen Welt als Zeichen des Vertrauens, heißt es. Wenn das stimmt, deutet ja vielleicht wirklich einiges auf Vertrauen hin zwischen den Gesprächspartnern aus NRW und Katar.
Denn die Gastgeber aus dem Emirat am Golf kommen recht undiplomatisch zum Punkt. Er besitze ein Anwesen in Deutschland, berichtet ein katarischer Geschäftsmann. Aber um dorthin zu fliegen, müsse er immer umständlich ein Visum beantragen. "Das muss sich ändern", fordert er. Ein anderer beklagt Absatzschwierigkeiten von Waren, die er aus Deutschland importiert, von Cremes bis Süßigkeiten. Seine Kunden seien verärgert. Und das liege an der Israel- und Palästinapolitik der Bundesregierung, befindet er. Und wieder: "Das muss sich ändern."
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NRW-Delegation wird als Stellvertreter adressiert
Nun sitzt nicht die deutsche Bundesregierung am Tisch in Doha. Visavergabe, Außenpolitik: Das fällt nicht in die Kompetenz eines Ministerpräsidenten, eher in die des Bundeskanzlers, amtierend oder in spe. Und Hendrik Wüst (CDU) ist eben nicht Friedrich Merz (CDU).
Aber der Delegation aus NRW ist schnell klar, dass sie hier stellvertretend für die ganze Bundesrepublik adressiert wird. Und so verspricht Wüst dann auch, dass in Berlin jetzt vieles neu zu justieren sei. Wachstum und Wohlstand würden wieder in den Fokus rücken. "Germany is back", sagt Wüst. Es klingt wie ein Versprechen. Und im Kreise der Qatar Chamber of Commerce, einer Versammlung katarischer Geschäftsleute, kann man denn auch wohlwollendes Nicken registrieren.
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Wirtschaft: Keine Unterschriften, aber viele gute Signale
Das Gefühl, dass um ihre Gunst gebuhlt wird, ist den Katarern nicht neu. Ihr Öl, ihr Gas, ihr Geld macht sie für alle Welt attraktiv. 30 Milliarden Euro hat das Emirat schon in deutsche Unternehmen gesteckt: von Volkswagen bis RWE. In der Wüst'schen Wirtschaftsdelegation sind hochrangige Manager unterwegs, die auf weitere Investitionen hoffen.
Es wird am Ende dieser Reise zwar keine Unterschriften geben, aber "viele gute Signale", berichten die Teilnehmer. Der Ministerpräsident selbst zeigte sich auch zufrieden, denn Termine gab es auf höchster Ebene: beim Emir von Katar, dem Premierminister, entscheidenden Ministern in Abu Dhabi. Männer, die milliardenschwere strategische Entscheidungen im Alleingang treffen können. "Das sind allesamt Profis", stellt Wüst fest. "Die wissen genau, was sie tun."
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Wüst unterstreicht die Stärken von Nordrhein-Westfalen
So legen sich die Gäste aus NRW ins Zeug, stellen ihre Unternehmen vor, kurz, knapp, und überlassen es dem Ministerpräsidenten, das große Bild zu zeichnen. "NRW is the economic powerhouse of Germany", wird der nicht müde zu betonen. Mit einer Wirtschaftskraft die, wäre NRW ein Staat und nicht ein Bundesland, für Platz sechs in Europa reichen würde und für einen Platz unter den G20-Nationen weltweit. Klingt sicher nicht schlecht. Dass man die eigenen Stärken unterstreicht, die Schwächen mal kurz vergisst - nachvollziehbar wohl, wenn man Werbung in eigener Sache macht.
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Menschenrechte auf "respektvolle Weise" thematisiert
Einige Hürden sind trotzdem zu nehmen. Das Image Deutschlands hat gelitten am Golf. Die Kritik am Umgang Katars mit Homosexuellen, geäußert rund um die Fußball-WM 2022 unter anderem von der noch heute amtierenden Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), sitzt wie ein Stachel.
Hendrik Wüst sagt, er schneide in den Gesprächen das Thema Menschenrechte an, jedoch "auf respektvolle Weise, ohne den anderen vor aller Welt belehren zu wollen". Eine Reporterin aus Deutschland will vom Ministerpräsidenten wissen, inwieweit auch die Benachteiligung von Frauen zur Sprache komme. "Selbstverständlich", sagt Wüst, aber im Anschluss an die Sitzung im Chamber of Commerce wird das wohl besser nicht gewesen sein. In Wüsts Delegation ist eine Frau unter 19 Männern. Auf katarischer Seite waren es immerhin zwei.
Quelle: dpa
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