Geplante GEAS-Umsetzung: Viele kleine Verschärfungen im Asylrecht

Geplante GEAS-Umsetzung:Viele kleine Verschärfungen im Asylrecht

Jan Henrich aus der ZDF-Redaktion für Recht und Justiz
von Jan Henrich
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Die Bundesregierung hat ihren Entwurf für die Umsetzung des neuen Europäischen Asylsystems vorgelegt, fast ein Jahr vor Fristende. Einige Änderungen sorgen für Kritik.

 Lars Klingbeil (l, SPD), Bundesminister der Finanzen, sitzt neben Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu Beginn der Sitzung des Kabinetts im Bundeskanzleramt.

Das Bundeskabinett hat die Reform des EU-Asylsystems auf den Weg gebracht. Darüber hinaus sind zusätzliche Verschärfungen in der Migrationspolitik geplant.

03.09.2025 | 1:29 min

Etwa acht Jahre dauerten die Verhandlungen für das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) auf EU-Ebene. Bei dessen Umsetzung will die Bundesregierung nun aufs Tempo drücken. Etwas mehr als ein Jahr nach der Abstimmung in Brüssel legte das Kabinett der Schwarz-Roten Koalition heute ihren Gesetzesentwurf vor.

Der enthält unter anderem Verschärfungen bei Grenzverfahren und neue Möglichkeiten für Bewegungseinschränkungen. In Kraft treten sollen die meisten Änderungen erst später. Kritik von Menschenrechtsorganisationen kommt schon jetzt.

alexander-dobrindt

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich erneut für eine Verschärfung des Asylsystems ausgesprochen. „Wir wollen den Migrationsdruck auf Europa weiter verringern“, so Dobrindt.

03.09.2025 | 7:39 min

Verschärfungen in Detailfragen

Viel Bewegungsspielraum hat die Bundesregierung nicht bei der Umsetzung. Der Großteil der GEAS-Reform, die ab dem Sommer kommenden Jahres anwendbar ist, gilt unmittelbar für alle Mitgliedstaaten der EU. Es sind viele kleine Stellschrauben, an denen die Schwarz-Rote Koalition nun drehen und auch innerhalb der EU Tempo machen will.

Damit geht Deutschland in der Migrationspolitik weiter voran.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU)

Doch der im Gesetzesentwurf enthaltene Zeitplan macht deutlich: Alleingänge sind auch hier häufig nicht möglich. Die meisten Änderungen, auch auf deutscher Ebene, sollen erst mit Anwendung des GEAS im Juni 2026 Inkrafttreten.

Im Mai 2024 hatte die EU eine umfassende Reform der bestehenden europäischen Asylregeln beschlossen. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) besteht aus elf Rechtsakten, die ab Mitte 2026 vollständig anwendbar sein werden. Zum Kern der Reformen gehören:

  • Einheitliche humanitäre Standards für Asylverfahren in Europa
  • Verlagerung von Asylverfahren an die europäischen Außengrenzen
  • Solidarische Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU


Einschnitte bei Sozialleistungen für Asylbewerber möglich

Unter anderem sieht der Entwurf beschleunigte Asylverfahren bei einer Einreise an Flughäfen vor. Außerdem sollen Sozialleistungen für Asylbewerber unter bestimmten Umständen beschränkt werden. Gleichzeitig will die Bundesregierung für manche Asylbewerber den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.

Bundesländer sollen zudem künftig sogenannte "Sekundärmigrationszentren" einrichten können. Also Zentren für Schutzsuchende, für die ein anderer Staat innerhalb der EU zuständig ist oder denen in einem anderen Staat bereits Schutz gewährt wurde.

Neu ist auch die Möglichkeit, Ausländer unter engen Voraussetzungen bereits während des Asylverfahrens in Haft zu nehmen, sowie die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden einzuschränken.

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Kritik: Bewegungseinschränkung kommt Haft gleich

Gerade die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden stößt bei Menschenrechtsorganisationen auf Kritik. Grundsätzlich sieht das EU-Recht diese Möglichkeit vor. Deutschland gehe mit der getroffenen Formulierung allerdings über EU-Vorgaben hinaus, so Robert Nestler vom Verein Equal Rights Beyond Borders.

Dass die Bewegungsfreiheit nun so beschränkt werden darf, dass sich eine Person nur an einem bestimmten Ort aufhalten darf, hat das Potential, Menschen zu inhaftieren, ohne es so zu nennen.

Robert Nestler, Equal Rights Beyond Borders

Der Regierungsentwurf sieht wörtlich vor, dass bei Schutzsuchenden, die über andere EU-Staaten nach Deutschland eingereist sind, angeordnet werden kann, sich nur in ihrer Aufnahmeeinrichtung "aufzuhalten".

Jan Henrich ist ZDFheute-Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.

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