"Meine Klamotten sind keine Einladung": Petition gegen Voyeurismus

Petition gegen Voyeurismus:"Meine Klamotten sind keine Einladung!"

von Ina Baltes und Ralph Goldmann
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Die Kölnerin Yanni Gentsch hat dem NRW-Justizminister eine Petition überreicht. Sie fordert darin, dass auch ungewollte Videoaufnahmen von bekleideten Frauen strafbar sind.

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne, l) nimmt von Yanni Gentsch eine Petition entgegen.

Voyeur-Aufnahmen sollen strafbar werden, das fordert eine Betroffene mit einer Petition. Heute hat sie die über 100.000 Unterschriften an den NRW-Justizminister übergeben.

25.08.2025 | 1:49 min

Es ist Mitte Februar, als Yanni Gentsch auf einer Jogging-Runde in Köln unterwegs ist. Die Sonne scheint und die Kölnerin bemerkt den Schatten eines Radfahrers neben ihr. Als sie sieht, dass er sie von hinten filmt, bleibt sie stehen und reißt ihm das Handy aus der Hand.

NRW-Minister der Justiz Dr. Benjamin Limbach nimmt die Petition „Voyeur-Aufnahmen strafbar machen“ von Yanni Gentsch entgegen, die online bereits über 80.000 Menschen unterzeichnet haben.

Eine Kölnerin hat über 100.000 Unterschriften gesammelt, um Voyeur-Aufnahmen künftig strafbar zu machen. Heute hat sie die Petition dem nordrhein-westfälischen Justizminister übergeben.

25.08.2025 | 1:35 min

Was dann folgt, haben inzwischen mehr als 16 Millionen Menschen auf ihrem Instagram-Account gesehen. Sie zwingt den Mann, in ihrem Beisein das Video zu löschen und stellt ihn zur Rede.

Konfrontation beim Joggen

"Können Sie sich vorstellen, wie viel Mut das kostet, sich hier hinzustellen gegen einen Mann, der mir körperlich absolut überlegen wäre?", fragt die 30-Jährige und hält das Fahrrad des Mannes fest. "Es ist nichts passiert, es tut mir leid. Ich habe Ihnen doch nichts getan", stammelt der Mann in der Diskussion. Später wird klar, warum er gefilmt hat, denn Yanni Gentsch trägt eine enge Jogginghose. "Wenn Sie sich so darstellen. Warum ziehen Sie denn so eine Hose an?", fragt er. Ihre wütende Reaktion:

Meine Klamotten sind keine Einladung!

Yanni Gentsch

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Ein halbes Jahr später steht Yanni Gentsch im Justizministerium von Nordrhein-Westfalen und übergibt Minister Benjamin Limbach (Grüne) eine Petition. Mehr als 100.000 Menschen haben das Ersuchen mit dem Titel "Voyeur-Aufnahmen strafbar machen" unterschrieben. Denn eigentlich hatte Yanni Gentsch den Mann auf dem Fahrrad anzeigen wollen.

Die Polizei sagte ihr einen Tag später, es mache keinen Sinn, denn er hatte das Video nicht veröffentlicht oder weitergeleitet. Und vor allem: Die 30-Jährige war bekleidet. Heimliches Filmen ist in Deutschland aber nur verboten, wenn etwa nackte Haut zu sehen ist oder unter der Kleidung gefilmt wird.

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Gentsch fordert Gesetzesänderung

Deshalb fordert Yanni Gentsch konkret die Erweiterung des sogenannten "Upskirting"-Paragrafen 184k im Strafgesetzbuch. Dort heißt es bisher, dass auf die "Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen" eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verhängt werden kann. Wer aber beispielsweise im Freibad eine Frau im Bikini oder eine Sportlerin im Fitnessstudio filmt, hat bisher nichts zu befürchten.

Die aktuelle Gesetzeslage schützt Täter und nicht Opfer.

Yanni Gentsch

Yanni Gentsch will, dass sich das ändert. Und hat mit Minister Limbach offenbar einen ersten Unterstützer aus der Politik gefunden. Er dankte der 30-Jährigen dafür, eine wichtige rechtspolitische Debatte angestoßen zu haben. Solche Aufnahmen seien keine Bagatelle, so Limbach.

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Unser Recht muss eine klare Grenze ziehen, wenn Körperteile in sexueller Absicht heimlich oder gegen den Willen einer Person abgefilmt oder fotografiert werden.

Benjamin Limbach, Justizminister NRW

Er habe das Thema bereits zur Beratung des Strafrechtsausschusses der Justizministerkonferenz angemeldet. Seine Forderung an das Bundesjustizministerium: Es müsse einen Gesetzesvorschlag unterbreiten, "der die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch sexuell motivierte Bildaufnahmen angemessen strafrechtlich ahndet."

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Heimliches, sexuell motiviertes Filmen solle auch dann strafbar werden, wenn keine nackte Haut zu sehen ist.

Das Fotografieren des Intimbereichs muss strafbar sein, egal ob er verdeckt ist oder nicht. Keine Frau muss kenntlich machen, dass sie dort nicht fotografiert werden will.

Benjamin Limbach, Die Grünen

Wie eine Gesetzesänderung konkret aussehen könnte, ist unklar. Schwierig dürfte vor allem die Festlegung einer Strafbarkeitsgrenze werden. Was ist in welcher Situation noch zulässig, was ist verboten und damit strafbar? Wo fängt die voyeuristische Straftat an?

Man werde genau auf das Filmmaterial achten müssen, sagt Benjamin Limbach. Wenn die Kamera immer konzentriert auf den Busen oder das Gesäß gerichtet sei, sei das ein starkes Indiz dafür, dass eine sexuelle Motivation dahinterstehe.

Es wird wie immer im Strafrecht Abgrenzungsprobleme geben, die man aber lösen kann.

Benjamin Limbach, Justizminister NRW

Der Fall von Yanni Gentsch sei aber sehr eindeutig. Das erkenne man schon an der Reaktion des Mannes. Für sie selbst sei das mehr gewesen als nur ein Übergriff, sagt sie, bevor sie die Petition übergibt. Es sei für sie immer noch unbegreiflich, dass sie den Mann nicht anzeigen konnte.

Der Fall zeige deutlich, dass eine Frau einen Übergriff erleben und am Ende trotzdem ohne rechtliche Handhabe dastehen könne. Das will sie ändern.

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