Kriminalität in Deutschland:Unsicherheit ist Alltag für viele Frauen
Fast die Hälfte aller Deutschen fühlt sich nicht sicher. Das betrifft vor allem Frauen. Unsicherheit beginnt nicht erst bei Gewalt, sondern oft schon mit einem Blick, einer Geste.
Ist Deutschland ein unsicheres Land geworden? Dunja Hayali geht der Frage nach der inneren (Un-)Sicherheit nach. Ist diese ein Bauchgefühl oder hat sich in Deutschland etwas verändert?
21.08.2025 | 44:18 minZahlen des Bundeskriminalamts zeigen: Zwei Drittel aller Frauen fühlen sich nachts im öffentlichen Raum unsicher. Eine repräsentative Forsa-Umfrage von März 2025 ergibt ein noch alarmierenderes Bild: Dem "Un_Safe Spaces Report" zufolge haben 92 Prozent der 18- bis 35-jährigen Frauen bereits Belästigungen oder Übergriffe erlebt.
Fünf Frauen aus Köln, alle Mitte 20, erzählen, was ihnen im Alltag begegnet - scheinbar beiläufig, aber mit großer Wucht. Sie alle sind beruflich etabliert und sozial vernetzt - und trotzdem nie ganz entspannt, wenn sie nachts unterwegs sind. "Was wir vor allen Dingen viel erlebt haben an den Ringen (Verkehrsachse in Köln, Anm. d. Redaktion), ist halt ganz schlimm so Junggesellenabschiede", sagt Nathalie*.
Dann ist da total viel Alkohol im Spiel. Dann wird einem da hinterher gerufen.
Nathalie aus Köln über Junggesellenabschiede
Allein abends im Bus oder in der Bahn - für viele Frauen kein gutes Gefühl. Belästigung und Unsicherheit sind Alltagserfahrungen. ZDF-Reporterin Stefanie Hayn geht der Frage nach, ob separate Frauenabteile eine Lösung sein könnten.
05.06.2025 | 3:52 minUnangenehme Erlebnisse auch in der Jugend
Aber auch früher gab es Situationen, in denen sie sich nicht wohl gefühlt haben. Maren, ausgebildete Erzieherin und heute in der Familienberatung tätig, erinnert sich an Dorfpartys: "Auf den Dorfpartys wird man auch eher so an den Arsch gepackt."
Nathalie ergänzt, dass ihr in der Heimat auch schon ähnliches passiert sei: "Da wurde mir schon in den Schritt gefasst." Wenn sich die Frauen darüber beschweren, fielen Sätze wie "Ach, du kennst doch den Uwe - der ist halt so", berichten die Frauen.
Dunja Hayali begegnet in "Am Puls mit Dunja Hayali - Die Innere (Un-)Sicherheit" Menschen, die für ihre Unsicherheit ganz konkrete Gründe haben. Und sie will wissen, ob nicht mehr für unsere Sicherheit getan werden könnte. Zu sehen am 21. August um 22:15 Uhr im ZDF oder jederzeit im ZDF-Streaming-Portal.
Herkunft der Täter spielt für Frauen oft keine Rolle
Die Reaktionen im Umfeld - verständnislos, verharmlosend - zeigen, warum viele Frauen nicht über sexuelle Belästigung reden. Alexandra sagt: "Ich muss sagen, so die Altersstufe ab 50 - wenn die betrunken sind in ihren Männergruppen …" Dabei denke sie gleichzeitig, dass der Mann ihr Vater sein könne.
Auffällig ist, dass die Frauen nicht aus der Opferrolle erzählen, sondern einordnen, reflektieren und vergleichen. So auch Jana, als sie gefragt wird, ob die Herkunft oder Nationalität der Täter eine Rolle spielt: "Das ist vollkommen egal."
Eine neue Studie des BKA zeigt, dass die Gewalt gegen Frauen weiter stark zunimmt. Besonders im Fokus steht häusliche Gewalt. Es mangelt an Hilfsangeboten und Schutzeinrichtungen.
19.11.2024 | 1:49 minAngezeigte Fälle sexualisierter Gewalt gestiegen
Das Sicherheitsgefühl lässt sich statistisch nur schwer messen, da das sogenannte "Dunkelfeld" sexualisierter Gewalt groß ist. Trotzdem zeigen die jüngsten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS): Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 127.800 Fälle sexualisierter Gewalt registriert, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr (2022: 124.344) entspricht.
In Frankreich galt Gérard Depardieu jahrzehntelang als "monstre sacré", als unantastbare Schauspiel-Ikone. Doch immer mehr Frauen werfen ihm sexuelle Belästigung und sogar Vergewaltigung vor.
25.03.2025 | 44:33 minBesonders schwere Delikte wie Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung stiegen um 9,3 Prozent auf 13.320 Fälle. In den meisten Fällen waren die Tatverdächtigen männlich. Das BKA führt den Anstieg auf eine gewachsene Anzeige- und Gesprächsbereitschaft sowie auf die Rolle der Sozialen Medien zurück.
Sozialwissenschaftlerin Julia Habermann sagt, dass Frauen häufig im Zusammenhang mit Trennungen getötet werden. Zur Bekämpfung bräuchte es auch ein stärkeres Beratungsangebot.
17.03.2025 | 8:41 minSichtbarkeit nimmt durch Soziale Medien zu
Für einen Wandel in der Wahrnehmung sorge Social Media. "Ich glaube, es wird viel mehr darüber gesprochen und auch einzelne Fälle sind viel mehr durch die Sozialen Medien publik", sagt beispielsweise Birte.
* Zum Schutz der Protagonistinnen, werden die vollständigen Namen nicht genannt.
Mehr zum Thema Belästigung und Gewalt
- mit Video
Gewalt in der Geburtshilfe:"Ein Spiegel der patriarchalischen Kultur"
von Katharina Reiter Gelnhausen in Hessen:Übergriffe in Freibad: Ruf nach Konsequenzen
Studie sieht großes Dunkelfeld:Millionen erleben sexuelle Gewalt in Kindheit
- mit Video
Femizid kein Einzelfall:Mord an 14-Jähriger erschüttert Italien
Bernadette Bier, Rom