Trump trifft Putin: Worauf Ukrainer in Deutschland hoffen

Ukrainerin in Görlitz:Trump-Putin-Gipfel: "Ich habe keine Hoffnung"

Thomas Bärsch
von Thomas Bärsch
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Wie blicken Ukrainer auf das Treffen von Trump und Putin in Alaska? In Görlitz berichtet eine Psychologin, die aus ihrer Heimat fliehen musste, von ihren Erwartungen.

Ukrainer
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Victoria Sheliia aus Charkiw denkt lange nach, bevor sie die Reporterfrage beantwortet. Es ist die gleiche Frage, die die Ukrainerin in diesen Tagen so oft zu hören bekommt, die Frage, die so naheliegt: Was sich Ukrainerinnen und Ukrainer davon versprechen, wenn heute Donald Trump auf Wladimir Putin trifft. Es dauert Sekunden, dann ein Schulterzucken - und dann ein: "Gar nichts."
Victoria Sheliia arbeitete als Psychologin in Charkiw, als im Februar 2022 russische Truppen die gerade mal zehn Kilometer entfernte Grenze überschritten und von Norden her auch auf ihre Heimatstadt vorrückten. "Wohin der Stiefel eines russischen Soldaten tritt, das gehört uns", hatte Putin erst kürzlich vor applaudierendem Publikum in St. Petersburg geäußert.

Ukrainerin flüchtete aus Charkiw

Victoria Sheliia wollte es damals nicht drauf ankommen lassen, und floh mit ihren Kindern nach Westen. Erst nach Lwiw, dann über Warschau bis nach Görlitz. Ihr Mann blieb zurück. Er steuert für die Armee Aufklärungsdrohnen. Bis heute sieht er seine Familie zweimal im Jahr.
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Höchstens sechs Monate, dachte Victoria damals, würde sie in Deutschland bleiben. Dann sagte ihr Mann, dass sie anfangen müsse, im "Jetzt" zu leben und hier eine neue Heimat finden soll. Trotzdem gab Victoria den Traum einer Rückkehr bis heute nicht auf.

Kaum Hoffnungen auf Treffen in Alaska

Warum sie trotzdem kaum Hoffnungen auf das Treffen in der Nacht in Alaska setzt? "Da sitzen zwei zusammen", sagt sie, "die an Geld denken, und an die Macht. Und an die Zukunft in ihren Präsidentenstühlen."
Undenkbar für die Psychologin, dass in diesem Werte-Universum wirklich Platz ist für die kleine, aber freiheitsliebende Ukraine, die so angewiesen ist auf Hilfe von außen. Ein fast unerträglicher Gedanke: "Ich kann mir nicht vorstellen", versucht Victoria Sheliia ihn in Worte zu fassen, "dass ein anderer Mensch über mein Leben entscheidet oder über meinen Körper. Und mit dem Land ist es das gleiche."

Es geht hier um unser Land, um die Zukunft so vieler Menschen.

Victoria Sheliia, geflüchtete Psychologin aus der Ukraine

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Welle der Hilfsbereitschaft abgeebbt

Wir treffen Victoria Sheliia in Görlitz in Begleitung von Joachim Trauboth. Der 75-Jährige engagiert sich für eine deutsch-ukrainische Begegnungsstätte. Hier finden traumatisierte Ukrainerinnen Gehör, die ihr Leid in ihrer Muttersprache zum Ausdruck bringen können.
Doch Gelder sind knapp, das "Ukrainehaus" in Görlitz konnte nicht weiter finanziert werden, so kam die Begegnungsstätte bei der reformierten evangelischen Gemeinde unter.
Für Trauboth steht das fast symbolisch für die Haltung in der Bevölkerung. Die Welle der Hilfsbereitschaft, die nach dem Angriff im Februar 2022 durch das Land schwappte, sei lange abgeebbt. Im Gegenteil: Immer wieder berichten ihm Frauen, dass ihren Autos mit ukrainischen Kennzeichen die Luft aus den Reifen gelassen wurde.
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Sorge vor Verlauf des Treffens

Geflüchtet aus ihrer attackierten Heimat, gestrandet, wo sie nicht jeder willkommen heißt. Und nun eine Wende in Alaska? Auch Joachim Trauboth glaubt nicht an einen glücklichen Verlauf des Treffens, vor allem dann nicht, wenn Gebietsabtretungen tatsächlich in Rede stehen sollten. Trauboth fürchtet, dass sich die Ukraine damit zwar eine kurze Ruhepause erkaufen könnte, dass Putin dadurch aber lerne, dass sich die Aggression gelohnt habe - und mehr will. Und die Konsequenz?
"Im Augenblick", sagt Trauboth, "will keiner zurück nach Hause, alle warten ab."

Wenn dann aber ein Frieden kommt, der die Freiheit kostet - etwa in abgetretenen Gebieten, dann werden sich weitere auf den Weg nach Westen machen.

Joachim Trauboth, Initiator des "Ukrainehaus" in Görlitz

Victoria Sheliia hat der Unterhaltung gelauscht. Auch sie bekräftigt am Ende noch einmal ihre Skepsis. "Ich habe keine Hoffnungen", sagt sie entschlossen, doch dann atmet sie noch einmal tief durch, lächelt kurz, und ergänzt: "Aber vielleicht… ?" Das Ende des Satzes bleibt offen.
Thomas Bärsch ist Reporter im ZDF-Landesstudio in Sachsen.
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