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Bundesverfassungsgerichts-Urteil:Strompreisbremse: Beschwerden abgewiesen
von Christoph Schneider und Emily Weisenbach
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Die Strompreisbremse sollte Verbraucher angesichts der Energiekrise entlasten. Gewinne von alternativen Stromanbietern wurden daher abgeschöpft - rechtens, wie Karlsruhe entschied.
24. Februar 2022 - der Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine. Russland - einer der Hauptenergielieferanten Deutschlands. Schnell war man sich in der Bundesregierung einig: Man muss unabhängig von russischen Lieferungen werden.
Doch das bedeutete zweierlei: Zum einen schnell andere Energielieferanten finden und zum anderen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen von den explodierenden Energiepreisen zu entlasten.
Energieunternehmen müssen mitzahlen
Während der Geltung der Strompreisbremse sprang der Staat für die Kosten oberhalb der Preisbremse ein. Aber auch Energieunternehmen wurden zur Mitfinanzierung verpflichtet - ein Teil der Gewinne am Strommarkt wurde zwischen Dezember 2022 und Ende Juni 2023 abgeschöpft. Zurecht, wie jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden hat.
Mit dieser Abschöpfung zielte die Bundesregierung auf Überschusserlöse, die einst deutlich über den erwartbaren Gewinnen der Unternehmen lagen. Diese bestimmten sich auch nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip, heißt "Einsatzreihenfolge".
Das bedeutet, dass der Preis durch das am teuersten produzierende Kraftwerke bestimmt wird, das für die Stromerzeugung gebraucht wird. Konkret: In der Energiekrise waren die Gaskraftwerke die teuersten Erzeuger, während Strom aus erneuerbaren Energien deutlich billiger hergestellt werden konnte.
Bei dem Merit Order Prinzip werden jeweils für den nächsten Tag Angebot und Nachfrage ermittelt.
Die günstigsten Stromanbieter - das sind derzeit die Erneuerbaren Energien - dürfen zuerst einspeisen. Erst danach kommen die teuren Kraftwerke dazu, um die Nachfrage zu decken. Das Problem dabei: das teuerste Kraftwerk, das als letztes noch einspeisen darf, bestimmt den Strompreis für alle.
Die günstigsten Stromanbieter - das sind derzeit die Erneuerbaren Energien - dürfen zuerst einspeisen. Erst danach kommen die teuren Kraftwerke dazu, um die Nachfrage zu decken. Das Problem dabei: das teuerste Kraftwerk, das als letztes noch einspeisen darf, bestimmt den Strompreis für alle.
Kläger: Allein der Staat muss für Bewältigung der Krise zahlen
Diese Abschöpfung kritisierten 22 Betreiber von Anlagen für Sonnenenergie, Windkraft und Biomasse, die beim Bundesverfassungsgericht geklagt haben. Verfassungswidrig, sagten die Kläger in der mündlichen Verhandlung im September.
Nicht die Stromerzeuger seien für die Entlastung der Stromkunden zuständig, sondern allein der Staat habe die Bewältigung der Energiekrise zu schultern - folglich seien allein Steuermittel zur Finanzierung heranzuziehen, so die Kläger.
Bundesregierung: Auf Ausnahmesituation reagiert
Dagegen argumentierte die verklagte Bundesregierung, dass man auf eine Ausnahmesituation reagiert habe. Durch die Abschöpfung sollten auch die Betreiber alternativer Energien ihren Beitrag zur Beruhigung am Strommarkt leisten.
Man habe außerdem darauf geachtet, den Eingriff so gering wie möglich zu halten. Dazu sagte Philipp Steinberg aus dem Bundeswirtschaftsministerium bei der mündlichen Verhandlung:
Die Erneuerbaren haben eben keinerlei höhere Kosten gehabt. Die Sonne war nicht teurer, und der Wind war auch nicht teurer und deswegen war es eben auch wirklich gerechtfertigt, auch die Erneuerbaren abzuschöpfen.
Philipp Steinberg, Bundeswirtschaftsministerium
Auf die Spezifika dieser Ausnahmesituation weist auch das Bundesverfassungsgericht hin und sieht daher die Strompreisbremse als mit der Verfassung vereinbar.
Zwar werden Stromerzeuger durch die Erlösabschöpfung erheblich belastet - nur so ließe sich jedoch ein fairer Ausgleich zwischen begünstigten und belasteten Stromerzeugern sowie Verbrauchern und Verbraucherinnen schaffen.
Abschöpfen von Erlös laut Gericht nicht prinzipiell erlaubt
Investoren und Investorinnen in Deutschland können trotz des Urteils aufatmen: Das Gericht betont, dass eine Abschöpfung von Überschusserlösen nicht pauschal möglich sein soll. Vielmehr handele es sich um eine außergewöhnliche Störung der Wirtschaftslage, die die Abschöpfung erforderlich mache.
Kein zufriedenstellendes Urteil für die 22 klagenden Strombetreiber - sie erhalten die abgeschöpften Erlöse nicht zurück. Das sei allerdings nicht der einzige Grund für die Verfassungsbeschwerde gewesen, so Marc Wallraff, CEO von Lichtblick, einem der beteiligten Unternehmen.
Uns ging es bei diesem Verfahren nicht ums Geld, sondern um die Klarheit. Die haben wir jetzt.
Marc Wallraff, CEO Lichtblick
Mit dem Urteil habe man nun zumindest Rechtsklarheit.
Christoph Schneider und Emily Weisenbach arbeiten in der Fachredaktion Recht & Justiz.