Bahnchef Lutz muss seinen Posten räumen

Wechsel an der Konzernspitze:Bahnchef Lutz muss seinen Posten räumen

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Nach acht Jahren an der Spitze des Konzerns soll Bahnchef Richard Lutz seinen Posten räumen. Bis die Nachfolge geregelt ist, soll er im Amt bleiben.

Richard Lutz Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bahn AG. (Archiv)
Bahnchef Lutz soll zu Ex-Verkehrsminister Wissing ein besseres Verhältnis gehabt haben als zu dessen Nachfolger Schnieder (Archivfoto).
Quelle: ddp

Die Bundesregierung zieht bei der Bahn die Notbremse und löst den Vertrag mit dem langjährigen Konzernchef Richard Lutz vorzeitig auf. Es sei Zeit für eine Neuaufstellung - sowohl strukturell als auch personell, sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder am Donnerstag nach Gesprächen mit Bahn-Aufsichtsratschef Werner Gatzer und Lutz selbst.
Man habe sich darauf geeinigt, den noch bis 2027 laufenden Vertrag des Bahnchefs vorzeitig einvernehmlich zu beenden, teilte Schnieder mit. Lutz bleibe im Amt, bis seine Nachfolge geregelt sei. Er ist seit März 2017 Vorstandschef und war zuvor sieben Jahre Finanzvorstand.
ZDF-Wirtschaftsexperte Frank Bethmann
Bahnchef Richard Lutz muss vorzeitig gehen. Verkehrsminister Schnieder äußert sich dazu in einer Pressekonferenz. ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann zu den Hintergründen.14.08.2025 | 1:22 min

Marode Infrastruktur, rote Zahlen

Der Bahnchef gilt schon seit Monaten als angezählt - zu groß ist die wirtschaftliche und betriebliche Krise, in der die Bahn seit Jahren steckt. Unter seiner Führung schlitterte die Bahn von einer Negativ-Schlagzeile zur nächsten, immer wieder forderten politische Entscheidungsträger auch die Zerschlagung des Konzerns.
Vor allem die marode und kaputt gefahrene Infrastruktur macht große Probleme. Die Pünktlichkeit im Fernverkehr stürzte von 78,5 Prozent im Jahr 2017 auf 62,5 Prozent im vergangenen Jahr ab. Deutliche Verbesserungen sind bislang nicht in Sicht. Auch wirtschaftlich ist die Bahn in Schieflage - seit Jahren schreibt der bundeseigene Konzern rote Zahlen.
Auf die Frage, ob er persönlich dafür verantwortlich sei, verwies Lutz Ende Juli in einem ZDF-Interview auf jahrzehntelange "Unterfinanzierung".

Wenn ich das Problem wäre, dann kann man das sicherlich schnell und einfach und sicher auch kostengünstiger lösen als das, was wir eigentlich haben.

Richard Lutz im ZDF

Er fuhr fort: "Wir haben eine Krise in der Infrastruktur, weil sie einfach zu alt und zu störanfällig ist und an vielen Stellen auch jenseits der Belastungsgrenze."
SGS Hayali Lutz
Was man über Jahrzehnte versäumt habe, das könne man nicht in wenigen Jahren aufholen, sagt Bahnchef Lutz. Er hoffe, am Jahresende eine "schwarze Null" vorweisen zu können. 31.07.2025 | 6:32 min

Lutz schob Sanierungskonzept an

Um die Probleme grundlegend anzugehen, legte Lutz 2024 ein Sanierungskonzept auf, mit dem in drei Jahren die Infrastruktur, der Bahnbetrieb und die Wirtschaftlichkeit der Bahn verbessert werden soll. Unter anderem sollen Tausende Stellen eingespart werden. Die Infrastruktur soll vor allem mit rund 40 Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken wieder fit gemacht werden. Derzeit wird auf der Strecke Hamburg-Berlin gebaut.
Das Konzept sieht stets eine Vollsperrung der Strecke für mehrere Monate vor, um in dieser Zeit möglichst grundlegend sanieren zu können. Danach sollen es auf den Strecken deutlich weniger Störungen und über mehrere Jahre keine weiteren Baustellen geben.
Generalsanierung: Wo die Bahn wann baut

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Regierung will Neuaufstellung

Die neue Bundesregierung hatte bereits in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem eine Neuaufstellung des Aufsichtsrats und des Bahn-Vorstands angekündigt. Schnieder sagte:

Die Lage bei der Bahn ist dramatisch.

Patrick Schnieder, Bundesverkehrsminister

Der Minister will am 22. September Eckpunkte für eine Bahn-Reform vorlegen. "Ich habe immer gesagt: erst die Strategie, dann das Personal", betonte der CDU-Politiker. "Unser Konzept steht in den Grundzügen, jetzt gilt es, die passende Person zu finden, die es umsetzt." Für diesen Auswahlprozess gelte "Gründlichkeit und Sorgfalt vor Schnelligkeit".
Patrick Schnieder  CDU | Bundesminister für Verkehr
Man habe sich "im Koalitionsvertrag" vorgenommen "das Gesamtsystem Bahn" zu betrachten und "neu aufstellen". Es brauche "Veränderung", so Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, CDU.05.08.2025 | 9:04 min

Probleme haben schon längeren Vorlauf

Für die Misere ist Lutz - natürlich - nicht allein verantwortlich. Auch seine Vorgänger agierten im Zusammenspiel mit den jeweiligen Verkehrsministern nur wenig erfolgreich. Die Probleme mit der Infrastruktur liegen auch daran, dass über Jahrzehnte zu wenig in Sanierung und Instandhaltung investiert wurde - vom Neu- und Ausbau ganz zu schweigen.
Mit Ex-Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und der Ampel-Regierung schien Lutz ein gutes Verhältnis aufgebaut zu haben, beim Generalsanierungsprogramm für die Infrastruktur zogen beide am gleichen Strang. Gleich nach dem Regierungswechsel begannen dagegen die Spekulationen, dass Lutz unter dem neuen Verkehrsminister Schnieder wohl nicht mehr lange Bahnchef bleiben wird.
he logo of the Deutsche Bahn reflects in the glass surface of a building at Berlin Central Station in Berlin
Verluste und Verspätungen – die Deutsche Bahn schreibt weiter rote Zahlen, die Bilanz für 2024 ist ernüchternd. Die marode Infrastruktur und Baustellen zerschießen die Fahrpläne.27.03.2025 | 1:29 min
Der Manager ging zunehmend auf Konfrontationskurs. Trotz zusätzlicher Milliarden-Zusagen vom Bund warnte er davor, dass die Mittel nicht reichten, um die Bahn wirklich zukunftsfest zu machen. Zudem verwies er auf die mangelnde Förderung zum Ausgleich von Trassenpreisen, einer Art Schienenmaut. Wenn der Bund diese nicht erhöhe, müsse die Bahn auch über eine Reduzierung des Angebots im Fernverkehr nachdenken. Kritiker sahen darin eine Drohung.
Quelle: dpa, Reuters

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