Bahn: Wen die Streckensperrung Berlin-Hamburg besonders trifft
Generalsanierung Berlin-Hamburg:Wen die Bahn-Streckensperrung besonders trifft
von Jan Meier
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Seit Freitag ist die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin gesperrt. Der Regionalzugverkehr kommt fast völlig zum Erliegen. Das belastet Pendler, denn Ersatzbusse brauchen lange.
Wenn die Bahnstrecke stillliegt, muss auf Busse umgestiegen werden. Für viele Pendler zwischen Hamburg und Berlin dürfte das in den kommenden neun Monaten zum Alltag werden.
Quelle: dpa
Noch hängen nicht an allen Haltestellen Fahrpläne aus. "Das sind Anfangsprobleme", beschwichtigt Michael Bader, Geschäftsführer von ecoVista. Die Holding von mehreren mittelständischen Verkehrsunternehmen hat die europaweite Ausschreibung für den umfangreichsten Schienenersatzverkehr der Deutschen Bahn gewonnen.
170 Busse sind im Einsatz. Die pinkfarbenen Fahrzeuge verkehren auf 28 Linien und legen pro Tag insgesamt bis zu 86.000 Kilometer zurück. Die Abfahrts- und Ankunftszeiten sind in der Reiseauskunft auf bahn.de, in der App DB Navigator oder den Apps der Verkehrsverbünde hinterlegt, versichert Bader.
Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin wird für neun Monate für eine Generalsanierung gesperrt. Die Umleitung dauert gut 45 Minuten länger, besonders ärgerlich für Pendler.01.08.2025 | 1:43 min
Vorbereitungen für Streckensanierung laufen
Die Bahn zeigte sich bei einem Pressetermin in Wustermark mit dem Auftakt zufrieden. "Die Bauteams haben pünktlich damit begonnen, die Oberleitung abzuschalten und zu erden", so Konzernsprecherin Anja Bröker.
Die Stellwerke sind außer Betrieb, Kabel und Weichenantriebe werden demontiert. Bauzüge bringen tonnenweise Schienen, Schwellen und Schotter von den etwa 130 Baustellenflächen entlang der Strecke an die Orte, wo das Material benötigt wird.
Fernreisende in Hamburg sehen die Sperrung gelassen. Alper etwa sieht die Notwendigkeit ein: "Da müssen wir durch". Auch Steffen sieht keinen anderen Weg: "Wenn nicht jetzt, dann müssen wir es später ertragen."
Der ICE zwischen Hamburg und Berlin fährt zwar weiter, aber die Fernzüge werden über Stendal und Uelzen umgeleitet, brauchen eine Dreiviertelstunde länger. Und die Zahl der täglichen Verbindungen reduziert sich.
Was Fahrgäste bei der Streckensperrung erwartet, erklärt ZDF-Korrespondent Bernd Mosebach.01.08.2025 | 1:02 min
Pendler besonders von Streckensperrung betroffen
Bislang waren täglich zwischen den beiden größten deutschen Städten 230 Züge mit bis zu 30.000 Fahrgästen unterwegs. Über zwei Milliarden Euro investiert die Bahn. 40 weitere Strecken werden im nächsten Jahrzehnt modernisiert. Für Ulrich Lange, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, geht es um viel:
Wir stehen in der Bahninfrastruktur vor einem Jahrzehnt der Sanierungen, mit jeder Sanierung werden wir vom Negativgesprächsthema hoffentlich zum Positivgesprächsthema.
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Ulrich Lange, Bundesverkehrsministerium
Die stark frequentierte Strecke soll nach der Sanierung etwas schneller und zuverlässiger werden.
Die Verluste der Bahn sind im ersten Halbjahr zwar zurückgegangen, doch bei der Zuverlässigkeit gibt es weiter große Defizite. Das marode Netz wird nur langsam saniert.31.07.2025 | 1:51 min
Doch vorerst sind auch Urlauber eingeschränkt, denn die Mitnahme von Fahrrädern in den Bussen ist stark eingeschränkt. Aber vor allem für Pendler werden die neun Monate zum Stresstest.
Wittenberge komplett vom Zugverkehr abgeschnitten
Auch der Hauptbahnhof im brandenburgischen Wittenberge wird umgebaut. Er bekommt ein zusätzliches Gleis und soll von einer besseren Taktung profitieren. Bis dahin ist Wittenberge komplett vom Bahnverkehr abgeschnitten. Hier trifft es die Passagiere besonders hart.
Diana ist eine von ihnen, beklagt höhere Preise und hofft, dass ihr Arbeitgeber vermehrt Homeoffice erlaubt. Ähnlich geht es Lena, die abends viel fährt und sich über Verspätungen und Zugausfälle ärgert. Oder auch Nina, die im Schichtsystem arbeitet, keine Möglichkeit des Homeoffice hat und sich auf stressige Monate vorbereitet.
Ab morgen ist die Strecke zwischen Hamburg und Berlin gesperrt - neun Monate lang. Worum es bei der Generalsanierung geht und welche Folgen die Sperrung hat - ein Überblick.
von Katia Rathsfeld
FAQ
Krankenhaus muss Shuttleservice organisieren
Auch das Kreiskrankenhaus in Perleberg ist betroffen. Die Klinik muss für seine Ärzte, die in Berlin wohnen, einen Shuttleservice organisieren. Der bringt neun Mediziner mit dem Auto zum nächsten ICE-Bahnhof in Sachsen-Anhalt. Geschäftsführer Karsten Krüger hatte den Aufwand unterschätzt:
Wir mussten erstmal zwei Mitarbeiter befähigen, so einen Transporter zu fahren und dann mussten wir auch Fahrzeuge anschaffen.
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Karsten Krüger, Kreiskrankenhaus Perleberg
Zudem habe man dafür sorgen müssen, dass die Dienstsysteme auf die Abfahrzeiten in Stendal angepasst werden, so Krüger.
Mit rund einer halben Million Fahrgästen pro Tag ist der Hamburger Hauptbahnhof der am stärksten frequentierte Bahnhof Deutschlands. Wie tickt so ein großer Bahnhof?29.07.2025 | 6:05 min
Dauer der Fahrten dürfte sich deutlich verlängern
Für Chirurgin Roxana Ganescu verdoppelt sich der tägliche Weg von und zur Arbeit auf insgesamt über drei Stunden. Um 5:47 Uhr steigt sie in Berlin-Spandau in den ICE. Um 7:45 Uhr trifft der Shuttle aus Stendal in ihrer Klinik ein. Für Wochenenddienste wird sie wohl ganz aufs Auto umsteigen. Wie sie die Belastung neun Monate durchhält, weiß sie noch nicht.
"Ich werde möglichst viel Urlaub und Fortbildungsveranstaltungen in diese Zeit legen", hofft die Medizinerin. Schon jetzt kann sie das Ende der Streckensperrung im April nächsten Jahres kaum abwarten.
Jan Meier ist Reporter im ZDF-Landesstudio Brandenburg.