Experten zu Anschlägen: "Bahn ist ein besonders attraktives Ziel"

Experten zu Brandanschlägen:"Die Bahn ist ein besonders attraktives Ziel"

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Gleich zweimal wurde in den vergangenen Tagen ein Brandanschlag auf wichtige Bahnstrecken verübt. Zwei Experten erklären, warum und was zum Schutz künftig getan werden müsste.

Brandanschlag auf wichtige Bahnstrecke
Mitarbeiter der Deutschen Bahn reparieren Kabel an der Stelle, wo der zweite Brandanschlag festgestellt wurde.
Quelle: dpa/Christoph Reichwein

Auf eine wichtige Bahnstrecke zwischen Düsseldorf und Duisburg wurde ein zweiter Brandanschlag verübt. Schon am Donnerstag war ein Brandsatz gleicher Machart entdeckt worden. Global betrachtet sei zu erkennen, dass es in Deutschland die meisten Angriffe auf Eisenbahnstrecken und Infrastrukturen gebe, erklärt Bahnexperte Prof. Lukas Iffländer.
Warum gerade die Bahn immer wieder Ziel für Aktivisten ist, erläutert Bahnexperte Prof. Lukas Iffländer im Interview mit ZDFheute live.
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Bahnexperten Prof. Lukas Iffländer.
Das Schienennetz sei nicht vollständig gegen Angriffe zu schützen, so Bahnexperte Iffländer. Auch seien Bahn und Staat nicht bereit, in zusätzliche Sicherheit zu investieren.01.08.2025 | 9:21 min

Warum die Bahn ein leichtes Ziel ist

Generell gebe es nur wenige Schutzmaßnahmen gegen Angriffe auf das Bahnnetz, sagt Iffländer Es sei nicht realistisch, "ein paar 10.000 Kilometer Bahnnetz permanent mit Drohnen" zu überwachen.

Man wird sich auch nicht absolut dagegen schützen können.

Prof. Lukas Iffländer, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden

Die Deutsche Bahn sei "ein besonders attraktives Ziel". Auch deshalb, weil der Zugverkehr derzeit besonders verwundbar sei. An einigen Stellen wird dieser bereits umgeleitet: zum Beispiel auf der Strecke zwischen Berlin und Hamburg. Das habe zur Folge, dass Alternativen derzeit nicht verfügbar sind, so der Experte. Die Bahn sei dafür zu stark mit Sanierungen beschäftigt.
Reisende warten am Hauptbahnhof Duisburg.
Nach der Reparatur auf der gesperrten Bahnstrecke Duisburg-Düsseldorf entdeckten Bahn-Mitarbeiter einen neuen Brandschaden. Der Staatsschutz ermittelt wegen Sabotage.01.08.2025 | 0:19 min
Es sei zu vermuten, dass die Saboteure sich auch deshalb dieses Ziel ausgesucht haben. Auf der linksextremistischen Online-Plattform "Indymedia" hat sich das selbst ernannte "Kommando Angry Birds" zu den Angriffen auf das Schienennetz bekannt. Die Polizei prüft derzeit die Echtheit des Bekennerschreibens.

Welches Motiv haben die Anschläge?

Welches Motiv hinter den Anschlägen stecken könnte, erklärt Extremismusforscher Prof. Hendrik Hansen von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.
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Extremismusforscher Prof. Hendrik Hansen.
Die Bahn sei auch Ziel der Aktivisten, weil sie aus ihrer Sicht die Natur angreift und Waffenlieferungen ermöglicht, so Extremismusforscher Prof. Hansen.01.08.2025 | 18:29 min
Ideologische Grundlage solcher Anschläge sei demnach die Überzeugung, dass die gesamte industrielle Gesellschaft überwunden werden müsse.

Diese Gruppierungen wollen die Industrie insgesamt angreifen.

Prof. Hendrik Hansen, Extremismusforscher

Linksextremen Gruppen wie dem "Kommando Angry Birds" genüge es nicht, den Kapitalismus zu verändern. Eine Revolution, die Kapitalismus in irgendeine Form von Sozialismus überführt, würde nicht angestrebt. "Die Kernidee ist der Angriff auf das technologische und industrielle System," so Hansen.
SGS Hayali Lutz
Was man über Jahrzehnte versäumt habe, das könne man nicht in wenigen Jahren aufholen, sagte Bahnchef Lutz bereits am Donnerstag mit Blick auf die Infrastruktur. Zu der gehört auch die Sicherheit von Bahnstrecken.31.07.2025 | 6:32 min

Anschlage als sicherheitspolitische Herausforderung

Seiner Ansicht nach, müssten die Nachrichtendienste gut ausgestatten werden, um solche Anschläge in Zukunft zu verhindern. Ausländische Nachrichtendienste - beispielsweise die britischen oder US-amerikanischen - hätten ganz andere Möglichkeiten in der Überwachung von Internet und Kommunikation, erklärt der Experte. Software wie Palantir könne demnach eine Möglichkeit sein. Gleichzeitig müsse Europa "deutlich unabhängiger" werden von der Zulieferung amerikanischer Diensten.
Dass die deutschen Bahnstrecken besser geschützt werden müssen, sieht auch Bahnexperte Lukas Iffländer so. Andere Staaten könnten dort ein Vorbild sein. Die Schweiz sei schon "vollständig auf das europäische Zug-Sicherungssystem, ETCS" umgestiegen, Norwegen rüste auf und auch Österreich gebe das drei- bis fünffache pro Kopf für die Schieneninfrastruktur aus. Die Expertise sei vorhanden, aber:

Wenn man denen nicht die Mittel gibt, wenn man denen nicht das Personal gibt und am Schluss auch nicht das Geld gibt, dann können die halt auch nichts ausrichten.

Prof. Lukas Iffländer, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden

Die Interviews führte ZDFheute live-Moderator Christian Hoch. Zusammengefasst hat sie ZDFheute live-Redakteurin Merit Tschurer.

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