Holocaust-Mahnmal Berlin: Prozess nach Messerangriff gestartet

Ermittler sehen islamistisches Motiv:Prozess nach Messerattacke am Holocaust-Mahnmal begonnen

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Nach der Messerattacke auf einen Touristen am Holocaust-Mahnmal steht ein 19-Jähriger in Berlin vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft sieht ein islamistisch-antisemitisches Motiv.

Der Angeklagte Wassim Al M. sitzt zu Prozessbeginn im Saal des Kriminalgerichts Moabit.

Der Prozess gegen einen 19-Jährigen, der im Februar am Holocaust-Mahnmal in Berlin einen Touristen angegriffen haben soll, beginnt. Ihm wird versuchter Mord vorgeworfen.

20.11.2025 | 0:23 min

Er wollte Juden töten. Davon ist die Bundesanwaltschaft im Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter vom Holocaust-Mahnmal in Berlin überzeugt. Neun Monate nach der beinahe tödlichen Messerattacke auf einen spanischen Besucher der Gedenkstätte unweit des Brandenburger Tors sitzt der 19-jährige Syrer in Berlin auf der Anklagebank.

Die Bundesanwaltschaft geht von einer radikal-islamistisch und antisemitisch motivierten Tat aus. Sie wirft dem 19-Jährigen versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und versuchte Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Am 21. Februar soll der Angeklagte aus Sachsen in die Hauptstadt gefahren sein, um im Namen des "Islamischen Staats" (IS) den Angriff zu verüben.

Das Holocaust-Mahnmal wird von der Polizei als Tatort abgesperrt, Berlin, Deutschland, 22. Februar 2025. Ein Mann wurde schwer verletzt, nachdem er am 21. Februar abends in der Nähe des Holocaust-Mahnmals in Berlin mit einem spitzen Gegenstand niedergestochen wurde.

Ermittler gehen nach der Vernehmung des festgenommenen 19-jährigen Syrers von einem antisemitischen Motiv aus. Eine Notoperation rettet das Leben des schwer verletzten Opfers.

22.02.2025 | 1:57 min

Oberstaatsanwalt: Angeklagter sah "religiösen Auftrag" für Tat

Die Tatwaffe - ein Messer mit einer 16 Zentimeter langen Klinge - soll sich Wassim Al M. im Internet beschafft haben. Ziel war, so die Anklage, "damit das Leben eines ihm unbekannten Tatopfers, nach Möglichkeit jüdischer Glaubenszugehörigkeit, als Repräsentanten der von ihm abgelehnten freiheitlichen Gesellschaft auszulöschen", so Staatsanwältin Katrin Fischer bei der Verlesung der Anklage.

Kurz vor der Tat habe der 19-Jährige über einen Messengerdienst ein Foto von sich an Mitglieder des IS übersandt und sich als Mitglied angedient. In der Tat habe er eine "Art religiösen Auftrag" gesehen, so Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus am Rande des Prozesses. Spätestens seit 2024 habe sich Wassim Al M. radikalisiert.

Laut Anklage wählte der Angeklagte das Holocaust-Mahnmal als Tatort, weil er davon ausging, dort "mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Menschen jüdischen Glaubens" zu treffen.

"Zahl antisemitischer Vorfälle um ein Vielfaches gestiegen"

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30.09.2025 | 30:09 min

Angriff im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals

Im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals griff er dann laut Anklage den Berlin-Besucher gegen 18 Uhr von hinten an. Dabei habe der 19-Jährige dem Opfer einen 14 Zentimeter langen Schnitt an der Kehle zugefügt. Außerdem erlitt der inzwischen 31-Jährige eine mehr als sechs Zentimeter lange Stichverletzung im Gesicht und eine weitere am Finger.

Nach der Tat soll der Angreifer "Allahu Akbar" (auf Deutsch etwa "Gott ist groß") gerufen haben. Der 19-Jährige zweifelte laut Anklage nicht daran, "alles zur Tötung seines Opfers Erforderliche" getan zu haben und ging demnach davon aus, dass dieses sterben würde. Den Ermittlungen zufolge soll der Angeklagte auch noch einen weiteren Menschen innerhalb der Gedenkstätte mit dem Messer verfolgt haben. Diese Person ist laut Anklage aber nicht namentlich bekannt.

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Opfer kommt für Aussage aus Spanien

Das Opfer, das nicht jüdischen Glaubens ist, hatte die Gedenkstätte an jenem 21. Februar mit Freunden besucht, wie sein Anwalt Sebastian Sevenich am Rande des Prozesses erklärte. Der Ernährungswissenschaftler aus dem Baskenland tritt im Prozess als Nebenkläger auf und wird vor Gericht als Zeuge aussagen. Dies ist für den 3. Dezember geplant, wie sein Anwalt erklärte.

Der 31-Jährige ist nach Angaben von Sevenich bis heute nicht arbeitsfähig wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem leide er infolge der Stichverletzungen an Nervenschäden. Es sei noch nicht klar, ob dies jemals wieder abklinge. Einen Versuch der Entschuldigung habe es bislang nicht von Wassim Al M. gegeben.

Das Staatsschutzverfahren soll am 26. November mit der Vernehmung von Zeugen fortgesetzt werden.

Quelle: dpa

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