Friedenspreis an Holocaust-Überlebende: Margot Friedländer

Friedländer erhält Friedenspreis:"Was passiert ist, darf nie wieder passieren"

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Sie hat den Holocaust überlebt und ist eine der Letzten, die davon berichten kann. Und das tut Margot Friedländer unermüdlich - gegen das Vergessen. Dafür wurde sie gewürdigt.

Margot Friedländer und Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratuliert Margot Friedländer zum Friedenspreis.
Quelle: epa

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist mit dem erstmals vergebenen "Sonderpreis des Internationalen Preises des Westfälischen Friedens" ausgezeichnet worden. Gewürdigt werde Friedländers langjähriger Einsatz für das menschliche Miteinander, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der den Preis in Münster an die 103-Jährige übergab.

Bundespräsident würdigt Engagement

Steinmeier betonte, Friedländers Engagement gegen das Vergessen, für Menschlichkeit und Toleranz, für Frieden und Demokratie sei beharrlich, entschieden und komme aus innerer Festigkeit und Güte heraus.
"Ihre Botschaft ist aber nicht Abrechnung mit diesem Land, Abrechnung mit Deutschland - eine Abrechnung, zu der Sie alles Recht hätten", sagte Steinmeier direkt an Margot Friedländer gerichtet. Friedländer habe "schwerste Zeiten erlebt und das schlimmste Menschheitsverbrechen überlebt", so Steinmeier. Bei ihr sei "große Trauer und großer Schmerz in eine reiche Gabe verwandelt worden".
Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende
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Sie helfe "uns nicht nur, uns zu erinnern", sagte Steinmeier. Sie kläre auf, was Deutschland vor 1933 in den Abgrund geführt habe. Die Botschaft Friedländers anzunehmen bedeute: "das Gute, das wir haben, zu schätzen und zu verteidigen", erklärte der Bundespräsident. Das gelte gerade "in Zeiten der Krise, der Bedrohung der Demokratie und der Ignoranz gegenüber der Verantwortung aus unserer Geschichte".
Das Staatsoberhaupt forderte, denen zu widersprechen, die einen Schlussstrich beim Erinnern an den Holocaust fordern

Verantwortung kennt keinen Schlussstrich. Das sehen wir gerade heute, wo die Demokratie so sehr angefochten ist, wie seit achtzig Jahren vielleicht nicht.

Frank Walter Steinmeier, Bundespräsident

Der Internationale Preis des Westfälischen Friedens wird seit 1998 normalerweise alle zwei Jahre vergeben. Im vergangenen Jahr ging der Preis an den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Die nächste reguläre Verleihung wäre 2026. Friedländer wurde in diesem Jahr mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Die Westfälische Friedenskonferenz wird von der Wirtschaftlichen Gesellschaft Westfalen und Lippe (WWL) ausgerichtet.

Friedländer sieht Frieden bedroht

Friedländer nahm den Preis sichtlich bewegt entgegen: "Ich bin so gerührt", sagte die 103-Jährige: "Es bedeutet mir sehr viel." Sie warnte eindringlich:

Das, was damals passiert ist, darf nie, nie wieder geschehen.

Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende

Sie spreche nicht nur für die sechs Millionen jüdischen Menschen, die man in der NS-Zeit unschuldig umgebracht habe. Sie spreche für alle Menschen, "die ermordet wurden, weil Menschen sie nicht als Menschen respektiert haben". Das geschehe auch heute wieder. Es gebe kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut - es gebe nur menschliches Blut, betonte Friedländer.

Wir sind alle gleich - seid Menschen!

Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende

Derzeit sei der Frieden "im Äußeren wie im Inneren bedroht". Jeder Einzelne habe die Verpflichtung, sich für ein friedliches Zusammenleben, für Respekt und die Demokratie einzusetzen.
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Friedländer überlebte Nazi-Terror

Die 1921 in Berlin geborene Margot Friedländer hat das Konzentrationslager Theresienstadt als einzige in ihrer Familie überlebt. Ihr jüngerer Bruder und ihre Mutter wurden 1943 in Auschwitz ermordet, ihr Vater und ihre Tante bereits 1942. Nachdem Margot Friedländer zunächst in Verstecken überlebt hatte, wurde sie 1944 in Berlin verhaftet und in das KZ Theresienstadt deportiert. Nach der Befreiung 1945 ging sie im Jahr darauf mit ihrem Ehemann in die USA.
Nach mehr als 60 Jahren im Exil in New York kehrte sie im Alter von 88 Jahren nach Berlin zurück und nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an. Im Jahr 2023 gründete sie die "Margot Friedländer Stiftung" zur Fortführung der Zeitzeugenarbeit.
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Hundert Teilnehmende bei Westfälischer Friedenskonferenz

Die Verleihung des Preises fand anlässlich der Westfälischen Friedenskonferenz statt, zu der mehrere Hundert Teilnehmende gekommen waren. Themen waren unter anderem das Auseinanderdriften der USA und Europas sowie die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Da derzeit in Berlin eine schwarz-rote Koalition geschmiedet wird, hatte mehrere prominente Politiker wie CDU-Chef Friedrich Merz oder SPD-Chef Lars Klingbeil kurzfristig abgesagt.

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Quelle: dpa

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Quelle: dpa, epd

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