Mehr Gewicht für Erststimme?:Klöckner fordert weitere Wahlrechtsreform
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Die Ampel-Koalition hatte das Wahlrecht reformiert und das Parlament verkleinert. Nach Kanzler Merz fordert nun auch Bundestagspräsidentin Klöckner eine weitere Anpassung.
Die Ampel-Koalition hatte das Wahlrecht reformiert - die Zahl der Sitze im Parlament verkleinerte sich von zuletzt 735 auf 630.
Quelle: dpa
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner besteht auf einer weiteren Reform des erst in der vergangenen Legislaturperiode geänderten Wahlrechts. "Ich habe die Fraktionen gebeten, sich des Themas anzunehmen. Der Arbeitsauftrag ist zudem im Koalitionsvertrag aufgenommen", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Einen eigenen Vorschlag will sie aber nicht vorlegen.
Ich kann jeden Vorschlag noch mal machen, der schon mal abgelehnt worden ist. Aber das ist ja wenig kreativ. Es liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch.
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Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin
Vielleicht gebe es ja jetzt auch Erkenntnisgewinne und eine Bereitschaft, sich auf ein Modell zu einigen, das zuvor abgelehnt worden sei.
Das neue Wahlrecht hat zur Folge, dass deutschlandweit 23 Wahlkreissieger nicht in den Bundestag einziehen, obwohl sie ihr Direktmandat gewonnen haben. Grund ist das neue Wahlrecht zur Verkleinerung des Bundestags.25.02.2025 | 1:39 min
Klöckner: Erststimme wieder zur Geltung verhelfen
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte mit einer Änderung des Bundestagswahlrechts eine Verkleinerung des Parlaments von zuletzt 735 auf 630 Sitze erreicht. Dies gelang durch das Streichen von Überhang- und Ausgleichsmandaten.
Eine Folge war aber, dass nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 23 Wahlkreissieger ihr errungenes Direktmandat nicht erhielten, weil ihrer Partei die nötige Zweitstimmendeckung fehlte. Drei Wahlkreise in Baden-Württemberg und einer in Hessen sind sogar überhaupt nicht mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.
"Wen wollen Sie überhaupt noch überzeugen, in einem Wahlkreis anzutreten, der viele Kandidaten hat, wodurch das Erststimmenergebnis für jeden Einzelnen niedriger ist?", sagte Klöckner dazu.
Da investiert jemand persönliche Zeit, persönliche Reputation, persönliches Geld, gewinnt sogar und kommt dann nicht in den Bundestag.
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Julia Klöckner
Auf diese Weise werde die Erststimme entwertet, kritisierte die Bundestagspräsidentin. "Entweder muss man sagen, wir wollen ein anderes Wahlrecht, keine Erst- und Zweitstimme mehr. Oder man muss der Erststimme wieder zur Geltung verhelfen."
Um zu verhindern, dass sich das Parlament immer weiter aufbläht, wurde die Zahl der Abgeordneten auf 630 begrenzt. Was bedeutet das für Wähler und für die Erst- und Zweitstimme?22.02.2025 | 1:09 min
Klöckner fordert "verständliches und gerechtes Wahlrecht"
Dass der Bundestag nun weniger Abgeordnete habe, sei gut und richtig, sagte Klöckner.
So, wie das Wahlrecht jetzt ist, haben wir ein Legitimierungsproblem gegenüber der Bevölkerung und ein Repräsentationsproblem.
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Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin
Sie verwies dabei auf die nicht zum Zuge gekommenen 23 Wahlkreissieger und die vier verwaisten Wahlkreise.
Die Bundestagspräsidentin hatte bereits in der Antrittsrede nach ihrer Wahl Ende März gesagt: "Es muss doch möglich sein, das Ziel der Wahlrechtsreform - eine deutliche Verkleinerung des Bundestags - mit einem verständlichen und gerechten Wahlrecht zu verbinden."
Vor mehr als zwei Jahren beschloss die Ampel-Koalition eine Wahlrechtsreform, um den Bundestag zu verkleinern. Die Union kündigte bereits vor der Bundestagswahl an, das Wahlrecht bei einem Sieg erneut zu ändern.22.01.2025 | 3:07 min
CDU und SPD: Parlament soll nicht wieder größer werden
Zeitgleich sprachen sich aber 47 Prozent der Befragten in einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur dafür aus, das aktuelle Wahlrecht beizubehalten. Nur 34 Prozent befürworteten eine erneute Reform. 18 Prozent hatten dazu keine Meinung. Unter denjenigen, die am 23. Februar CDU oder CSU gewählt hatten, stimmten sogar 50 Prozent für ein Festhalten am bestehenden Wahlrecht.
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das Wahlrecht wieder zu ändern und dazu eine Kommission einzusetzen, die noch in diesem Jahr Vorschläge vorlegen soll. Ziel ist es demnach, dass jeder Wahlkreisgewinner wieder in den Bundestag kommt. Außerdem soll das Parlament "grundsätzlich bei der aktuellen Größe verbleiben".