Innenministerkonferenz: Haben Proteste in Fußballstadien gewirkt?

Proteste gegen geplante Maßnahmen:Haben deutsche Fußballfans die Innenminister überzeugt?

von Paul Manger

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Überlegungen der Innenminister zu strengeren Maßnahmen in Fußballstadien haben unter Fans für deutliche Proteste gesorgt. Was am Ende beschlossen wird? Wohl weniger als angenommen.

Pyrotechnik im Fußballstadion

Bei der Innenministerkonferenz in Bremen sind die Sicherheitsmaßnahmen in Fußballstadien ein zentrales Thema. In den vergangenen Wochen gab es zahlreiche Fanproteste gegen die Pläne.

03.12.2025 | 1:52 min

Ein Schweigen zieht durch Fußballstadien quer durch Deutschland. Statt laut "Pyrotechnik ist kein Verbrechen" zu rufen, entschieden sich Fans in der ganzen Republik für stille Proteste. Die ersten zwölf Minuten einiger Spiele des vergangenen Wochenendes der Bundesliga und des DFB-Pokals blieben still: ein Symbol für den zwölften Mann, ein Synonym für die Fans.

Der Grund sind Überlegungen der Innenminister aller deutschen Bundesländer zu verschärften Sicherheitsregelungen in Fußballstadien. Ein Jahr lang hatte dazu eine Arbeitsgruppe bestehend aus Behörden, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und der "Koordinierungsstelle Fanprojekte" Vorschläge für mehr Sicherheit erarbeitet.

Diskutiert wurden von der AG vor allem Maßnahmen zu strengeren Kontrollen und Sanktionen bei Einsatz von Pyrotechnik, die Reduzierung oder Streichung von Kartenkontingenten für Gästefans bei Hochrisikospielen sowie die Einführung einer zentralen Stadionverbotskommission. Thema war auch, Stadionverbote von mindestens drei Monaten schon dann auszusprechen, wenn gegen den Fußballfan nur ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Überlegungen der Innenminister: Stadionverbote auf Verdacht?

Stadionverbote sehen die Fans naturgemäß kritisch. Das erklärt auch Mario Goldmann von der Fanorganisation "Unsere Kurve" gegenüber ZDFheute. Er lehnt die Einführung einer Stadionverbotskommission klar ab. Ein Kernbestandteil des Rechtssystems - die Unschuldsvermutung - würde mit einer solchen Regelung in diesem Bereich faktisch abgeschafft werden, erklärt Goldmann.

Die Sicherheit im Stadion ist überhaupt nicht gefährdet, von daher sind all diese Maßnahmen überhaupt nicht zielführend und wir lehnen diese ab.

Mario Goldmann, Fanorganisation "Unsere Kurve"

Die Fans argumentieren unter anderem mit Zahlen. Diese hätten sich beim Thema Sicherheit positiv entwickelt. Die Daten der Polizei sprechen eine klare Sprache und stützen diese These. In den ersten drei Ligen ging die Zahl der verletzten Personen um rund 17,2 Prozent zurück. Ein Unterschied von 231 Verletzten im Vergleichszeitraum zwischen der Saison 2023/24 und 2024/25.

In Leipzig zeigen Fussballfans zusammen in der Demo "Fussball ist sicher" ein Protestbanner

Die Innenministerkonferenz will die Sicherheitsmaßnahmen in Stadien drastisch verschärfen. Die aktiven Fanszenen der Bundesliga protestieren - ein Lagebild.

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Statistiken zeigen Rückgang von Strafverfahren

Im gleichen Zeitraum ging auch die Zahl der Strafverfahren in den ersten drei Ligen und dem DFB-Pokal zurück. Von 6.678 sank sie auf 5.197, ein Rückgang von rund 22 Prozent. Trotzdem - so Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) gegenüber ZDFheute - sei nicht alles in Ordnung in deutschen Stadien.

Die Statistik hilft mir nicht, wenn dann die Feuerwerksrakete im Familienblock einschlägt.

Andy Grote (SPD), Innensenator Hamburg

Man müsse anerkennen, dass dies ein Thema sei, um das man sich weiter kümmern müsse, so Grote. Seine Kollegin Daniela Behrens (SPD) aus Niedersachsen verschärft die Forderung. Es gäbe keine einzige Sportart, bei der man so viel Polizei brauche. "Daher erwarte ich, dass sich DFB und DFL mit diesem Thema, Sicherheit im Stadion, besser auseinandersetzen."

Mehrere Maßnahmen wohl vom Tisch

Anerkennung für einen Vorschlag des DFB gibt es von Armin Schuster (CDU), dem Innenminister von Sachsen. Er befürworte einen verbindlichen Standard für alle Vereins-, Stadion- und Verbotskommissionen in ganz Deutschland, erklärt Schuster gegenüber ZDFheute. "Wir jedenfalls finden die Idee gut und ich hoffe, dass sie zum Beschluss wird."

Doch: Die Innenministerkonferenz selbst kann darüber nicht entscheiden, sondern versucht nur, eine länderübergreifende Einigung zu erzielen, die dann von den Verbänden umgesetzt werden soll. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) verkündete kurz vor Beginn der Konferenz, dass einige Themen vom Tisch seien. Darunter: personalisierte Tickets, flächendeckende Ausweiskontrollen, Gesichtserkennung, KI-Überwachung und Pyrotechnik. Teile der Debatte sind also anscheinend verschoben; der Ausgang noch offen.

Über dieses Thema berichteten das ZDF-Mittagsmagazin am 03. Dezember ab 12 Uhr und "heute in Deutschland" am 03. Dezember ab 14 Uhr.

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