Sparkurs an Hochschulen in Berlin: Was durch die Kürzungen droht

Kürzungspläne des Senats:Sparkurs: Was Berliner Hochschulen droht

von Sylvia Bleßmann und Anna-Gloria Höss
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Berliner Hochschulen stehen vor den größten Kürzungen ihrer Geschichte. Bis zu 15 Prozent sollen nach Vorgabe des Senats gespart werden. Dagegen regt sich massiver Protest.

Ein Student hängt Protestplakate gegen Haushaltskürzungen der Unis in Berlin auf.
Bis zu 15 Prozent weniger Mittel - das droht Berliner Hochschulen. Studierende fürchten massive Einschnitte und sehen die Wissenschaftsfreiheit bedroht.
Quelle: Elisa Schu

Luca Schenk verteilt Flugblätter auf dem Campus der Humboldt Universität. "Jetzt ist Schluss! Hochschulen sind #unkürzbar!" ist darauf zu lesen. Er mobilisiert für eine Kundgebung gegen Kürzungen des Senats. Lehrende, Studierende - alle sind aufgerufen, am 14. Juli zur Demo vor die Senatsverwaltung für Wissenschaft zu kommen.

Die Lage ist katastrophal. Der Berliner Senat kürzt an allen Universitäten. Das trifft uns Studierende sofort schnell und hart.

Luca Schenk, Student

Kultur-Sparpolitik in Berlin
Der Berliner Senat will Haushaltskürzungen von drei Milliarden Euro beschließen. Auch die Kultur trifft es hart und die Sorgen wachsen: Was ist künftig noch möglich mit weniger Budget?29.11.2024 | 2:30 min

Massive Kürzungen beim Hochschul-Etat

Acht bis 15 Prozent weniger Zuschüsse sollen die Hochschulen erhalten. Der Grund: die Haushaltslage des Landes. Allein in diesem Jahr wäre das ein Loch von 140 Millionen Euro im Etat. Wo genau wieviel gespart werden soll, darum wird gerade gerungen.
Eigentlich gelten die aktuellen Hochschulverträge bis 2028. Doch nun sind Rektoren und Präsidentinnen aufgerufen, eine Streichliste für Kürzungsvorschläge beim Senat einzureichen. Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin soll 15 Prozent in drei Jahren einsparen. Für ihre Uni eine komplette Katastrophe, meint sie.

Wir werden Studienplätze einstellen, einzelne Studiengänge werden geschlossen. Es gibt jetzt schon eine Liste von über 100 Personen in der Universitätsverwaltung, in der wir Stellen abbauen. Alle werden es merken.

Geraldine Rauch, Präsidentin TU Berlin

Die TU-Präsidentin zeigt Verständnis für die Haushaltslage des Landes, befürchtet aber, dass nun alle Rücklagen aufgebraucht werden und ihre Universität in die Zahlungsunfähigkeit schlittert.
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TU Berlin: Es braucht verlässliche Zusagen

Eigentlich bräuchte sie das Geld dringend, um die Gebäudestruktur zu sanieren. Aktuell ist das große Hochhaus der Technischen Universität komplett geschlossen und auch ein weiteres Gebäude der Chemie kann nicht für den Hochschulbetrieb genutzt werden.
Es bräuchte dringend Lösungen und verlässliche Zusagen für die Sanierung, aber da passiere seit Jahren nichts, erklärt sie pessimistisch. Auch wissenschaftliche Mitarbeitende sind fassungslos über die Millionen, die eingespart werden sollen.

Wir befürchten das Schlimmste für die Stellensituation im wissenschaftlichen Mittelstand. Tutorenstellen fallen weg, befristete Kollegen sorgen sich um ihre weitere Beschäftigung.

Constanze Baum, Literaturinstitut HU Berlin

Wissenschaft in Berlin droht Statusverlust

Wissenschaft ist wichtig für die Hauptstadt. 200.000 Studierende sind auch ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Aber auch die Berliner Wirtschaft warnt: Das geforderte Einsparvolumen sei drastisch und könnte den Hochschulstandort gefährden.

Hochschulen sind der Motor unseres Wachstums. Wir sollen jetzt nicht fahrlässig Sand ins Getriebe streuen.

Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin

Steinmetzlehrling Kai Niklas Kanehl steht vor Grabsteinen auf einem Friedhof. Im Hintergrund arbeiten sein Chef und ein weiterer Lehrling an einer Grabstelle.
Immer noch sind Akademiker-Karrieren höher angesehen als Handwerksberufe. Studienabbrechern, die ins Handwerk wechseln, haftet häufig der Makel "nicht geschafft" an.14.04.2024 | 30:05 min
Die Zahl der Studienplätze droht um 25.000 zurückzugehen, so eine erste Schätzung für die staatlichen Unis und Fachhochschulen. Bitterer Studienalltag für viele sind bereits überfüllte Hörsäle, fehlende Seminarplätze, steigende Semesterbeiträge. Studieren werde immer mehr zu einer zu einer Sache, die man sich leisten können müsse. Ein echter Rückschritt, findet Luca Schenk.

Das führt dazu, dass am Ende nur noch Ärztesöhne und Anwältinnentöchter studieren können.

Luca Schenk, Studentenbeirat HU Berlin

Wenn noch weniger Geld für sanierte Räume oder Lehrpersonal da ist, dann werde alles viel schlimmer, meint Luca. Er will die Wissenschaftsfreiheit verteidigen. Dafür brauche man Unis, die "wetterfest" sind. Auch deshalb wollen sie vor der Senatsverwaltung für Wissenschaft Druck aufbauen gegen die Kürzungspläne.
Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) weiß, dass der Umbauprozess eine Herausforderung ist. Sie muss mit einer Klage der Hochschulen rechnen, wenn keine Kompromisse gefunden werden. Denn eigentlich müsste sich der Senat an die geltenden Hochschulverträge halten.
Sylvia Bleßmann und Anna-Gloria Höss berichten aus dem ZDF-Landesstudio in Berlin.

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Quelle: dpa

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