Deutsche Universität leidet unter US-Wissenschaftspolitik
Wissenschaft unter Druck:Wie der Trump-Kurs deutsche Forschung trifft
von Susanne Seidl
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Das Deutsch-Amerikanische-Institut der Uni Rostock muss künftig ohne US-Gelder auskommen. Experten sehen in dem Kurs unter Trump aber auch Chancen für die deutsche Wissenschaft.
An der Universität in Rostock sollte ein neues Deutsch-Amerikanisches-Institut gegründet werden. (Archivbild)
Quelle: dpa
Die Gründung des Deutsch-Amerikanischen-Instituts (DAI) an der Universität Rostock liegt auf Eis: Rektorin Elizabeth Prommer erfährt das im Februar durch "eine dieser doch sehr trockenen Mails: 'Project is terminated… due to policy change'." Die finanzielle Unterstützung des Projektes werde beendet, die Entscheidung sei auf eine "Änderung der Richtlinien der US-Regierung" zurückzuführen.
Elizabeth Prommer, selbst Deutsch-Amerikanerin, wollte mit dem Geld für das DAI unter anderem ein internationales Zusammentreffen mit amerikanischen Wissenschaftlern und Studenten aus Harvard und Brown finanzieren.
Das Treffen fand statt, die Uni hat es aus eigenen Mitteln möglich gemacht, dennoch ist Prommer schockiert: "Die Symbolik dahinter ist ja sozusagen das, was uns eigentlich mehr erschüttert, dass internationale Beziehungen, Beziehungen zwischen Amerika, Rostock, Mecklenburg-Vorpommern offensichtlich nicht wichtig sind."
Angriffe auf die Freiheit der Wissenschaft in den USA treiben Top-Forschende ins Ausland. Deutsche Universitäten starten ein Programm, um sie aufzunehmen.02.04.2025 | 2:01 min
Verunsicherung bei Studierenden und Dozenten
Weder Studenten noch Dozenten der Winterschool wollen sich öffentlich äußern, aus Angst vor Repressalien bis hin zu Einreiseverboten in die USA. Auch Prommers Kollegen in Übersee sind überrumpelt und verunsichert, erzählt sie aus Telefonaten.
Aber das Erschütternde ist, dass es überhaupt so weit gekommen ist. Das hätten wir uns vor einem halben Jahr alle nicht vorstellen können.
Die Trump-Administration greift massiv in die US-Wissenschaft ein, kürzt Mittel und beeinflusst Forschungsergebnisse. Was bedeutet das für die Zukunft der Forschung und für Europa?16.03.2025 | 4:35 min
Chancen für den deutschen Wissenschaftsstandort
Professor Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, sieht diese Entwicklung mit großer Sorge, denn "die USA waren immer die große Triebfeder der Forschung" und ein wichtiger Partner in der Wissenschaft für ganz Europa. Doch er sieht auch Chancen.
Zum anderen aber werden wir vielleicht auch positive Effekte sehen, weil es uns gelingen wird, Talente zu sehen aus den USA, die wir sonst nicht hätten gewinnen können.
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Prof. Dr. Cramer, Präsident Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft bietet als eine der führenden deutschen Institutionen in der Grundlagenforschung schon jetzt 130 verschiedenen Nationalitäten einen Ort zum Arbeiten und Forschen in Deutschland. Cramer spürt zunehmendes Interesse amerikanischer Spitzenforscher an Deutschland.
Ich bekomme eigentlich täglich E-Mails von Kolleginnen und Kollegen aus den USA. Es melden sich Leute, die stehen kurz vor dem Nobelpreis und haben Interesse, nach Europa zu kommen.
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Prof. Dr. Cramer, Präsident Max-Planck-Gesellschaft
"Da müssen wir eigentlich in der Lage sein, schnell Pakete zu schnüren", sagt Cramer.
Die USA galten lange als Eldorado der Wissenschaft - doch unter Trump droht der Forschung ein massiver Rückschlag.12.03.2025 | 38:29 min
Offener Brief deutscher Wissenschaftler
Acht namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter Professorin Cornelia Woll von der Hertie School, haben dazu aufgerufen, um Forscherinnen und Forscher aus den USA zu werben.
Die Initiative erinnert daran, dass die USA als Folge der Vertreibung großer Wissenschaftler aus Europa zur NS-Zeit zum besten Wissenschaftsstandort weltweit wurden. Jetzt sollte Deutschland Spitzenforschern mit öffentlichen Programmen attraktive Angebote machen. Im ZDFheute journal up:date sagt Woll:
Der Fluss, der damals von Deutschland nach Amerika ging, [kann] auch umgedreht werden.
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Cornelia Woll, Hertie School
Das Meitner-Einstein-Programm soll bedrohten US-Wissenschaftlern eine neue akademische Heimat bieten, so Prof. Cornelia Woll von der Hertie-School in Berlin.02.04.2025 | 3:41 min
Expertenkommission: Deutschland muss attraktiver werden
Laut einem Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) ist Deutschland in den vergangenen zehn Jahren internationaler geworden, doch es gibt noch zu viele Hürden für einreisewillige Forscher.
"Visumangelegenheiten und alles, was dazugehört, das erweist sich in Deutschland als kompliziert und umständlich; und es dauert lange," sagt der EFI-Vorsitzende Prof. Uwe Cantner.
Wenn nun Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Ausland zu uns kommen wollen, noch zwei, drei andere Optionen haben und in andere Länder gehen könnten, dann kann umständliche Bürokratie zum ausschlaggebenden Nachteil werde.
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Prof. Uwe Cantner, EFI-Vorsitzender
Und Deutschland sei ja nicht das einzige Land, das für international mobile Forscherinnen und Forscher interessant ist, betont Cantner.
Der Wettbewerb um die besten Köpfe aus den USA hat längst begonnen. Deutsche wie auch andere europäische Unis und Institute zeigen sich solidarisch mit den amerikanischen Kollegen, könnten davon aber auch profitieren.
Susanne Seidl berichtet aus dem ZDF-Studio in Mecklenburg-Vorpommern.
Quelle: dpa
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