DGB-Chefin Fahimi attackiert Bundesregierung: "Falscher Fokus"

Kritik an Kurs von SPD und Union:DGB-Chefin Fahimi attackiert Bundesregierung scharf

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DGB-Chefin Yasmin Fahimi wirft der Bundesregierung vor, an den Menschen vorbeizuregieren. Sie fordert mehr Umverteilung - und warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft.

Yasmin Fahimi spricht vor einer blauen Wand im Finanzministerium in ein Mikrofon.

DGB-Chefin Yasmin Fahimi kritisiert einen "völlig falschen Fokus" der Bundesregierung (Archivfoto).

Quelle: ddp/Bernd Elmenthaler

DGB-Chefin Yasmin Fahimi hat der schwarz-roten Bundesregierung eine verfehlte Politik vorgeworfen. "Wir sind mitten in einer der größten wirtschaftlichen Stagnationsphasen seit Dekaden, aber wir diskutieren vor allem über Bürgergeld und Kürzungen im Sozialsystem", sagte Fahimi den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Samstag.

Die Bundesregierung setze "einen völlig falschen Fokus" und mache eine Politik, "die an den Bedarfen der Menschen vollständig vorbeigeht". Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes kritisierte:

Wir kommen nicht dazu, über die wirklich wichtigen Fragen zu reden, weil sich alle ständig abarbeiten an sogenannten Sozialreformen, die angeblich nur dann gut sind, wenn sie möglichst schmerzhaft sind.

Yasmin Fahimi, DGB-Chefin

Es werde so getan, als könnten "von Kürzungen im Sozialstaat Wachstumsimpulse ausgehen". Dies sei "Wahnsinn". Beispielsweise seien die 0,6 Prozent Totalverweigerer beim Bürgergeld keine relevante Größe.

Yasmin Fahimi im Interview

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Fahimi forderte dagegen unter anderem eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus, eine aktive Industriepolitik sowie einen stärkeren Beitrag reicher Menschen über eine Vermögensteuer, eine gerechte Erbschaftsteuer und eine einmalige Vermögensabgabe. Es brauche eine bessere Forschungsförderung, mehr Investitionen in Infrastruktur und den Ausbau von Elektromobilität und erneuerbarer Energien.

Fahimi warnt vor wachsender sozialer Spaltung

Die frühere SPD-Generalsekretärin warnte zudem vor einer "Spaltung der Gesellschaft". Diese werde nur zu einem Erfolg derjenigen führen, "die dieses Land radikal umbauen wollen", mahnte die DGB-Chefin weiter. Wenn der Fokus sozialer Reformen "immer wieder nur auf angeblich massenhaften Leistungsmissbrauch erfolgt, dann bedient man die Diskurse der extremen Rechten".

Hingegen riskierten die Koalitionsparteien, ihre eigene Wählerklientel zu verlieren. "Das gilt nicht nur für die SPD, sondern auch für die Union", gab sie zu bedenken.

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Fahimi droht mit Streiks gegen Sozialabbau

Fahimi drohte zudem Unternehmen mit massiven Streiks, um der aktuell vorherrschenden "neoliberalen Marktpolitik" zu begegnen. Dabei würden "die hart erarbeiteten Sozialleistungen der Beschäftigten attackiert und gleichzeitig von ihnen erwartet, dass sie mehr arbeiten sollen" - und im Zweifelsfall müssten sich die Beschäftigten dann damit abfinden, dass sie ihren Job verlieren. "Wenn wir so weitermachen, dann bekommen wir gesellschaftliche Zerwürfnisse, auf die wir als Gewerkschaften auch entsprechend antworten werden", warnte die DGB-Vorsitzende.

Ich will das nicht, aber wenn die Arbeitgeber sich nicht bewegen, wird das nicht abzuwenden sein.

Yasmin Fahimi, DGB-Chefin

Fahimi weiter: "Wir holen die Beschäftigten schon jetzt vor die Werkstore, um für Firmenstandorte zu kämpfen." Dies werde "deutlich zunehmen, wenn die Arbeitgeber keine Einsicht zeigen".

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Die Gewerkschaften seien jederzeit bereit dazu, sich mit den Arbeitgebern an einen Tisch zu setzen, um gemeinsam über die Sicherung von Standorten und kluge Investitionen zu reden. "Aber dazu müssen uns die Arbeitgeber die Hand reichen", forderte die Gewerkschaftschefin. "Das tun sie derzeit nicht."

Quelle: AFP, epd, dpa

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