Probleme mit Ämtern:Cannabis Club: Noch Verein oder schon Gartenbaubetrieb?
Immer mehr Cannabis-Anbauvereinigungen etablieren sich. Doch in den Bundesländern gibt es unterschiedliche Genehmigungspraktiken. Vereine werden teils ausgebremst und wehren sich.
Cannabis anbauen, kaufen und kiffen, in bestimmten Mengen ist das in Deutschland seit gut einem Jahr erlaubt. Die neue Regierung will das vorerst nicht ändern. Was hat die Teil-Legalisierung bewirkt?
17.05.2025 | 11:50 minDer CSC Niedersachsen gehört zu den Pionieren der legalen Cannabis-Anbauvereinigungen im Norden. Der Verein verfügt über eine Anbauerlaubnis nach dem Konsumcannabisgesetz, ausgestellt durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Die Cannabispflanzen gedeihen im Garten von Familie Borchers. In zwei Schuppen, aufgerüstet mit Licht- und Lüftungstechnik, Hygieneschleusen, abschließbaren Zugängen. Die Plantagen auf rund 60 Quadratmetern sind das Herzstück des Cannabis Social Clubs Niedersachsen. Das Wohnhaus von Hendrik Borchers liegt direkt nebenan. Er lebt und arbeitet in einer normalen Wohnstraße - und hier beginnen die Probleme.
Bauamt untersagt Ausübung der Vereinstätigkeit
Nach der Umbauphase im Garten gibt der Club seit rund einem Jahr Gras an seine rund 250 Mitglieder ab. Der Verein beschäftigt einen Suchtpräventionsberater, der hauptberuflich Pfarrer ist. Außerdem engagiert sich der CSC kulturell, ist um Aufklärungsarbeit bemüht. Doch der Landkreis Friesland versucht diesem Vereinstreiben nun ein Ende zu setzen.
Sebastian Brebeck betreibt in Wuppertal einen Cannabis Club. Dort können Mitglieder Cannabis legal erwerben. Doch die Union will die Legalisierung wieder rückgängig machen.
01.07.2025 | 1:11 minDas zuständige Bauordnungsamt untersagte dem Verein die Ausübung der Tätigkeit, der Betrieb solle innerhalb weniger Wochen eingestellt werden. Der Verein sei kein Verein im herkömmlichen Sinne, so die Argumentation, sondern vielmehr als ein Gartenbaubetrieb anzusehen. Da der CSC in einem Wohngebiet ansässig ist, sei der Betrieb nicht genehmigungsfähig, so die Behörde.
Aus des Cannabis Social Clubs vor Augen
Für den Geschäftsführer und sein Team steht durch das mögliche Aus viel auf dem Spiel. Eine hohe fünfstellige Summe haben sie investiert, Minijobber angestellt. "Da fühlt man sich auf einmal in seiner Existenz bedroht", sagt der 43-jährige Hendrik.
Es gab zwar Gespräche mit Behördenmitarbeitern, dem Bürgermeister der Stadt Schortens - doch die Entscheidung blieb: Ein Gartenbaubetrieb könne nur in einem Gewerbegebiet ansässig sein.
Seit 2019 läuft der Anbau. Mittlerweile ist Portugal der zweitgrößte Produzent von medizinischem Cannabis weltweit. Exportiert wird vor allem nach Deutschland und Spanien.
04.02.2025 | 2:08 minWir haben in den Gesprächen grundsätzlich das Gefühl gehabt, dass die Stadt hier überhaupt keinen Cannabisverein will.
Hendrik Borchers, CSC Niedersachsen
Der CSC-Niedersachsen beauftragte eine Anwaltskanzlei.
Brandenburg: Keine Genehmigung fürs Gewerbegebiet
Rund 550 Kilometer weiter östlich, Stadtrand Frankfurt (Oder). Samuel Baldzikowski schreibt gerade seine Masterarbeit zum Thema deutsch-polnische Zusammenarbeit und baut nebenbei den Cannabisverein "Oderblüten" auf. Mit dem Ausbau der Clubanlage wollten sie schon viel weiter sein. Ursprünglich hatte der Verein eine Halle in einem Gewerbegebiet angemietet, bekam dort vom örtlichen Bauamt aber keine Genehmigung.
Justin kifft seitdem er 14 ist - in Hochzeiten mehr als 30 Joints pro Tag. Ärzte und Psychologen sind besorgt, dass sich bei jungen Cannabis-Konsumenten Abhängigkeiten entwickeln.
27.05.2024 | 3:49 minAls Gartenbaubetrieb ohne Gewinnabsicht hätten sie sich nicht in einem Gewerbegebiet niederlassen dürfen, berichtet Samuel.
Uns wurde sowohl eine Möglichkeit in einem Wohngebiet als auch in einem Mischwohngebiet angeboten.
Samuel Baldzikowski, Cannabis-Verein "Oderblüten"
Sie haben sich für das Mischgebiet entschieden und müssen nun mehr sanieren als in den Hallen des Gewerbegebietes. Aber: Noch in diesem Jahr sollen Blüten von der Oder an die Mitglieder abgegeben werden.
Juristin: Einstufung greift zu kurz
Zurück in Schortens. Marie Werner ist Fachanwältin für Verwaltungsrecht und vertritt den CSC Niedersachsen gegenüber dem Bauordnungsamt. Die vom Landkreis Friesland angenommene Einstufung als "Gartenbaubetrieb" greife zu kurz, erklärt die Juristin. Auf den Verein weise von außen nichts hin. Es gebe keine Werbung, keinen Publikumsverkehr und keine sichtbare gewerbliche Struktur.
Vielmehr könne man den CSC nicht von anderen Vereinen unterscheiden, da sich der CSC auch zu sozialen und kulturellen Zwecken verpflichtet habe, so die Rechtsanwältin.
Vor einem Jahr wurde Cannabis teilweise legalisiert. Das Thema wird weiter kontrovers diskutiert.
01.04.2025 | 1:29 minUmsetzung des Cannabis-Gesetzes ist Ländersache
Da es keine bundeseinheitlichen Leitfäden gibt, öffnen sich erhebliche juristische Spielräume. Fachanwältin Werner bezeichnet das Konsumcannabisgesetz als juristisches Neuland und wünscht sich im Umgang mit dem Verein und mit dem Gesetz mehr Augenmaß und Dialog.
"Wenn das Bauamt des Landkreises Friesland die gesetzlichen Spielräume sachgerecht nutzt und die tatsächliche Zweckrichtung - soziale, kulturelle und präventive Arbeit - berücksichtigt, spricht einiges für eine Genehmigungsfähigkeit", so die Anwältin.
Der Landkreis Friesland teilt gegenüber ZDFheute mit, dass Cannabis Clubs in sogenannten Mischgebieten oder Gewerbegebieten genehmigt werden könnten, in Wohngebieten unter Ausnahmen, wenn die zuständige Gemeinde Schortens diesen zustimmen würde - diese Zustimmung scheint aber nicht gewollt.
Fabian Köhler berichtet aus dem ZDF-Studio in Niedersachsen.
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