Zwischenbericht zu neuem Gesetz:Cannabis-Legalisierung verändert Konsum kaum
Straffrei kiffen, das ist seit anderthalb Jahren in Deutschland möglich. Forscher ziehen nun eine erste Bilanz der Cannabis-Legalisierung.
Legal anbauen, legal rauchen: Seit 2024 erlaubt das ein Gesetz vielen Cannabis-Konsumenten
Quelle: dpaAktuell herrscht "kein dringender Handlungsbedarf", das Cannabisgesetz zu verändern, so das Fazit der Wissenschaftler nach Befragung von 10.000 Konsumenten. Denn es wird nicht nennenswert mehr oder weniger gekifft: Eine Auswirkung auf den "schon vorher ansteigenden Konsumtrend" bei den Erwachsenen sei nicht festzustellen, sagt der Koordinator des Forschungsprojekts, Suchtexperte Jakob Manthey vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
2024 haben geschätzt mehr als fünf Millionen Erwachsene Cannabis konsumiert. Bei den 12- bis 17-Jährigen habe sich der leichte Abwärtstrend fortgesetzt, so Daniel Kotz vom Universitätsklinikum Düsseldorf.
Mit dem neuen Cannabisgesetz (CanG) dürfen Erwachsene in Deutschland seit 2024 legal Cannabis anbauen, besitzen und konsumieren. Jedoch mit einigen Einschränkungen. Die Regeln im Überblick.
01.04.2024 | 1:45 minDer Schwarzmarkt aber blüht weiterhin: Die bisher existierenden Anbauvereinigungen konnten bislang die Dealer nicht verdrängen. Denn die Genehmigungen sind kompliziert. Wenn der Gesetzgeber den Schwarzmarkt verdrängen wolle, "müssten die Rahmenbedingungen für Anbauvereinigungen vereinfacht werden", stellt Manthey fest.
Ordnungshüter berichten von praktischen Problemen
Auch 8.000 Polizisten und Ordnungskräfte wurden befragt. Für sie hat sich am meisten geändert. "Schon heute wissen wir, dass das Gesetz zur bedeutendsten Entkriminalisierung in der Geschichte der Bundesrepublik geführt hat", unterstreicht Jörg Kinzig, Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen.
Sebastian Brebeck betreibt in Wuppertal einen Cannabis Club. Dort können Mitglieder Cannabis legal erwerben. Doch Unionspolitiker wollen die Legalisierung rückgängig machen.
01.07.2025 | 1:11 min2024 sank laut Polizeilicher Kriminalstatistik die Zahl von 215.000 Strafverfahren um rund 100.000, dabei war das Gesetz erst im April des Jahres in Kraft getreten. Entlastung sehen die Befragten bei Polizei und Ordnungsamt aber nicht, sondern erstmal mehr Arbeit durch die komplizierte neue Rechtslage. So spricht die Hälfte der Befragten von praktischen Problemen in den sogenannten "Konsumverbotszonen", etwa in der Nähe von Schulen. Dort seien die Abstandsregeln kaum zu kontrollieren.
Gesundheitsministerin sieht "bedenkliche Tendenzen"
"Diese Kritik können wir als Politik nicht einfach ignorieren", sagt Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU).
Wir werden zusammen mit den Koalitionsfraktionen und den Sicherheitsbehörden möglichen Handlungsbedarf erörtern müssen.
Gesundheitsministerin Nina Warken, CDU
Unionspolitiker fordern weiter die Abschaffung der Cannabislegalisierung. Warken sieht auch "bedenkliche Tendenzen" beim Gesundheitsschutz. So stellt der Bericht fest, dass weiterhin etwa jeder zehnte Jugendliche, der fast täglich Cannabis konsumiert, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für teils schwerwiegende Gesundheitsprobleme habe.
2024 wurde Cannabis teilweise legalisiert. Bis heute wird über das Thema kontrovers diskutiert.
01.04.2025 | 1:29 minSuchtexperte: Gesetzeslage "widersprüchlich"
Der Bericht erwähnt auch absurde Folgen der neuen Gesetzeslage: Wer privat anbaut, darf drei Hanf-Pflanzen ernten - die Ernte aber überschreitet die erlaubte Besitzmenge von 50 Gramm. "Widersprüchlich" findet Suchtexperte Manthey zudem, dass am Spielplatz die Zigarette legal und der Joint illegal sei. Er plädiert dort für einen kompletten Rauchverzicht:
Im Sinne einer rauchfreien Umgebung herrscht hier großer Handlungsbedarf.
Jakob Manthey, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Noch ist es aber zu früh für eine endgültige Bilanz: Ein zweiter Zwischenbericht zur Cannabis-Teillegalisierung mit Blick auf die Organisierte Kriminalität soll im April nächsten Jahres veröffentlicht werden. Die abschließende Bewertung soll es im April 2028 geben.
Mit Material von dpa
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