Medienkompetenz als Schulfach? Woran es hakt

Umgang mit digitalen Medien:Medienkompetenz als Schulfach? Woran es hakt

von Michael Kniess
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Neben Deutsch und Mathematik könnte bald auch Medienkompetenz auf dem Lehrplan stehen. Was müsste ein solches Fach leisten? Und sind Deutschlands Schulen dafür überhaupt bereit?

Verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz? Das fordert der Sozialverband Deutschland für alle weiterführenden Schulen. (Symbolbild)

Verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz? Das fordert der Sozialverband Deutschland für alle weiterführenden Schulen. (Symbolbild)

Quelle: SVEN SIMON

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat jüngst seine Forderung bekräftigt: In allen weiterführenden Schulen soll das Fach Medienkompetenz verpflichtend eingeführt werden.

Dass die junge Generation im kompetenten Umgang mit digitalen Technologien geschult werden muss, ist für Bildungsexperten keine Frage. Sich damit auseinanderzusetzen, wie beispielsweise Algorithmen funktionieren oder wie man von KI beeinflusste Inhalte erkennt, sei genauso wichtig, wie sprachliche Fähigkeiten oder mathematische Grundverständnisse, so der Tenor.

Medienkompetenz schon in der Grundschule

Für Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), steht etwa fest, dass es die Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule braucht. Einerseits um die Jugendlichen zu schützen. Andererseits um ihnen gleichzeitig auch den Nutzen des Internets "als Schatztruhe von aktiver wie passiver Information, Bildung sowie Kunst und Kreativität" näherzubringen.

Geht es um das "Wie" und um das "Wann", besteht allerdings noch erheblicher Diskussionsbedarf. Erst ab der weiterführenden Schule ein Schulfach Medienkompetenz einzuführen, greift aus Sicht von Professor Kai Maaz, Geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF), zu kurz.

Da Kinder schon im Kita-Alter mit digitalen Medien in Berührung kommen, müssen altersgerechte Medienkompetenzen bereits in der Grundschule vermittelt werden.

Kai Maaz, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation

Eigenes Unterrichtsfach: besser nicht

Frank Goldhammer hat zudem Bedenken gegen ein separates Unterrichtsfach Medienkompetenz. "Idealerweise werden die Themen in die bestehenden Fächer eingebettet und so anwendungsbezogen motiviert vermittelt", so der Forschungsprofessor in der Abteilung "Lehr- und Lernqualität in Bildungseinrichtungen" am DIPF.

So müsse beispielsweise der kritische Umgang mit Informationen aus dem Internet oder mit von KI generierter Information auch themenspezifisch im Fachunterricht selbst erfolgen.

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Als gangbarer Weg bietet sich aus Sicht von Kai Maaz die Vermittlung von Medienkompetenz über ein so genanntes Spiralcurriculum an: "Zentrale Themen werden dabei immer wieder aufgegriffen - jeweils auf höherem Niveau, mit mehr Tiefe und wachsender Komplexität."

Das umzusetzen: ein sehr voraussetzungsvolles und kaum kurzfristig umsetzbares Vorhaben. Darin sind sich die Experten einig. Da ist zum einen die Frage, wie in den anderen Fächer gekürzt werden soll, um Raum für die zusätzlichen Themen zu schaffen.

Keine Qualifikation, fehlende Konzepte

Hinzu kommt ein weiteres grundlegendes Problem: Es fehlt an Fachlehrkräften und Konzepten zu ihrer Qualifikation. Stefan Düll fordert deshalb eine verstärkte Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte an den Schulen.

Bereits angehende Lehrkräfte müssten lernen, wie sie die Anwendung von Medien und digitalen Programme mit einem speziellen Augenmerk für ihr Fach vermitteln können. Eine zusätzliche Aufgabe, die, ob der ohnehin zu hohen Unterrichtsverpflichtung, ohne grundlegende Reformen kaum realisierbar sei.

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Aus Sicht von Kai Maaz und Frank Goldhammer mangelt es zudem noch an etwas anderem. Zwar sei man vielerorts in puncto Ausstattung mit Notebooks, Tablets und Co. bereits auf einem guten Weg.

Was jedoch fehle, sei die Qualitätssicherung der pädagogischen Konzepte. Es brauche klare Standards, etwa welche Methoden didaktisch sinnvoll sind oder welche Inhalte verbindlich vermittelt werden müssen. Sonst, so die Bedenken von Kai Maaz, würde man sich schnell im pädagogischen Niemandsland der Medienkompetenz verlieren.

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Auch beim Lehrmaterial, gerade in Form von digitalen Anwendungen, brauche es dringend eine Qualitätssicherung

Deutsch und Co nicht vernachlässigen

Sich all jenen Herausforderungen nicht zu stellen, sei jedoch keine Option.

Medienbildung ist zugleich ein Teil der Demokratiebildung. Im Interesse unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung wäre es fatal, diesen Bereich zu vernachlässigen.

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL)

Für Kai Maaz ist die Schule - als einziger Ort, an dem wirklich alle Kinder und Jugendlichen erreicht werden - zudem immens wichtig, wenn es um Chancengleichheit in Sachen Medienkompetenz geht.

Frank Goldhammer warnt, bei aller Wichtigkeit die Grundkompetenzen nicht zu vernachlässigen. Denn wer nicht lesen kann, dem bringt auch der beste Unterricht zu Netiquette wenig.

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