Aufrüstung: Deutschlands unterschätzte DefenceTech-Start-ups

Mini-Panzer, Drohnen und KI:Rüstung: Deutschlands unterschätzte Start-ups

ZDF-Reportetin Jutta Sonnewald
von Jutta Sonnewald
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Union und SPD wollen künftig viel mehr Geld in die Verteidigung stecken. DefenceTech-Start-ups fordern, berücksichtigt zu werden. Eines liefert schon autonome Mini-Panzer für Kiew.

Ein Mini-Panzer steht auf einem Feld vor einem Truppentransporter.
Das DefenceTech Startup ARX Robotics hat einen autonomen Mini-Panzer entwickelt. 30 Stück sind bereits an die Ukraine geliefert.
Quelle: ARX Robotics GmbH

Große Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, Diehl oder Airbus Defence sind in einem Milliardenmarkt unterwegs und dort längst etabliert. Doch der Ukraine-Krieg hat gezeigt: Es gibt einen Wandel in der modernen Kriegsführung. Die Kriege der Zukunft werden vor allem durch Drohnen und Software, insbesondere KI-Technologien, entschieden.
Dahinter stehen oftmals DefenceTech-Start-ups. Die Bandbreite der Technologien reicht von Überwachungs- und Aufklärungssystemen über unbemannte, autonome Fahrzeuge und Drohnen bis hin zur Cyberabwehr und militärischer Infrastruktur für den Weltraum.
Auf dem Bild ist KI zu sehen.
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ARX Robotics liefert Mini-Panzer in die Ukraine

Eines dieser Start-ups ist das von drei ehemaligen Bundeswehr-Offizieren gegründete ARX Robotics aus dem bayerischen Landkreis Erding. Mit seinen autonom fahrenden Mini-Panzern hat das Unternehmen hochmoderne KI-Militärtechnik entworfen, die in kürzester Zeit kostengünstig massenweise produziert werden kann.
Eine erste Flotte von 30 Bodendrohnen wurde bereits an die Ukraine ausgeliefert. Dort sollen sie im Kriegsgebiet Verwundete retten.
Drei Soldaten stehen neben einem Mini-Panzer.
Der autonom fahrende Mini-Panzer von ARX Robotics, hier bei einer Übung, transportiert einen verletzen Soldaten.
Quelle: ARX Robotics GmbH

Start-up: Entwicklungszyklen bei Rüstung extrem beschleunigt

Inzwischen hat ARX in der Ukraine sogar eine eigene Fabrik. Marc Wietfeld, einer der drei ARX-Gründer, sieht sein und andere Start-ups der Branche zwar nicht immer als direkte Konkurrenz zu großen Rüstungsfirmen, aber als unabdingbar für Europas Streitkräfte, die jetzt schnell und in großer Stückzahl aufrüsten müssten.
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Für die Verteidigungsfähigkeit brauche es neben Panzern, Kampfjets und Flugabwehr auch innovative Wehrtechnik:

Die Bundeswehr beschafft nicht immer, was auf dem modernen Gefechtsfeld funktioniert, sondern was Jahre zuvor geplant wurde.

Marc Wietfeld, ARX Robotics

"Dieser Prozess stammt aus Friedenszeiten, in denen die Technologiezyklen Jahrzehnte betragen haben. Heutzutage sind das Wochen", erklärt Wietfeld. Nicht nur die Art der Kriegsführung und die Technologien hätten sich rasant verändert, auch der politische Druck sei größer geworden, nachdem Trump seine Militärhilfen für die Ukraine gestoppt habe.
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Verteidigungsministerium fördert DefenceTech Start-ups

Die Europäer und Deutschland stehen unter Zugzwang. Start-ups bringen innovative Produkte für den militärischen Bereich mitunter flexibler, schneller und günstiger auf den Markt als große Rüstungskonzerne, doch oft fehlen ihnen Startkapital und Netzwerke im Defence-Bereich.
Hier unterstützt das Bundesverteidigungsministerium - etwa mit dem Palladion Defence Accelerator an der Universität der Bundeswehr München. Palladion bietet Zugang zu Testzentren, Kontakte zur Bundeswehr, der Industrie, anderen Start-ups und auch möglichen Investoren:

Wir stoßen mit Palladion neue Türen auf, gehen neue Wege und beweisen, dass DefenceTech-Start-ups nicht nur mit großen Herstellern konkurrieren, sondern auch einen großen Unterschied machen für die Verteidigungsfähigkeit.

Christian Hösle, ehemaliger Bundeswehrsoldat und Leiter von Palladion

High-Tech-Waffen bislang zum Großteil aus den USA

Wie auch viele andere Experten in der Branche, so ist auch Hösle der Meinung, dass eine moderne Streitkraft beides brauche:
  • Fahrzeuge, Fregatten und Flugzeuge der klassischen Rüstungsindustrie,
  • sowie Start-ups, die agiler und schneller skalierbare Lösungen im Verteidigungsbereich finden könnten - mit weniger Ressourcen, in kürzerer Entwicklungszeit.
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Laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft werden fast 80 Prozent des europäischen Militärbedarfs außerhalb der EU beschafft, dabei komme der größte Teil der High-Tech-Waffen aus den USA.
Der Ökonom Ethan Illzetiki, Autor der Studie, rät dazu, europäische Anbieter mehr zu fördern, insbesondere auch kleinere "Dual Use"-Hersteller, deren Produkte sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können. So könnten auch andere Wirtschaftszweige profitieren und das Wirtschaftswachstum beleben.

Appell an Union und SPD: Start-ups bei Rüstung mitdenken

Start-ups aus Deutschland, wie ARX Robotics, appellieren an Union und SPD - sollten sie künftig die neue Regierung bilden - nicht nur große Rüstungskonzerne zu unterstützen, sondern auch kleinere Start-ups zu fördern. Dies könne die Streitkräfte in Deutschland und Europa technologisch souveräner, unabhängiger und resilienter machen.
Jutta Sonnewald berichtet aus dem ZDF-Studio in Bayern.

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