Antisemitische Vorfälle um 77 Prozent gestiegen - 24 Fälle pro Tag

24 Fälle pro Tag:Antisemitische Vorfälle um 77 Prozent gestiegen

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Von Beleidigungen bis hin zu Anschlägen: Die Zahl antisemitisch motivierter Vorfälle in Deutschland ist einem Bericht zufolge erneut drastisch gestiegen.

Ron Dekel, Präsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Bianca Loy, wissenschaftliche Referentin beim Bundesverband RIAS e.V. (Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus), und Benjamin Steinitz, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands RIAS e.V., nehmen an der Pressekonferenz des Bundesverband RIAS zum Jahresbericht Antisemitische Vorfälle teil.
Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut stark angestiegen. 2024 wurden 8.627 Fälle erfasst, was eine Zunahme um 77 Prozent bedeutet.04.06.2025 | 0:25 min
Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland ist im vergangenen Jahr abermals massiv gestiegen. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) dokumentierte 8.627 derartige Fälle. Das waren rund 77 Prozent mehr als im Vorjahr 2023, in dem ein ähnlich starker Anstieg verzeichnet worden war.

Für Jüdinnen und Juden bleibt der Antisemitismus in Deutschland ein alltagsprägendes Phänomen.

aus dem Bericht des Rias

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verzeichnet die Recherchestelle einen ungebremsten Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bericht. "Mit dem 7. Oktober 2023 begann für viele Jüdinnen und Juden eine neue Zeitrechnung". "Ihr Leben teilt sich in ein Davor und ein Danach." Inzwischen werde der "tiefe Einschnitt", den der Hamas-Angriff und die darauf folgenden Entwicklungen markierten, "immer greifbarer".
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Knapp 24 antisemitische Vorfälle pro Tag

Rechnerisch ereigneten sich 2024 knapp 24 antisemitische Vorfälle pro Tag im Vergleich zu 13 solcher Fälle pro Tag 2023. Ein Nachlassen sei nicht zu bemerken, heißt es in dem Jahresbericht.
Einen "deutlichen Anstieg" verzeichnete Rias auch bei gewalttätigen antisemitischen Vorfällen. Die Stelle dokumentierte acht Fälle von "extremer Gewalt", 186 Angriffe und 300 Bedrohungen. Der allgemeine Anstieg sei aber vor allem "in stark politisierten Kontexten" auszumachen: Antisemitismus habe sich 2024 insbesondere bei Versammlungen, in Form antisemitischer Aufkleber im öffentlichen Raum sowie an Hochschulen geäußert.
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544 Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund

Die Zahl antisemitischer Vorfälle, die sich unmittelbar gegen Jüdinnen und Juden sowie Israelis richteten, habe sich innerhalb von zwei Jahren beinahe verdreifacht: von 331 Fällen 2022 auf 966 Fälle im Jahr 2024. Bei den antisemitischen Vorfällen, die Rias eindeutig einem politisch-weltanschaulichen Hintergrund zuordnen konnte, war der "antiisraelische Aktivismus" die häufigste Kategorie. 5.857 Fälle konnten entsprechend zugeordnet werden. Mit 544 Vorfällen verzeichnete Rias 2024 zudem die bisher höchste Anzahl antisemitischer Vorfälle mit einem rechtsextremen Hintergrund seit Beginn des bundesweiten Vergleichs 2020.
"Eine Entspannung der Situation war im Zeitraum dieses Berichts nicht zu erkennen, vielmehr hielt die Dynamik an", heißt es in dem Bericht. "Auch 2024 waren die Gewalt vom 7.Oktober, aber auch der darauffolgende Krieg für viele Menschen ein Anlass, sich antisemitisch zu äußern, Jüdinnen und Juden anzugreifen oder zu bedrohen, Erinnerungszeichen für Opfer der Schoa zu beschädigen oder für antisemitische Propaganda zu missbrauchen."
Der Bericht Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2024 trägt den Autoren zufolge die Erkenntnisse unterschiedlicher Rias-Meldestellen zusammen. Diese Meldestellen in zivilgesellschaftlicher, universitärer oder kommunaler Trägerschaft sind im Bundesverband Rias zusammengeschlossen.
Quelle: AFP, KNA

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